Normen
GVG Tir 1996 §12 Abs1 lita Z1
GVG Tir 1996 §13 Abs1 litc
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110172.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in Bestätigung eines Bescheides der belangten Behörde vom 20. Mai 2021 die grundverkehrsbehördliche Bewilligung betreffend den Erwerb einer näher bezeichneten Liegenschaft durch die revisionswerbenden Parteien gemäß § 12 Abs. 1 lit. a Z 1 iVm. § 13 Abs. 1 lit. c sowie § 25 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Folgenden: GVG) versagt. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte das Landesverwaltungsgericht Tirol für nicht zulässig.
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die revisionswerbenden Parteien seien beide serbische Staatsangehörige und hätten am 7. April 2021 betreffend die in Rede stehende Liegenschaft (ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück mit einer Fläche von 438 m²) einen Kaufvertrag abgeschlossen. Das Gebäude weise eine Wohnnutzfläche von 128 m² samt Keller und Garage auf. Das Grundstück sei als eingeschränktes Gewerbe- und Industriegebiet gewidmet. Die revisionswerbenden Parteien seien seit 31. März 2005 miteinander verheiratet. Der Ehe entstammten drei in den Jahren 2008, 2010 und 2012 geborene Kinder. Der Erstrevisionswerber verfüge seit dem Jahr 2005 über einen Hauptwohnsitz in Tirol; die Zweitrevisionswerberin seit dem Jahr 1999. Seit dem Jahr 2016 sei der Erstrevisionswerber, der einen Imbissstand im unmittelbaren Nahbereich des gegenständlichen Wohnhauses betreibe, selbständig erwerbstätig. Die Zweitrevisionswerberin kümmere sich derzeit hauptsächlich um die Betreuung der Kinder und sei geringfügig bei ihrem Ehemann beschäftigt. Das in Rede stehende Wohnhaus werde in Zukunft der Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Familie dienen; darüber hinaus werde dieses Gebäude für Lager-, Vorbereitungs- sowie Verwaltungstätigkeiten, die dem Imbissstand dienten, herangezogen werden.
3 Fallbezogen fehle es an dem für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung erforderlichen öffentlichen Interesse am Rechtserwerb durch die revisionswerbenden Parteien. Deren soziale Integration sowie bisherige Berufstätigkeit seien für sich allein betrachtet nicht geeignet, ein solches Interesse zu begründen. Ein volkswirtschaftliches Interesse am Erwerb eines Grundstücks im Zusammenhang mit einer in diesem Interesse liegenden Tätigkeit bestehe nur dann, wenn diese Tätigkeit tatsächlich auf dem betreffenden Grundstück entfaltet werde. Ein allfälliges öffentliches Interesse in wirtschaftlicher Hinsicht an einer Tätigkeit eines Ausländers im Inland führe auch nicht zwangsläufig dazu, dass die betreffende Person einen Rechtsanspruch darauf habe, für Wohnzwecke ein Eigenheim zu erwerben. Das Wohnbedürfnis könne nämlich auch auf andere Weise als durch den Erwerb eines Eigenheims gedeckt werden.
4 Der gegenständliche Grunderwerb stehe nur bedingt im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der revisionswerbenden Parteien. Es handle sich grundsätzlich um ein „reines“ Wohnhaus, das ganz offenkundig primär der Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Familie diene. Dass dieses Wohngebäude unmittelbar im Nahbereich des vom Erstrevisionswerber betriebenen Imbissstandes liege und das Grundstück aufgrund seiner Flächenwidmung für eine gewerbliche Nutzung in Frage käme, sei zwar zutreffend, jedoch hätten die revisionswerbenden Parteien selbst vorgebracht, dass eine Verlegung des Imbisslokals auf das Kaufgrundstück bzw. in das Kaufobjekt derzeit nicht und allenfalls erst ab dem Jahr 2026 in Erwägung gezogen werde. Auch wenn künftig in dem Wohnhaus gewisse Lagertätigkeiten und Vorbereitungsarbeiten für den Imbissstand erfolgten und in diesem von der Zweitrevisionswerberin Büroarbeiten und Verwaltungstätigkeiten ausgeführt werden würden, ändere dies nichts daran, dass der primäre Zweck des Ankaufs der Liegenschaft der Befriedigung des Wohnbedürfnisses der fünfköpfigen Familie der revisionswerbenden Parteien diene.
5 Es könne daher dahinstehen, ob an der beruflichen Tätigkeit der revisionswerbenden Parteien im Inland ein öffentliches Interesse bestehe, weil diese Tätigkeit primär nicht auf dem in Rede stehenden Grundstück erfolge. Vor diesem Hintergrund sei vorliegend ein öffentliches Interesse, insbesondere in wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Hinsicht, zu verneinen. Das private Interesse der revisionswerbenden Parteien an der Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Familie bzw. an der Möglichkeit für die Zweitrevisionswerberin, neben der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit die Kinder der revisionswerbenden Parteien zu beaufsichtigen, sei keinesfalls mit der Notwendigkeit eines Eigentumserwerbs verbunden; diesem Interesse könne beispielsweise auch durch Anmietung einer Wohnung entsprochen werden.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, das Verwaltungsgericht habe das im Revisionsfall maßgebliche wirtschaftliche Interesse am gegenständlichen Rechtserwerb unzutreffend beurteilt; dieses Interesse bestehe im Betrieb eines Imbissstandes und der daraus resultierenden Wertschöpfung im Bundesland Tirol. Zudem habe das Verwaltungsgericht die privaten Interessen der revisionswerbenden Parteien nicht ausreichend berücksichtigt. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob die Anschaffung einer Liegenschaft aus den finanziellen Mitteln eines Imbissbetriebs, die Nutzung des Kaufgegenstands als Betriebswohnung sowie der Umstand, dass Lagertätigkeiten, Vorbereitungshandlungen sowie Büro- und sonstige Tätigkeiten als Teil dieses Betriebs auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft erfolgten, die Wertung zuließen, dass die Nutzung des Kaufgegenstandes primär zur Befriedigung eines familiären Wohnbedürfnisses diene. Es stelle sich auch die Frage, ob nicht vielmehr aufgrund der geschilderten Umstände eine im öffentlichen Interesse gelegene wirtschaftliche Tätigkeit anzunehmen sei.
Mit diesem Vorbringen wird das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht dargetan:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen den Beschluss VwGH 22.3.2018, Ra 2018/11/0034, mwN).
11 Dass die Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach der Erwerb der in Rede stehenden Liegenschaft primär der Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Familie der revisionswerbenden Parteien diene, auf einer unvertretbaren Beweiswürdigung beruhen würde, legt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dar. Das Verwaltungsgericht traf seine Feststellungen u.a. auf Basis der im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gewonnenen Ermittlungsergebnisse. Die nicht als unschlüssig zu erachtende Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wird in der Zulässigkeitsbegründung auch nicht substantiiert bestritten.
12 Zudem wird im Hinblick auf das von der Zulässigkeitsbegründung ins Treffen geführte wirtschaftliche Interesse am Betrieb des gegenständlichen Imbissstandes und der daraus resultierenden Wertschöpfung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen:
13 Zunächst ist festzuhalten, dass weder in der Revision noch im verwaltungsbehördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren konkret dargelegt bzw. zahlenmäßig belegt wurde, im Hinblick auf welche wirtschaftlichen Aspekte der Betrieb des in Rede stehenden (nach Angaben des Erstrevisionswerbers in der mündlichen Verhandlung acht Verabreichungsplätze im Innenbereich und weitere acht Verabreichungsplätze im Außenbereich umfassenden) Imbissstandes im öffentlichen Interesse läge.
14 Überdies befindet sich das betreffende Imbisslokal nicht auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft (vgl. dazu VwGH 24.5.1989, 89/02/0023 [VwSlg. 12.937/A], betreffend die vergleichbare Rechtslage nach dem Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetz 1973); daran vermag der Umstand, dass die revisionswerbenden Parteien allenfalls eine Verlegung des Imbissstandes auf das in Rede stehende Grundstück im Jahr 2026 planen, nichts zu ändern.
15 Weiters gelingt es der Revision nicht darzutun, dass aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeiten, die auf der kaufgegenständlichen Liegenschaft bzw. in dem primär Wohnzwecken dienenden Einfamilienhaus tatsächlich entfaltet werden sollen (Lager-, Vorbereitungs- und Verwaltungstätigkeiten für den Imbissstand) und die dem Umfang nach ebenfalls nicht näher präzisiert wurden, in wirtschaftlicher Hinsicht ein öffentliches Interesse im Sinn von § 13 Abs. 1 lit. c GVG zu bejahen wäre.
16 Im Übrigen zeigt die Revision nicht nachvollziehbar auf, weshalb ‑ bei Außerachtlassung des vom Verwaltungsgericht festgestellten Wohnbedürfnisses ‑ der Erwerb der mit einem Einfamilienhaus bebauten Liegenschaft, deren Kaufpreis laut Aktenlage ein Vielfaches des im Jahr 2016 für den Imbissstand vereinbarten Kaufpreises beträgt, für die mit dem Imbissstand verbundenen und dessen Betrieb administrativ und logistisch unterstützenden Tätigkeiten in wirtschaftlicher Hinsicht erforderlich wäre.
17 Wenn sich die Revision darauf beruft, dass der Kauf der Liegenschaft mit den aus dem Betrieb des Imbissstandes erwirtschafteten Mitteln finanziert werde, wirft sie eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht auf, weil damit nicht dargelegt wird, dass der Erwerb der Liegenschaft einer im öffentlichen Interesse gelegenen wirtschaftlichen Tätigkeit der revisionswerbenden Parteien dienen würde.
18 Soweit die revisionswerbenden Parteien geltend machen, es handle sich gegenständlich um eine Betriebswohnung, genügt es, neuerlich auf das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, 89/02/0023, zu verweisen. Demnach führt (selbst) das Bestehen eines (volks‑)wirtschaftlichen Interesses an einer Tätigkeit im Inland noch nicht zwangsläufig dazu, dass die betreffende Person einen Rechtsanspruch darauf hat, für Wohnzwecke ein Eigenheim zu erwerben. Das Wohnbedürfnis kann auch anders gedeckt werden als durch den Erwerb eines Eigenheimes.
19 Dass das Verwaltungsgericht die angemessen zu berücksichtigenden privaten Interessen der revisionswerbenden Parteien (dazu VfGH 22.9.2003, VfSlg. 16.973) in einer im Hinblick auf den oben dargestellten Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes zu beanstandenden Weise gewichtet hätte, wird in der Zulässigkeitsbegründung ebenfalls nicht dargelegt (im Zusammenhang mit der von den revisionswerbenden Parteien ins Treffen geführten privaten und beruflichen Integration vgl. auch VwGH 3.10.2014, Ra 2014/02/0082; 5.8.2021, Ra 2020/11/0058).
20 Dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, wird nicht aufgezeigt.
21 Da somit die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. März 2022
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