VwGH Ra 2021/20/0482

VwGHRa 2021/20/048230.5.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätin Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann‑Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision der M Y, in K, vertreten durch Dr. Peter Kasper, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 51/DG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2021, W218 2243495‑1/14E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §5 Abs1
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs5
B-VG Art144 Abs1
MRK Art6
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litd

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021200482.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist eine Staatsangehörige von Afghanistan und stellte erstmals am 18. November 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, in dem sie vorbrachte, ihr Ex-Schwiegersohn gehöre der Taliban an und sei gewalttätig.

2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29. Jänner 2020 wurde der Antrag gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 ‑ ohne in die Sache einzutreten ‑ als unzulässig zurückgewiesen, die Zuständigkeit Italiens gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III‑Verordnung festgestellt, die Außerlandesbringung der Revisionswerberin gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 angeordnet und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Italien festgestellt.

3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. Februar 2020 als unbegründet ab. Die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte es für nicht zulässig.

4 Am 15. Juli 2020 stellte die Revisionswerberin den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

5 Nach Zulassung des Verfahrens wies das BFA diesen Antrag mit Bescheid vom 18. Mai 2021 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte der Revisionswerberin allerdings den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung mit einjähriger Gültigkeit.

6 Die gegen die Versagung der Zuerkennung von Asyl erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Unter einem sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichts dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den dieser bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 20.10.2021, Ra 2020/20/0285, mwN).

12 Unter der Überschrift „4. Revisionspunkt“ führt die Revisionswerberin an, sie erachte sich durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem verfassungsgesetzlich verankerten Recht auf Durchführung eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK, auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften sowie auf Einhaltung der ‑ nicht näher bezeichneten ‑ Bestimmungen des Asylgesetzes verletzt.

13 Wenn die Revisionswerberin auf eine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten Bezug nimmt, ist zunächst festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, die gemäß Art. 144 Abs. 1 B‑VG als Prozessvoraussetzungen für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben sind, gemäß Art. 133 Abs. 5 B‑VG nicht berufen ist (vgl. VwGH 23.11.2021, Ra 2021/20/0338, mwN).

14 Soweit sie weiters mit ihrem Vorbringen „auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften“ die Verletzung in einem (subjektiven) einfachgesetzlich gewährleistetes Recht ansprechen möchte, ist sie darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um einen Revisionsgrund und keinen tauglichen Revisionspunkt handelt, zumal dieser nicht losgelöst von materiellen Rechten zu einer Verletzung subjektiver Rechte führen kann. Es wird damit eben nicht dargelegt, in welchen subjektiven Rechten die Revisionswerberin nach dem Inhalt des verwaltungsrechtlichen Abspruches verletzt wäre (vgl. VwGH 21.5.2021, Ra 2021/20/0150; VwGH 12.4.2021, Ra 2020/02/0246).

15 Auch mit der „Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Asylgesetzes“ wird kein tauglicher Revisionspunkt bezeichnet (vgl. VwGH 7.6.2021, Ra 2021/20/0160, mwN). Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, in welchem konkreten, aus einer Rechtsnorm ableitbaren subjektiven Recht die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis verletzt sein soll (vgl. VwGH 27.1.2022, Ra 2020/06/0043, mwN).

16 Bei der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften handelt es sich nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes, sondern um die Behauptung von Aufhebungsgründen (vgl. wieder VwGH vom 27.1.2022, Ra 2020/06/0043, mwN).

17 Auf das weitere von den Revisionspunkten nicht umfasste Vorbringen war schon deshalb nicht mehr einzugehen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG abhängt, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, also des von dem Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. VwGH 17.2.2021, Ra 2020/20/0393, mwN).

18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2022

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