VwGH Ra 2021/07/0049

VwGHRa 2021/07/004916.5.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Ing. G A E in U, vertreten durch Mag. Ramona Ortner, Rechtsanwältin in 4780 Schärding, Oberer Stadtplatz 45, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 30. Juni 2020, Zl. LVwG‑500503/12/KH, betreffend Übertretungen des Futtermittelgesetzes 1999 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VStG §44a Z1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §48 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021070049.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 26. Juli 2019 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E. GmbH und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser Gesellschaft zu verantworten, dass die E. GmbH am 27. November 2018 um 9.00 Uhr 240 Stück à 500 ml Ectolax LQ 100 SVE/ETO/17 002 in T. zum Verkauf vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht habe.

2 Das Ergänzungsfuttermittel Ectolax LQ 100 SVE/ETO/17‑002 habe dabei die Futtermittelzusatzstoffe Nelkenöl und Eukalyptusöl enthalten und sei ausdrücklich als „vorbeugend gegen Milben“ und „Milben vertreibend“ beschrieben worden. Gemäß Anhang I Z 2 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 dürften Futtermittelzusatzstoffe jedoch lediglich dazu eingesetzt werden, den Geruch und die Schmackhaftigkeit zu verbessern.

3 Die am Ergänzungsfuttermittel Ectolax LQ 100 SVE/ETO/17‑002 angebrachte Produktbeschreibung betreffend die Parasitenbekämpfung „vorbeugend gegen Milben“ und „Milben vertreibend“ sei daher rechtswidrig und stelle einen Verstoß gegen § 3 Abs. 3 Z 2 Futtermittelgesetz 1999 (FMG 1999) iVm. Anhang I Z 2 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 dar.

4 Zudem wurde dem Revisionswerber mit Spruchpunkt 4. dieses Straferkenntnisses zur Last gelegt, er habe es als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung der E. GmbH nach außen berufene Organ zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 27. November 2018 um 9.00 Uhr 240 Stück à 500 ml Ectolax LQ 100 SVE/ETO/17‑002 in T. zum Verkauf vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht habe, wobei das Ergänzungsfuttermittel ausdrücklich als „vorbeugend gegen Milben“ und „Milben vertreibend“ beschrieben worden sei und sich auf der Produktbeschreibung ein Piktogramm mit einer durchgestrichenen schwarzen Milbe befunden habe, obwohl Ergänzungsfuttermittel nicht als „vorbeugend gegen Milben“ und „Milben vertreibend“ beschrieben werden dürften.

5 Durch die angebrachte rechtswidrige Produktbeschreibung sei das Ergänzungsfuttermittel geeignet, den Anschein einer anderen als der tatsächlichen Beschaffenheit zu erwecken. Es sei somit gegen § 3 Abs. 3 Z 4 FMG 1999 iVm. Art. 11 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 iVm. § 2 Abs. 2 Futtermittelverordnung 2010 verstoßen worden.

6 Aus diesen Gründen verhängte die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 FMG 1999 (zu Spruchpunkt 1.) und Z 3 leg. cit. (zu Spruchpunkt 4.) über den Revisionswerber jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.200,‑‑ (im Falle von deren Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 1 Stunde).

7 Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers bestätigte das Verwaltungsgericht ‑ nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ‑ mit dem angefochtenen Erkenntnis die Spruchpunkte 1. und 4. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 26. Juli 2019 mit der Maßgabe, „dass die Bezeichnung von Ectolax als Ergänzungsfuttermittel im Spruch entfällt.“ Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

8 Begründend hielt das Verwaltungsgericht zunächst fest, der Revisionswerber habe zur Tatzeit (Zeitpunkt der Kontrolle durch Aufsichtsorgane des Bundesamtes für Ernährungssicherheit [BAES] bei der E. GmbH am 27. November 2018) Ectolax in T. zum Verkauf vorrätig gehalten und es somit gemäß der Definition nach § 2 Z 10 FMG 1999 in Verkehr gebracht. Der Verkaufsstart des Produkts sei am 20. März 2018 gewesen.

9 Das laut der vom Revisionswerber der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) vorgelegten Beschreibung der Inhaltsstoffe durch den Hersteller in Ectolax enthaltene Nelkenöl bzw. Eukalyptusöl sei in der Europäischen Union jeweils als sensorischer Zusatzstoff, genauer als Aromastoff, dessen Zusatz zu Futtermitteln deren Geruch und Schmackhaftigkeit verbessere, gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 (iVm. dem „European Union Register of Feed Additives“ der Europäischen Kommission) zugelassen. Der laut der vorgelegten Beschreibung ebenfalls in Ectolax enthaltene Extrakt aus der Amerikanischen Kastanie sei als Zusatzstoff in der Europäischen Union nicht zugelassen.

10 Ectolax sei vom Revisionswerber als Ergänzungsfuttermittel gekennzeichnet in Verkehr gebracht worden, wofür es ‑ nach der Definition des Art. 2 lit. e der Richtlinie 79/373/EWG  ‑ aus einer Mischung aus mehreren Futtermitteln bestehen müsste. Dies sei gegenständlich jedoch nicht der Fall, weil Ectolax laut der vom Revisionswerber vorgelegten Beschreibung ‑ neben den genannten Ölen und dem genannten Extrakt ‑ aus einem Emulgator (Polysorbat), einem als Feuchthalte‑ oder Konservierungsmittel verwendeten Alkohol (Propylenglykol) und demineralisiertem Wasser bestehe. Über diese angegebenen Bestandteile hinaus seien keine weiteren Inhaltsstoffe, insbesondere kein Futtermittel, enthalten. Ectolax sei somit im Sinn der erwähnten Definition nicht als Ergänzungsfuttermittel anzusehen.

11 Unter Vormischung seien per definitionem Mischungen von Zusatzstoffen oder von Zusatzstoffen mit Trägerstoffen, die zur Herstellung von Futtermitteln bestimmt seien, zu verstehen, worauf die vom Revisionswerber angegebene Zusammensetzung von Ectolax hindeute. Auch werde eine Vormischung im Vergleich zu einem Ergänzungsfuttermittel als Hochkonzentrat zugesetzt (hier: 500 ml Flasche Ectolax reiche für 5.000 l Tränkewasser). Somit sei gegenständlich vom Vorliegen einer Vormischung auszugehen, wobei die am Produkt angebrachte Beschreibung dieses als Ergänzungsfuttermittel bezeichne.

12 Zu Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 26. Juli 2019 führte das Verwaltungsgericht aus, gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 FMG 1999 sei es verboten, Vormischungen oder Futtermittel, die nicht zugelassene Zusatzstoffe oder nicht den Zulassungsbedingungen entsprechende Zusatzstoffe enthielten, herzustellen, in Verkehr zu bringen oder an Nutztiere zu verfüttern. Der Revisionswerber habe gegenständlich Ectolax, das einerseits einen nicht zugelassenen Zusatzstoff (Extrakt aus der Amerikanischen Kastanie) und andererseits Zusatzstoffe (Nelkenöl, Eukalyptusöl), die mit der angegebenen Wirkungsweise (vorbeugend gegen Milben, Milben vertreibend) nicht den Zulassungskriterien (Verbesserung von Geruch und Schmackhaftigkeit gemäß Anhang I Z 2 lit. b der Verordnung [EG] Nr. 1831/2003) entsprächen, enthalte, in Verkehr gebracht. Somit sei der objektive Tatbestand der dem Revisionswerber in Spruchpunkt 1. vorgeworfenen Verwaltungsstraftat als erfüllt anzusehen.

13 Da im Ermittlungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht festgestellt worden sei, dass es sich bei Ectolax nicht um ein Ergänzungsfuttermittel (sondern um eine Vormischung) handle, solle die Bezeichnung als solches im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 26. Juli 2019 entfallen.

14 Zu Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, durch die Kennzeichnung von Ectolax als „vorbeugend gegen Milben“ und „Milben vertreibend“ werde dem Produkt die Eigenschaft zugesprochen, dass dieses, insbesondere das zugesetzte Nelkenöl bzw. Eukalyptusöl, Milben abwehre bzw. vorbeugend gegen Milbenbefall wirke, wobei sich die Zulassung beider Öle in der Europäischen Union nur auf ihre Eigenschaft als sensorische Zusatzstoffe und nicht auf eine Abwehr von bzw. Vorbeugung gegen Parasiten beziehe. Dadurch und durch die am Produkt Ectolax befindliche Beschreibung als Ergänzungsfuttermittel ‑ wobei es sich dabei nicht um ein solches, sondern um eine Vormischung handle ‑ werde der Anschein einer anderen als der tatsächlichen Beschaffenheit (im Sinn des § 3 Abs. 3 Z 4 FMG 1999) erweckt. Dies insbesondere auch deshalb, weil neben der Bezeichnung als Ergänzungsfuttermittel auf dem Produkt Ectolax die vom Revisionswerber der AGES zur Prüfung zur Verfügung gestellte Beschreibung der Inhaltsstoffe durch den Hersteller nicht auf dem Produkt ersichtlich sei. Somit sei der in Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses enthaltene Tatvorwurf dem Revisionswerber in objektiver Hinsicht vorzuwerfen.

15 Zum Vorbringen des Revisionswerbers, dass die Verstöße bereits verjährt seien, weil ihm das Produkt bereits am 11. Dezember 2017 zugestellt worden sei, sei festzuhalten, dass diesem vorgeworfen werde, die E. GmbH habe das Produkt am Tattag (Tag der Kontrolle am 27. November 2018) vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht. Keiner der Spruchpunkte beziehe sich auf den Importzeitpunkt, weshalb dieses Vorbringen ins Leere gehe. Der Revisionswerber habe der AGES eine bzw. mehrere Rezepturen für Ectolax bekannt gegeben, die Sachverhaltsfeststellungen fußten somit unter anderem auf seinen Angaben. Eine Untersuchung des Produkts habe aus den erwähnten Gründen unterbleiben können.

16 Hinsichtlich der subjektiven Verantwortung des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht insbesondere darauf hin, dass er Ectolax bereits zu einem Zeitpunkt aus Indien importiert gehabt habe, als er dem BAES bzw. der AGES suggeriert habe, dass er sich diesbezüglich wegen eines beabsichtigten Imports bzw. dessen Zulässigkeit erkundigen wolle. Dass er das Produkt bereits Monate zuvor nach Österreich importiert (11. Dezember 2017) und bereits begonnen habe, es zu verkaufen (20. März 2018), habe er verschwiegen. Folglich sei auch die auf Ectolax angebrachte Produktbeschreibung, mit der dieses in Verkehr gebracht worden sei, ohne Kenntnis des BAES bzw. der AGES erfolgt. Darüber hinaus sei vom Revisionswerber nichts vorgebracht worden, das Zweifel am Vorliegen fahrlässigen Verhaltens seinerseits habe aufkommen lassen. Somit sei hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 4. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 26. Juli 2019 auch von der Erfüllung der subjektiven Tatseite auszugehen.

17 Zur Strafzumessung führte das Verwaltungsgericht aus, der Strafrahmen des § 21 Abs. 1 FMG 1999 betrage bis zu € 7.270,‑‑, über den Revisionswerber seien jeweils Verwaltungsstrafen in der Höhe von € 2.200,‑‑ verhängt worden. Erschwerend sei die vorsätzliche Begehung der Verwaltungsstraftaten, mildernd die Unbescholtenheit des Revisionswerbers gewertet worden. Der Ausspruch einer Ermahnung komme bereits aufgrund der dem Revisionswerber vorgeworfenen Verschuldensform nicht in Frage. Er habe sowohl das BAES als auch die AGES im Glauben gelassen, er wolle wegen eines zu einem späteren Zeitpunkt beabsichtigten Imports von Ectolax Informationen einholen, wobei er bei der ersten Kontaktaufnahme das Produkt bereits importiert gehabt und mit der angebrachten Produktbeschreibung zum Verkauf bereitgehalten habe. Über die von der belangten Behörde in die Strafbemessung einbezogenen Milderungs‑ und Erschwerungsgründe hinaus seien im Beschwerdeverfahren keine weiteren hervorgekommen. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts seien die in den Spruchpunkten 1. und 4. des Straferkenntnisses verhängten Verwaltungsstrafen aus spezial‑ und generalpräventiven Gründen als angemessen zu betrachten, folglich seien die bezüglich dieser Spruchpunkte verhängten Strafen auch der Höhe nach zu bestätigen.

18 Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B‑VG.

19 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

20 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie auf „die abgeführten Verfahren sowie auf die Begründung der belangten Behörde und des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich“ verwies und die kostenpflichtige Zurück‑ bzw. Abweisung der Revision beantragte.

21 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

22 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

23 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

24 Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

25 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtsache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. In den „gesonderten“ Gründen ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 24.1.2022, Ra 2021/07/0104, mwN).

26 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst vorgebracht, dem angefochtenen Erkenntnis sei nicht zu entnehmen, durch welches konkrete Verhalten der Revisionswerber gegen eine bestimmte Vorschrift verstoßen haben solle. Damit werde gegen das Gebot einer deutlichen Umschreibung der Tat verstoßen; außerdem sei dadurch Verjährung der angeblichen Verwaltungsübertretungen eingetreten (unter Hinweis auf VwGH 20.7.1988, 86/01/0258; 31.1.2000, 97/10/0139). Auch § 43 VStG normiere ausdrücklich, dass einem Beschuldigten vor Erlassung eines Straferkenntnisses Gelegenheit zu geben sei, sich zum Ergebnis von vorgenommenen Erhebungen zu äußern. Zu verweisen sei auch darauf, dass das Verwaltungsgericht die Bezeichnung Ectolax als Ergänzungsfuttermittel aus der Tatbeschreibung herausgenommen habe, sodass dem angefochtenen Erkenntnis im Ergebnis ein anderer Tatvorwurf als dem Straferkenntnis der belangten Behörde zu Grunde liege. Dem Revisionswerber sei es dadurch nicht möglich gewesen, sich umfassend und abschließend zu den ihm zur Last gelegten Tatvorwürfen zu rechtfertigen. Der Einwand der Verjährung gelte auch für den Fall, dass das Produkt Ectolax bereits am 11. Dezember 2017 der E. GmbH zugestellt worden sei; zu diesem Zeitpunkt sei der Revisionswerber noch gar nicht Geschäftsführer der E. GmbH gewesen. Insoweit widerspreche das angefochtene Erkenntnis bereits vorliegender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass die Revision zulässig sei.

27 Damit spricht der Revisionswerber zunächst § 44a Z 1 VStG an. Dieser Bestimmung wird nach der hg. Rechtsprechung dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses bzw. der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er im Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, die beschuldigte (bestrafte) Person rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwGH 4.12.2017, Ra 2017/02/0118, mwN).

28 Inwiefern das Verwaltungsgericht aber gegen § 44a Z 1 VStG verstoßen hätte, der Revisionswerber der Gefahr einer unzulässigen Doppelbestrafung ausgesetzt bzw. weshalb im vorliegenden Fall Verjährung eingetreten wäre, wird mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen nicht ansatzweise konkret dargelegt. Aus den ins Treffen geführten hg. Entscheidungen ist für die Revision nichts zu gewinnen, gelangte der Verwaltungsgerichtshof darin doch zum Ergebnis, dass die Rechtsmittelinstanz einen fehlerhaften Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in rechtswidriger Weise nicht korrigiert hatte (VwGH 20.7.1988, 86/01/0258) bzw. den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG im konkreten Fall gerade entsprochen wurde (VwGH 31.1.2000, 97/10/0139). Insofern sind diese Entscheidungen mit dem vorliegenden Revisionsfall nicht vergleichbar.

29 Mit dem darauffolgenden, nicht näher untermauerten Hinweis auf den grundsätzlich im Verfahren vor der Verwaltungsstrafbehörde anzuwendenden § 43 VStG wird kein erkennbarer Bezug zum vorliegenden Revisionsfall hergestellt.

30 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht nur berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet, einen allenfalls fehlerhaften Spruch im behördlichen Straferkenntnis richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn ‑ worauf das Zulässigkeitsvorbringen offenbar hinzuweisen versucht ‑ innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 Abs. 1 VStG rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. VwGH 17.2.2022, Ra 2021/07/0089, mwN).

31 Dass die belangte Behörde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist aber keine alle der Bestrafung des Revisionswerbers zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung gesetzt hätte, wird in der Revision nicht substantiiert aufgezeigt. Dem Revisionswerber gelingt es auch nicht, konkret darzulegen, aus welchen Gründen die Abänderung der Spruchpunkte 1. und 4. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 26. Juli 2019 durch das Verwaltungsgericht dahingehend, dass es sich beim vom Revisionswerber in Verkehr gebrachten Produkt Ectolax um kein Ergänzungsfuttermittel (sondern eine Vormischung) handle, keine zulässige Präzisierung der Tathandlung im Sinn der genannten Judikatur darstelle.

32 Mangels substantiierten Aufzeigens einer unzulässigen Auswechslung des Tatvorwurfs in der Zulässigkeitsbegründung geht auch das darin enthaltene pauschale Vorbringen, wonach es dem Revisionswerber aufgrund einer solchen unzulässigen Auswechslung nicht möglich gewesen sei, sich zu den ihm zur Last gelegten Tatvorwürfen zu rechtfertigen, ins Leere.

33 Zudem übersieht der Revisionswerber, dass Tatzeitpunkt im vorliegenden Fall nicht der Zeitpunkt des Imports von Ectolax durch die E. GmbH am 11. Dezember 2017, sondern jener der Kontrolle durch Aufsichtsorgane des BAES am 27. November 2018 war. Dass der Revisionswerber auch zu diesem Zeitpunkt nicht das gemäß § 9 VStG zur Vertretung der E. GmbH nach außen berufene Organ gewesen sei, wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht behauptet.

34 Des Weiteren wird darin zusammengefasst vorgebracht, es liege eine unzulässige Doppelbestrafung des Revisionswerbers vor, weil sowohl der angebliche Tatzeitpunkt, das beanstandete Produkt als auch die Tatvorwürfe ident seien. Zum Zeitpunkt der angeblichen Verwaltungsübertretung habe durch die allein feststehende Lagerung von „Ergänzungsfuttermitteln“ keine Verwaltungsübertretung begangen werden können. Es seien sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung des § 45 VStG bzw. die Erteilung einer Ermahnung gegeben. Der Revisionswerber habe die Tat zumindest in einem die Schuld ausschließenden Rechtsirrtum begangen. Er habe sich zudem bemüht, den verursachten Schaden gutzumachen und weitere nachteilige Folgen zu verhindern. Auch seien ‑ aus näher dargelegten Gründen ‑ die verhängten Strafen bei weitem überhöht und entsprächen diese nicht den gesetzlichen Strafzumessungsgründen. Zu all diesen „wesentlichen Rechtsfragen“ liege nach Ansicht des Revisionswerbers keine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weshalb eine „wesentliche Rechtsfrage“ im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG gegeben und die Revision damit zulässig sei.

35 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung wird dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. VwGH 18.3.2022, Ra 2022/01/0053, mwN).

36 Das dargestellte Zulässigkeitsvorbringen enthält aber bloß pauschale Behauptungen, aus welchen Gründen das angefochtene Erkenntnis rechtswidrig sei, und stellt daher in der Sache Revisionsgründe nach § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG dar. Solche Ausführungen können nach dem Obgesagten schon aus diesem Grund die Zulässigkeit der Revision nicht dartun.

37 Auch mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ‑ die nach Ansicht des Revisionswerbers unrichtig beurteilt worden sei ‑ wird keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan, zumal eine einzelfallbezogene Beurteilung grundsätzlich nicht revisibel ist, wenn diese Beurteilung ‑ wie dies gegenständlich der Fall ist ‑ auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (vgl. VwGH 23.9.2020, Ra 2020/02/0209, mwN).

38 In diesem Zusammenhang wird in der Zulässigkeitsbegründung wiederum ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin erblickt, dass die Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichts im Ergebnis auf einer „unzulässigen vorweggreifenden Beweiswürdigung“ beruhten, weil nie eine Untersuchung des Produkts Ectolax durch Sachverständige erfolgt und insofern einem diesbezüglichen Antrag des Revisionswerbers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht entsprochen worden sei.

39 Damit übersieht der Revisionswerber, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 1.2.2021, Ra 2021/07/0007, mwN). Auch unterliegt es der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge auch hier nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa VwGH 14.2.2020, Ra 2020/07/0001, mwN).

40 Das Verwaltungsgericht begründete die Abstandnahme von der Einholung des vom Revisionswerber geforderten Sachverständigengutachtens damit, dass dieser der AGES Rezepturen für Ectolax bekannt gegeben habe, die Sachverhaltsfeststellungen somit unter anderem auf seinen eigenen Angaben fußten. Eine Untersuchung des Produkts habe daher unterbleiben können. Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts erweist sich jedenfalls nicht als grob fehlerhaft.

41 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

42 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

43 Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz war abzuweisen, weil der Inhalt des als Revisionsbeantwortung bezeichneten Schriftsatzes außer allgemeinen Ausführungen bzw. einem Verweis auf die Begründungen des Straferkenntnisses der belangten Behörde und des angefochtenen Erkenntnisses kein sonstiges auf die Revision bezugnehmendes Vorbringen enthält (vgl. VwGH 27.1.2020, Ra 2019/04/0074, 0075, mwN).

Wien, am 16. Mai 2022

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