VwGH Ra 2022/19/0020

VwGHRa 2022/19/002027.6.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofrätin Dr. Funk‑Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revision des B Z (auch B Z), vertreten durch Florian Dauser LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottenring 12, als bestellter Verfahrenshelfer, vertreten durch die Salzborn Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 1070 Wien, Stiftgasse 21/20, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2021, W236 2238612‑1/17E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022190020.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. Mai 2007 wurde dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen der Russischen Föderation und Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe, Asyl gewährt.

2 Mit Bescheid vom 9. Dezember 2020 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Revisionswerber den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab, stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe die Einschätzung, wonach der Revisionswerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine zumutbare und stabile Situation vorfinden würde, unter Außerachtlassung der Gefährdungserhöhung für Regimegegner und der Kriegssituation getroffen. Zwar habe das BVwG Länderfeststellungen getroffen, für die Beurteilung der Rückkehrsituation hätte es jedoch „valide Zusatzinformationen“ gebraucht.

8 Werden Verfahrensmängel ‑ wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel ‑ als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei deren Vermeidung in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 14.1.2022, Ra 2021/19/0009, mwN).

9 Das BVwG kam in dem angefochtenen Erkenntnis zum Ergebnis, aus den aktuellen herkunftsstaatsbezogenen Informationen gehe hervor, dass die Umstände, aufgrund derer dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, wegen einer dauerhaften und grundlegenden Änderung der Lage im Herkunftsstaat des Revisionswerbers nicht mehr bestehen würden.

10 Die Revision legt mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht dar, welche weiteren Länderberichte das BVwG heranziehen hätte müssen (vgl. dazu VwGH 18.1.2022, Ra 2020/19/0189, mwN) und welche für den Revisionswerber günstigere Beurteilung der Lage im Herkunftsstaat sich daraus ergeben hätte.

11 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit des Weiteren vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zum Thema der dynamischen Betrachtung eines Asylgrundes“ sowie zu den Fragen, ob „eine Vermutungsautomatik für eine Zukunftsprognose auf Basis einer status quo Feststellung“ zulässig sei und welcher „Zusatzfeststellungen“ es bedürfe, um „eine status quo Feststellung auf zukünftige Zustände rechtskonform zu erweitern“, zumal sich an der politischen Haltung und dem Willen des Revisionswerbers, gegen das Regime zu agieren, nichts geändert hätte.

12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 12.4.2022, Ra 2022/19/0012, mwN).

13 Diesen Anforderungen wird die Revision mit den wiedergegebenen Ausführungen, die keinen Bezug zu dem angefochtenen Erkenntnis herstellen und keine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, nicht gerecht.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2022

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