VwGH Ra 2022/07/0080

VwGHRa 2022/07/00806.9.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über den Antrag des O F, BA, in T, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 12. November 2018, Zl. LVwG‑AV‑719/002‑2018, betreffend eine Angelegenheit nach dem Niederösterreichischen landwirtschaftlichen Förderungsfonds‑ und Siedlungsgesetz, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §46 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070080.L00

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 12. November 2018 wurden ‑ im Säumnisweg ‑ verschiedene (im Erkenntnis näher dargestellte) Anträge des Antragstellers nach dem Niederösterreichischen landwirtschaftlichen Förderungsfonds‑ und Siedlungsgesetz zurückgewiesen. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Dieses Erkenntnis wurde dem damaligen Rechtsvertreter des Antragstellers, Rechtsanwalt Mag. R., am 20. November 2018 zugestellt.

3 Mit einem selbst verfassten, an das Verwaltungsgericht adressierten Schreiben vom 2. Jänner 2019 begehrte der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 12. November 2018.

4 Dieses Schreiben, das dem Verwaltungsgericht am 3. Jänner 2019 zukam, wurde von diesem am 7. Jänner 2019 an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet, wo es am 8. Jänner 2019 einlangte.

5 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 2019, Ra 2019/07/0003‑2, wurde dieser Verfahrenshilfeantrag als verspätet zurückgewiesen, weil der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht innerhalb der Revisionsfrist unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof beantragt hatte.

6 Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2019, E 1146/2019‑6, wurde die Behandlung der ebenso gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 12. November 2018 erhobenen Beschwerde des Antragstellers abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

7 Dieser Beschluss wurde dem damaligen Rechtsvertreter des Antragstellers, Rechtsanwalt Mag. R., am 28. Juni 2019 zugestellt.

8 Mit dem gegenständlichen, unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Schreiben vom 11. August 2022 begehrt der Antragsteller erkennbar die Wiedereinsetzung in die Revisionsfrist, die gemäß § 26 Abs. 4 VwGG mit Zustellung des Abtretungs- und Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2019, E 1146/2019‑6, an seinen damaligen Rechtsvertreter am 28. Juni 2019 neu zu laufen begann, um den mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 12. November 2018 innerhalb dieser Frist zu stellen.

9 Dazu bringt er vor, er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass zusätzlich eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof vorzulegen sei, falls der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde nicht behandle, sondern an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrete. Nach nunmehriger telefonischer Erkundigung bei seinem damaligen Rechtsvertreter hätte dieser dem Antragsteller vorgeblich eine entsprechende schriftliche Mitteilung übermittelt, die allerdings beim Antragsteller nicht eingelangt sei. Dieses Schreiben sei offenbar auf dem Postweg verloren gegangen, der Antragsteller selbst hätte eine Nachricht dieser Tragweite niemals ignoriert. Der Rechtsvertreter sei auch bereit, diese Tatsache gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof zu bestätigen. Der Antragsteller habe daher ohne eigenes Wissen, vor allem ohne jedes Zutun, eine wesentliche Verfahrenshandlung versäumt, sodass ihm dadurch ein erheblicher Vermögensschaden entstanden sei. Aus diesem Grund stelle er daher den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil es sich beim Grund für seine Fristversäumnis um ein unvorhergesehenes Ereignis gehandelt habe.

10 Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ‑ so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat ‑ eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen (vgl. etwa VwGH 18.3.2022, Ra 2020/18/0232, mwN).

12 Der Antragsteller behauptet im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag aber bloß einen Kommunikationsmangel zwischen ihm und seinem Rechtsvertreter, der ihn sowohl im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als auch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vertreten hatte. Ein Mangel in der Kommunikation zwischen der Partei und ihrem Vertreter stellt jedoch grundsätzlich kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinn des § 46 Abs. 1 VwGG dar (vgl. VwGH 24.7.2016, Ra 2016/05/0015, 0016; 23.10.2019, Ra 2019/19/0119, jeweils mwN).

13 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit schon deshalb gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

14 Sohin war es auch entbehrlich, einen Auftrag zur Behebung des dem Wiedereinsetzungsantrag anhaftenden Mangels ‑ dieser wurde entgegen der Bestimmung des § 24 Abs. 2 VwGG nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht ‑ zu erteilen. Ein solcher Auftrag erübrigt sich nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn ‑ was hier der Fall ist ‑ der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrags gegeben sind und somit auch nach Behebung des Mangels die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. VwGH 20.1.2021, Ra 2020/19/0394, mwN).

15 Über den gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebrachten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird vom zuständigen Berichter (§ 14 VwGG) gesondert entschieden.

Wien, am 6. September 2022

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