Normen
WaffG 1996 §12 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030095.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Verwaltungsgericht ‑ durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde ‑ über den Revisionswerber gemäß § 12 Waffengesetz 1996 (WaffG) ein Waffenverbot; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes zu Grunde:
Der Revisionswerber sei am 22. Juni 2021 vom Landesgericht Innsbruck mittlerweile rechtskräftig wegen des Verbrechens nach § 12 dritter Fall StGB, § 3g Verbotsgesetz 1947 und mehrerer Verbrechen nach § 3g Verbotsgesetz 1947 zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten (nach dem Akteninhalt: sowie einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen) verurteilt worden. Darüber hinaus sei er mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 3. September 2021 ebenfalls rechtskräftig wegen des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 4 WaffG und des Vergehens nach § 43 Abs. 1 Z 2 Sprengmittelgesetz 2010 schuldig gesprochen worden, wobei von der Verhängung einer Zusatzstrafe zum vorgenannten Urteil abgesehen worden sei. Demnach habe er in einem unbekannten Zeitraum, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der freiwilligen Nachschau am 13. Oktober 2020, einerseits Kriegsmaterialien, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt erworben und besessen und zwar eine näher genannte Maschinenpistole, mehrere Hand‑, Werfer‑, Gewehr‑ und Panzergranaten sowie Patronen, und andererseits Sprengmittel/Zündmittel, wenn auch nur fahrlässig, ohne erforderliche Bewilligung unbefugt besessen, und zwar 42 elektrische Sprengzünder und 70 Sprengkapseln.
Darüber hinaus weise die Verwaltungsstrafregisterauskunft des Revisionswerbers eine Eintragung wegen eines Verstoßes gegen § 51 Abs. 2 iVm § 28 Abs. 2 WaffG auf. Demnach sei gegen den Revisionswerber rechtskräftig eine Geldstrafe von € 200 verhängt worden, weil er es zumindest bis zum 13. Oktober 2020 unterlassen habe, den Erwerb von Schusswaffen der Kategorie B ‑ von vier verschiedenen Personen ‑ innerhalb von sechs Wochen der Behörde schriftlich anzuzeigen.
Auf Basis dieser Verurteilungen habe die belangte Behörde gegen den Revisionswerber das gegenständliche Waffenverbot erlassen, das am 3. Dezember 2021 vollstreckbar geworden sei.
Weil der Revisionswerber gegenüber der belangten Behörde angegeben habe, sämtliche Waffen verkauft zu haben, ohne jedoch eine Überlassungs‑ bzw. Verkaufsbestätigung vorzulegen, sei das vollstreckbare Waffenverbot am 15. Dezember 2021 durch Exekutivorgane vollzogen worden. Hierbei seien sechs Schusswaffen, mehrere Waffenteile und Magazine, ca. 10.000 Schuss Munition inklusive Munitionsteile, drei Kilogramm Schwarzpulver, zwei Messer, ein Pfefferspray, einige (verbotene) pyrotechnische Gegenstände, und ein halbes Kilogramm Sprengstoff in Form von TNT und PETN sowie näher genannte waffen‑ und sprengmittelrechtliche Dokumente sichergestellt worden. Die im Zuge der Durchsuchung vorgefundenen sechs Schusswaffen seien teilweise funktionsfähig, teilweise nicht funktionsfähig.
Der Revisionswerber sei verdächtig, diese Gegenstände trotz aufrechten Waffenverbots besessen zu haben. Diesbezüglich sei ein (weiteres) Strafverfahren wegen des Verdachts des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 1, 2, 3 und 4 WaffG und wegen des Verdachts des Vergehens nach § 43 Abs. 1 Z 2 Sprengmittelgesetz 2010 anhängig.
3 In rechtlicher Hinsicht erwog das Verwaltungsgericht, dass nach der näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Tatsache eines Verstoßes gegen Waffenrecht nicht losgelöst von der Art des Verstoßes und den Umständen des Einzelfalls die Verhängung eines Waffenverbots rechtfertige, wobei der unbefugte Besitz von Kriegsmaterialien waffenrechtlich regelmäßig in höherem Ausmaß ins Gewicht falle, als der unbefugte Besitz anderer Waffen. Ein Waffenverbot könne außerdem zu verhängen sein, wenn die festgestellten Verstöße auf einer kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft für den Besitz von Waffen beruhten oder wenn in Bezug auf Kriegsmaterial auch die Gefahr einer unkontrollierten Weitergabe bestehe.
Der Revisionswerber sei wegen des unbefugten Besitzes von Sprengmittel/Zündmittel und Kriegsmaterial in jeweils beträchtlichem Umfang rechtskräftig verurteilt worden. Am besonderen Gewicht der Verurteilung wegen des verbotenen Besitzes von Kriegsmaterial vermögen auch die Beschwerdeausführungen, wonach dem Revisionswerber nicht bewusst gewesen sei, dass er die sichergestellte Maschinenpistole erst aufgrund einer Gesetzesänderung nunmehr unzulässigerweise besessen habe, angesichts der Vielzahl der weiteren unbefugt besessenen Waffen nichts zu ändern. Weiteres zeige der Besitz von Waffen in einem derartigen Ausmaß zweifelsohne eine kaum noch als rational einzustufende Leidenschaft des Revisionswerbers für das Sammeln und den Besitz von Waffen.
Negativ auf die zu erstellende Zukunftsprognose wirke sich aus näher dargelegten Gründen auch die Verwaltungsstrafe des Beschwerdeführers aus. Diese belege überdies die Gefahr der unkontrollierten Weitergabe von Waffen durch den Revisionswerber. Nach näher begründeter Ansicht des Verwaltungsgerichtes lege der Revisionswerber außerdem eine enorme Gleichgültigkeit hinsichtlich der ihm bekannten Rechtvorschriften an den Tag.
Untermauert werde dieser Eindruck durch die im Zuge der Durchsuchung am 15. Dezember 2021 ‑ trotz bereits erfolgter strafgerichtlicher Verurteilung und vollstreckbaren Waffenverbots ‑ sichergestellten weiteren Waffen und Munition. Darüber hinaus verbleibe aufgrund des massiven Ausmaßes der sichergestellten Gegenstände (wiederum) kein Zweifel darüber, dass beim Revisionswerber jedenfalls eine kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft für den Besitz von Waffen vorliege.
Schon all dies lasse keinen anderen Schluss zu, als dass die Gefahr bestehe, dass der Revisionswerber durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Aufgrund der eindeutigen Sachlage habe von einer verwaltungsgerichtlichen Beurteilung über die Gesinnung des Beschwerdeführers zum Nationalsozialismus ‑ soweit er diese in der Beschwerde thematisiert habe ‑ Abstand genommen werden können.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt, weil es dem Revisionswerber keine Gelegenheit gegeben habe, etwa im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu jenem Tatsachenkomplex Stellung zu nehmen, der sich erst nach der Zustellung des Bescheides der belangten Behörde ereignet habe (insbesondere die Durchsuchung und Sicherstellung vom 15. Dezember 2021 und das darauf bezogene anhängige Strafverfahren).
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 § 12 Abs. 1 WaffG erlaubt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit bestimmten Menschen den Besitz von Waffen überhaupt zu verbieten. Danach ist (zusammengefasst) für die Verhängung eines Waffenverbots entscheidend, ob der angenommene Sachverhalt „bestimmte Tatsachen“ iSd § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Hierbei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Schon ein einmaliger Vorfall vermag ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 1 WaffG zu rechtfertigen.
Bezüglich des unbefugten Besitzes von Waffen und Kriegsmaterial rechtfertigt die bloße Tatsache eines allenfalls auch vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffenrecht nicht losgelöst von der Art des Verstoßes und den Umständen des Einzelfalls die Verhängung eines Waffenverbotes. So kann ein Waffenverbot aber beispielsweise verhängt werden, wenn die festgestellten Verstöße auf einer kaum noch als rational einzustufenden Leidenschaft für den Besitz von Waffen beruhen oder in Bezug auf Kriegsmaterial auch die Gefahr einer unkontrollierten Weitergabe besteht (vgl. VwGH 12.4.2019, Ra 2019/03/0028, mwN).
9 Auf Basis dieser Judikatur hat das Verwaltungsgericht bereits ausgehend von der rechtskräftigen ‑ und damit für das Verwaltungsgericht bindenden (vgl. erneut VwGH 12.4.2019, Ra 2019/03/0028, mwN) ‑ Verurteilung wegen des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 4 WaffG (unbefugter Besitz von Kriegsmaterial) und anderen von der Revision ebenso nicht thematisierten Umständen (etwa die Verwaltungsstrafe wegen des Verstoßes gegen § 28 Abs. 1 WaffG) eine kaum noch als rational einzustufende Leidenschaft des Revisionswerbers für das Sammeln und den Besitz von Waffen, eine Gefahr der unkontrollierten Weitergabe von Waffen durch den Revisionswerber und eine enorme Gleichgültigkeit hinsichtlich der ihm bekannten Rechtvorschriften angenommen, welche nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes bereits die Verhängung des Waffenverbotes durch die belangte Behörde gerechtfertigt habe.
10 Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision nicht. Sie macht vielmehr alleine geltend, dass der Revisionswerber nicht zu den weiteren Feststellungen betreffend die Sachverhalte nach Erlassung des bekämpften Bescheides gehört worden sei und legt dar, wie er diesen im Einzelnen entgegengetreten wäre.
11 Die Zulässigkeit einer Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufwerfenden Verfahrensmangel setzt voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen ‑ für den Revisionswerber günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. etwa VwGH 24.9.2018, Ra 2017/17/0761, mwN, ebenfalls zur Verletzung des Parteiengehörs).
12 Die Revision legt im Sinne dieser Rechtsprechung zwar dar, welches Vorbringen im Falle einer Einräumung von Parteiengehör erstattet worden wäre, blendet dabei aber völlig aus, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung ausdrücklich tragend auf Sachverhaltselemente gestützt hat, die vor Erlassung des bekämpften Bescheides gelegen und vom behaupteten Verfahrensmangel nicht betroffen waren. Die in der Revision bestrittene Feststellung, wonach der Revisionswerber auch nach Vollstreckbarkeit des Waffenverbotes eine Vielzahl von Waffen, Waffenteilen, Munition und Sprengmitteln besessen habe, weswegen gegen ihn ein weiteres gerichtliches Strafverfahren anhängig sei, wird dabei ausdrücklich nur zur Untermauerung des bereits gewonnenen Eindrucks herangezogen. Auch wenn die Revision in diesem Zusammenhang betont, bereits das Verwaltungsgericht habe ausdrücklich festgehalten, dass bei der zu treffenden Prognoseentscheidung sämtliche Tatsachen, Fakten und Gegebenheiten des vorliegenden Falles abzuwägen und zu würdigen seien, so vermag sie nicht darzustellen, inwieweit die Einräumung von Parteiengehör zu den Vorkommnissen nach Erlassung des bekämpften Bescheides die übrigen ‑ und die Entscheidung auch allein tragenden ‑ Sachverhaltselemente und deren Bewertung relativieren hätte können.
13 Es ist damit nicht dargelegt oder sonst offensichtlich, dass eine Vermeidung des geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG eine Auswirkung auf das angefochtene Erkenntnis hätte haben können.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 5. Mai 2022
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