European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200005.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 6. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit dem Bescheid vom 6. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers keine Glaubwürdigkeit zukomme, bei einer Rückkehr keine Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK drohe und die Rückkehrentscheidung in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nicht unverhältnismäßig eingreife.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung macht die Revision geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht abgewichen. Es habe weder konkrete Feststellungen zum Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung noch zu einer etwaigen Verletzung der Rechte des Revisionswerbers nach Art. 2 oder 3 EMRK getroffen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, auf welche Tatsachen das Bundesverwaltungsgericht seine rechtliche Beurteilung gestützt habe. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht „in seiner Beweiswürdigung Feststellungen gewürdigt“, die es „vorab nie festgestellt“ habe, wodurch es eine „antizipierende Beweiswürdigung“ vorgenommen habe.
8 Soweit sich die Zulässigkeitsbegründung gegen die Beweiswürdigung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich einen persönlichen Eindruck verschaffen konnte, in einer auf den Einzelfall Bedacht nehmenden Beweiswürdigung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht und der Frage einer Gefährdung im Rückkehrfall auseinandergesetzt hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist ‑ als Rechtsinstanz ‑ zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/14/0530, mwN).
9 Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die vorliegende Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts in unvertretbarer Weise vorgenommen worden wäre und sich die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage, ob dem Revisionswerber in seinem Heimatstaat Verfolgung oder eine Art. 2 oder 3 EMRK widerstrebende Behandlung drohe, in ihrer Gesamtheit als unschlüssig darstellen würden. Auch eine tragende Grundsätze des Verfahrensrechts berührende Verkennung der Begründungspflicht (vgl. dazu VwGH 3.9.2020, Ra 2020/14/0386; 19.5.2020, Ra 2019/14/0328, jeweils mwN) ist nicht ersichtlich.
10 Wenn die Revision das Fehlen ausreichender Ermittlungen und Feststellungen zum Gesundheitszustand des Revisionswerbers bemängelt, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben (vgl. VwGH 1.7.2020, Ra 2020/20/0227, mwN).
11 Die Revision legt die Relevanz der von ihr geltend gemachten Verfahrensmängel nicht dar. Ihre Ausführungen (etwa zum vorgebrachten Gesundheitszustand) lassen nicht erkennen, inwiefern die hohe Schwelle einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 und Art. 3 EMRK garantierten Rechte überschritten wäre (vgl. zum diesbezüglich anzulegenden Maßstab VwGH 23.9.2020, Ra 2020/01/0146, unter Hinweis auf EGMR 13.12.2016, Paposhvili gegen Belgien, 41738/10).
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. März 2021
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