Normen
EpidemieG 1950 §32
EpidemieG 1950 §33
EpidemieG 1950 §49 Abs1
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030092.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die (nunmehrige) revisionswerbende Partei hatte am 23. November 2020 beim Magistrat der Stadt St. Pölten einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) eingebracht. Dieser Antrag war vom Magistrat der Stadt St. Pölten am 27. Mai 2021 an die belangte Behörde weitergeleitet worden.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2021 wurde der Antrag als verspätet zurückgewiesen, mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 7. Dezember 2021 die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen.
3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht ‑ durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde ‑ den Antrag der revisionswerbenden Partei vom 31. Oktober 2021 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist als unbegründet ab; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
4 Dem legte das Verwaltungsgericht ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ Folgendes zu Grunde:
5 Die in § 49 Abs. 1 EpiG genannte Frist von drei Monaten für die Geltendmachung des Anspruches auf Vergütung des Verdienstentgangs stelle eine materiellrechtliche Frist dar (Verweis u.a. auf VwGH 22.9.2021, Ra 2021/09/0189 bis 0190).
Zwar sei eine bei der falschen Behörde eingebrachte Eingabe „auf Gefahr des Einschreiters“ an die zuständige Behörde weiterzuleiten und könne ein „krasses“ Fehlverhalten der zur Weiterleitung verpflichteten Behörde einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen (Hinweis auf VwGH 12.11.2019, Ra 2019/16/0110), doch komme eine Wiedereinsetzung nur im Fall der Versäumung einer verfahrensrechtlichen Frist in Betracht, nicht jedoch bei der materiellrechtlichen Frist des § 49 EpiG (Verweis auf VwGH 5.9.2019, Ra 2018/03/0085). Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei daher zu Recht abgewiesen worden.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ‑ außerordentliche ‑ Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von (näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil eine „grundlose extreme Verzögerung“ der Weiterleitung einer Eingabe durch die Behörde an die zuständige Stelle einen Wiedereinsetzungsgrund darstelle (zitiert wird u.a. VwGH 5.8.2019, Ra 2019/02/0103). Außerdem fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie ein derartiges Verschulden im Hinblick auf eine materielle Frist zu behandeln sei.
11 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte:
12 Mit den in § 33 und § 49 Abs. 1 EpiG genannten Fristen für die Geltendmachung des Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 EpiG wird jeweils eine Fallfrist für die Geltendmachung eines aus behördlichen Maßnahmen resultierenden Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentganges normiert; es handelt sich dabei um materiell‑rechtliche Fristen (vgl. VwGH 13.12.2021, Ra 2021/03/0309, VwGH 22.9.2021, Ra 2021/09/0189 bis 0190).
13 Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG gegen die Versäumung materiell‑rechtlicher Fristen ist nicht zulässig (vgl. VwGH 5.10.2021, Ra 2021/03/0043, mwN).
14 Die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 49 Abs. 1 EpiG durch das angefochtene Erkenntnis entspricht also ‑ der Revision zuwider, deren Zulässigkeitsbegründung gar nicht auf die tragende Argumentation des Verwaltungsgerichtes eingeht ‑ der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
15 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
16 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. Mai 2022
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