Normen
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200372.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste im Jänner 2020 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 24. Juni 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 30. März 2021 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte (ohne Festlegung eines Zielstaates) fest, dass seine Abschiebung zulässig sei, und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht, das von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen hatte, mit Erkenntnis vom 18. Oktober 2022 mit der Maßgabe, dass im Ausspruch über Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als Zielstaat die Türkei ergänzt wurde, als unbegründet ab. Unter einem sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber bringt zur Begründung für die Zulässigkeit der von ihm erhobenen Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht keine Verhandlung durchgeführt. Dazu macht er geltend, er habe die Beweiswürdigung der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde „ausdrücklich und substantiiert“ bekämpft, es seien „bereits die Länderfeststellungen der belangten Behörde mangelhaft“ gewesen, es habe die Notwendigkeit bestanden, zur Situation im Herkunftsstaat aktuelle Länderberichte einzuholen, und es müsse immer dann eine Verhandlung stattfinden, wenn das Bundesverwaltungsgericht aufgrund einer umfangreichen eigenen Beweiswürdigung den Schluss ziehe, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des ‑ hier maßgeblichen ‑ § 21 Abs. 7 erster Satz BFA‑Verfahrensgesetz (BFA‑VG) „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:
9 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA‑VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. dazu ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; sowie aus der weiteren Rechtsprechung etwa VwGH 26.7.2022, Ra 2022/20/0039, mwN).
10 Das Bundesverwaltungsgericht schenkte ‑ wie schon zuvor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ‑ dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen einer Verfolgung im Herkunftsstaat keinen Glauben. Der Revisionswerber behauptet zwar, er habe den von der Behörde festgestellten Sachverhalt substantiiert bestritten, und er stellt in der Revision ‑ ohne dies konkret vorzubringen ‑ in den Raum, das Bundesverwaltungsgericht habe eine umfangreiche eigene Beweiswürdigung vorgenommen. Jedoch finden sich in der Revision überhaupt keine tauglichen Ausführungen dazu, anhand welcher konkreten Umstände sich die Behauptungen des Revisionswerbers als zutreffend darstellen könnten.
11 Vor diesem Hintergrund ist jeglichem weiteren, auf der Prämisse der Richtigkeit der eigenen sachverhaltsbezogenen Behauptungen gründenden Vorbringen ‑ insbesondere zum Bestehen von auf dieser Prämisse aufbauenden weiteren Verfahrensmängeln, deren Relevanz sohin von vornherein auch nicht zu erkennen ist ‑ der Boden entzogen. Dass zudem in der Revision nicht dargestellt wird, welche konkreten zusätzlichen oder anderen Feststellungen zu treffen gewesen wären, sei daher nur noch am Rande erwähnt.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. November 2022
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