European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200072.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Zunächst wird betreffend die fremdenrechtliche Vorgeschichte des Revisionswerbers auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2019, Ra 2019/21/0123, verwiesen.
2 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Moldawien, gelangte im Jahr 2004 als 16‑Jähriger nach Österreich. Ein von ihm im November 2004 gestellter Asylantrag blieb erfolglos. Bereits im Jahr 2005 erging gegen ihn wegen strafrechtswidrigen Verhaltens ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Er blieb jedoch in Österreich und beging hier weitere strafbare Handlungen, weshalb gegen ihn mit Bescheid der (damaligen) Bundespolizeidirektion S im November 2010 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Dieses Aufenthaltsverbot konnte damals mangels Erlangung eines Passersatzdokuments (Heimreisezertifikates) nicht vollzogen werden. Für den Revisionswerber wurde daher mehrfach eine Karte für Geduldete ausgestellt. Er wurde weiterhin, wie schon bisher in erster Linie durch Begehung von Vermögensdelikten, aber auch durch qualifizierten Suchtgifthandel, straffällig.
3 Gegen den Revisionswerber wurde in der Folge im Instanzenzug eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Moldawien zulässig sei. Die gegen die entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erfolgte Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts blieb erfolglos. Im Besonderen wird darauf verwiesen, dass die diesbezügliche Revision vom Verwaltungsgerichtshof mit dem eingangs erwähnten Beschluss vom 26. Juni 2019, Ra 2019/21/0123, zurückgewiesen wurde.
4 Am 18. September 2019 wurde der Revisionswerber, nachdem von der zuständigen moldawischen Behörde kurz zuvor für ihn ein Passersatzdokument ausgestellt worden war, nach Moldawien abgeschoben. Bereits im Oktober 2019 reiste er aber unrechtmäßig wieder in Österreich ein.
5 Der Revisionswerber wurde im Bundesgebiet erneut straffällig und mit Urteil des Landesgerichts S vom 4. Juni 2020 rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt (wegen mehrfachen ‑ teils zum eigenen Gebrauch dienenden ‑ Erwerbs und Besitzes von Suchtgift sowie wegen Überlassung von Suchtgift, weiters wegen Einbruchdiebstahls, mehrfachen Gebrauchs gefälschter ‑ teils auch besonders geschützter ‑ Urkunden und Verleumdung).
6 Während seiner Anhaltung in Strafhaft stellte der Revisionswerber am 24. Juni 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Er gab bei seiner Erstbefragung an, nach Österreich zurückgekehrt zu sein, weil er in Moldawien „keine Bleibe“ gehabt habe, er in fünf Monaten Vater werde und seine Frau in E lebe. Er werde außerdem „in ca. zwei Jahren“ eine Operation an einem Bein „haben“; je nachdem, wie sich sein Fuß entwickle. Er fühle sich, als ob er in Österreich aufgewachsen sei. Sein Lebensmittelpunkt liege in Österreich. In Moldawien habe er keine Bezugspersonen. Er fürchte dort um seine Existenz. Im Fall der Rückführung nach Moldawien werde er wieder nach Österreich kommen.
7 Im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15. Juli 2020 machte der Revisionswerber gleichartige Angaben.
8 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Revisionswerbers mit Bescheid vom 1. Oktober 2020 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Eine Rückkehrentscheidung wurde von der Behörde unter Hinweis auf das nach wie vor aufrechte Einreiseverbot ‑ im Hinblick auf § 59 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz 2005 und die dazu ergangene Judikatur ‑ nicht erlassen.
9 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 4. November 2020 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
10 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 18. Jänner 2021, E 4373/2020‑6, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
11 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte zu enthalten, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte). Dazu wird in der Revision ausgeführt, der Revisionswerber erachte sich in den Rechten auf „Asylgewährung, Gewährung subsidiären Schutzes sowie im Recht auf Nichterlassung einer Rückkehrentscheidung“ verletzt.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichts dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 9.2.2021, Ra 2021/01/0017, mwN).
13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es liegt daher insoweit eine ausschließlich verfahrensrechtliche Entscheidung vor, mit der die Entscheidung in der Sache abgelehnt wurde. Im Hinblick auf diesen normativen Gehalt des angefochtenen Erkenntnisses käme hier allein die Verletzung des Revisionswerbers im Recht auf meritorische Entscheidung über seinen Antrag, nicht aber die Verletzung in den, den Inhalt des Antrages auf internationalen Schutz bildenden Rechten in Betracht. Der Revisionswerber konnte daher in den als Revisionspunkte genannten Rechten auf Gewährung von Asyl und subsidiärem Schutz nicht verletzt werden (vgl. VwGH 9.9.2020, Ra 2020/20/0327, mwN).
14 Auch eine Verletzung des Revisionswerbers im Recht auf Nichterlassung einer Rückkehrentscheidung erweist sich denkunmöglich, weil mit der angefochtenen Entscheidung keine Rückkehrentscheidung erlassen wurde.
15 Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass mit dem in der Revision enthaltenen Vorbringen zur Verletzung am Bein des Revisionswerbers kein Grund hinreichend dargetan wird, der zur Zuerkennung von subsidiärem Schutz führen könnte (vgl. dazu, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, sowie zu den [strengen] Voraussetzungen, wann im Fall einer Krankheit durch die Rückführung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegen kann, etwa VwGH 1.2.2021, Ra 2020/20/0022, 0023, mwN).
16 Die Revision eignet sich nach dem Gesagten im Sinn des § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ‑ zudem aber auch wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG ‑ nicht zu ihrer Behandlung. Sie war daher nach dieser Bestimmung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 2. April 2021
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