VwGH Ra 2021/08/0123

VwGHRa 2021/08/012318.8.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des B N in W, vertreten durch Dr. Ingo Riß, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 14 Top 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2021, W121 2239703‑1/8E, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien Hauffgasse), den Beschluss gefasst:

Normen

AlVG 1977 §21a Abs1
AlVG 1977 §46 Abs5
AlVG 1977 §46 Abs7

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021080123.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 23. November 2020 widerrief die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Hauffgasse (AMS) gemäß § 24 Abs. 2 iVm. § 38 AlVG den Bezug der Notstandshilfe des Revisionswerbers für 3. bis 30. April 2019 und verpflichtete den Revisionswerber gemäß § 25 Abs. 1 iVm. § 38 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung von € 712,88. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 3. Februar 2021 wies das AMS die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Der Revisionswerber stellte einen Vorlageantrag.

2 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab. Es sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

3 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht ‑ soweit hier wesentlich ‑ aus, der Revisionswerber habe in der Zeit von 3. bis 30. April 2019 Notstandshilfe bezogen. Er sei im gesamten Monat April 2019 mehreren geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen und habe daraus insgesamt ein Entgelt bezogen, das die Grenze der Geringfügigkeit nach § 5 Abs. 2 ASVG überstiegen habe. Er sei daher im (gesamten) April 2019 nicht arbeitslos gewesen. Insoweit habe er gegenüber dem AMS seine Meldepflicht verletzt. § 21a AlVG komme nicht zu Anwendung.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 4.11.2021, Ra 2021/08/0049, mwN).

8 Zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision wird ausgeführt, alle Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen der Arbeitslosenversicherung seien verpflichtet, Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes zu unternehmen. Sohin betreffe „die Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 21a AlVG [...] grundsätzlich alle arbeitssuchenden Menschen“. Mit diesem Vorbringen wird keine konkrete Rechtfrage dargelegt, von der das Schicksal der Revision abhängt. Mit dieser Zulassungsbegründung können daher die Voraussetzungen der Zulässigkeit der Revision nicht dargestellt werden.

9 Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass, wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur dargelegt hat, vorübergehende Erwerbstätigkeiten im Sinn des § 21a Abs. 1 AlVG einerseits dazu führen, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld an diesen Tagen - mangels Arbeitslosigkeit - nicht besteht (insoweit ist der Bezug von Arbeitslosengeld iSd § 46 Abs. 5 und 7 AlVG unterbrochen); anderseits ist das aus der vorübergehenden Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen gemäß § 21a Abs. 1 AlVG auf das an den verbleibenden Anspruchstagen gebührende Arbeitslosengeld in diesem Kalendermonat anzurechnen (vgl. VwGH 18.1.2012, 2009/08/0030; 11.12.2013, 2011/08/0188, mwN).

10 Im vorliegenden Fall unterlag der Revisionswerber aber nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, denen die Revision (auch in den Revisionsgründen) nicht entgegentritt, aufgrund mehrerer geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, durch deren Entgelt insgesamt die Grenze des § 5 Abs. 2 ASVG überstiegen wurde, im gesamten April 2019 im Sinn von § 471h ASVG der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung. Davon ausgehend war er im gesamten Monat im Sinn des § 12 Abs. 1 Z 2 AlVG nicht arbeitslos (vgl. zu § 12 Abs. 1 Z 2 AlVG etwa VwGH 2.5.2012, 2009/08/0155) und ist die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, es sei keine (bloß) vorübergehende Erwerbstätigkeit im Sinn des § 21a Abs. 1 AlVG vorgelegen, nicht zu beanstanden.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 18. August 2022

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