VwGH Ra 2022/14/0305

VwGHRa 2022/14/030517.11.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des H N, vertreten durch Mag. Hela Ayni‑Rahmanzai, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 11 Top 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2022, W161 2126922‑2/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG 2014 §21 Abs6a
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022140305.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 24. Jänner 2022 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Er hatte bereits am 19. November 2015 sowie 19. Februar 2017 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Aufgrund einer früheren Antragstellung in Deutschland wurde der Revisionswerber in beiden Fällen jeweils nach Deutschland überstellt.

2 Mit Bescheid vom 11. März 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den nunmehrigen Antrag des Revisionswerbers gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 ‑ ohne in die Sache einzutreten ‑ als unzulässig zurück, stellte die Zuständigkeit Deutschlands gemäß Art. 18 Abs. 1 it. d der Dublin III‑Verordnung fest, ordnete die Außerlandesbringung des Revisionswerbers gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 an und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Deutschland fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Erhebung einer Revision erklärte es nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Das Bundesverwaltungsgericht kam mit näherer Begründung zu dem Schluss, dass es für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Deutschland keine Anhaltspunkte gebe und keine Bedenken an der Annahme der Zuständigkeit Deutschlands bestünden. Es legte dar, dass beim Revisionswerber keine Hinweise auf das Vorliegen einer lebensbedrohenden Erkrankung oder schwerer psychischer Beschwerden hervorgekommen seien. Die bei ihm festgestellten psychischen Störungen würden aktuell medikamentös behandelt, allfällige gesundheitliche Probleme könnten auch in Deutschland behandelt werden. Auch wenn seine Familienangehörigen im österreichischen Bundesgebiet aufhältig seien, habe mit diesen kein gemeinsamer Haushalt bestanden. Von 2015 bis dato sei der Revisionswerber alleine zurechtgekommen und könne dies auch für die Zukunft angenommen werden. Von einem schützenswerten Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK sei daher nicht auszugehen.

8 Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang die im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III‑Verordnung vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK anspricht und lediglich ausführt, es lägen Umstände vor, die bei näherer Auseinandersetzung durch das Bundesverwaltungsgericht zu einem anderen Ausgang der Interessenabwägung nach § 9 BFA‑VG geführt hätten, ohne konkret aufzuzeigen, welche Umstände das Bundesverwaltungsgericht anders gewichten oder zusätzlich berücksichtigten hätte müssen, wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan (vgl. zum diesbezüglich anzulegenden Maßstab VwGH 21.10.2022, Ra 2022/14/0253, mwN).

9 Mit dem Hinweis, das Bundesverwaltungsgericht hätte beachten müssen, dass im Fall des Revisionswerbers die Voraussetzungen für die Eintragung einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung vorlägen, ohne dies näher zu konkretisieren, wird damit ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.

10 Insoweit die Revision schließlich das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung beanstandet, vermag sie nicht aufzuzeigen, dass eine Verletzung der in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Fall von Beschwerden gegen im Zulassungsverfahren getroffene zurückweisende Entscheidungen nach der Sonderbestimmung des § 21 Abs. 6a BFA‑VG, wonach das Bundesverwaltungsgericht ua. über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann (vgl. VwGH 7.4.2022, Ra 2021/14/0253, mwN; grundlegend VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072), vorgelegen wäre.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 17. November 2022

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte