VwGH Ra 2022/20/0039

VwGHRa 2022/20/003926.7.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann‑Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des D W, vertreten durch Dr. Karoline Rümmele, Rechtsanwältin in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Dezember 2021, I411 2248993‑1/2E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200039.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der in Österreich am 15. September 2021 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte am 28. September 2021 ‑ vertreten durch seine Mutter als gesetzlicher Vertreterin ‑ einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Der Mutter des Revisionswerbers war zuvor mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16. September 2015 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden.

2 In der niederschriftlichen Einvernahme seiner Mutter vor dem BFA brachte diese für den Revisionswerber vor, dass ihm wie auch ihr Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft drohe.

Mit Bescheid vom 3. November 2021 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine bis 5. Juni 2022 befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

3 Die gegen die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ‑ ohne Durchführung einer Verhandlung ‑ mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen und sich nicht mit seiner Behinderung und der damit verbundenen Gefahr der „Verfolgung aufgrund traditioneller Glaubensvorstellungen“ im Herkunftsland Nigeria auseinandergesetzt.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des § 21 Abs. 7 erster Satz BFA‑Verfahrensgesetz (BFA‑VG) „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA‑VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, sowie aus der weiteren Rechtsprechung etwa VwGH 11.10.2021, Ra 2021/20/0021, 0022, mwN).

9 Mit dem bloßen Verweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verbunden mit der allgemein gehaltenen Ausführung, es bestehe ein Recht auf eine Verhandlung ‑ ohne konkret auszuführen, inwiefern die Voraussetzungen für das Unterbleiben einer Verhandlung nicht vorgelegen wären ‑ zeigt der Revisionswerber nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht von den oben dargestellten Kriterien abgewichen wäre.

10 Wenn in der Revision behauptet wird, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem Vorbringen zu einer Verfolgung im Heimatland wegen der angeborenen Lippen‑Kiefer‑Gaumenspalte des Revisionswerbers nicht befasst hätte, so trifft dies am Boden des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu (vgl. dessen S. 22 f).

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juli 2022

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