Normen
AVG §8
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z1
BauRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060074.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt G vom 8. Dezember 2020 wurde der Mitbeteiligten die Baubewilligung für ein näher genanntes Bauvorhaben in G erteilt und die Einwendung des Revisionswerbers als unzulässig zurückgewiesen, weil die Änderung der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen aufgrund eines Bauvorhabens von den Nachbarn hinzunehmen sei.
5 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde des Revisionswerbers ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte das LVwG mit Hinweis auf das eingeschränkte Mitspracherecht von Nachbarn im Baubewilligungsverfahren im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe in der Bauverhandlung vor der Behörde lediglich vorgebracht, aus seiner Sicht sei die Zufahrt über die R-Gasse „sinnlos“ im Vergleich zu einer solchen über die S-Straße (Umweg, Lärmbelästigung für die gesamte Anrainerschaft, zu geringes Fassungsvermögen, Sackgasse). Damit habe er keine Verletzung von subjektiv‑öffentlichen Rechten gemäß § 26 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) geltend gemacht. Dass sein Grundstück wegen der geplanten Einfahrt in die Tiefgarage am Baugrundstück durch Lärm- und Luftschadstoffimmissionen unzumutbar beeinträchtigt werde, habe der Revisionswerber nicht spätestens in der Bauverhandlung vorgebracht. Die Behörde habe daher seine Einwendung zu Recht zurückgewiesen. Auf den erst in der Beschwerde vorgebrachten Einwand betreffend eine unvollständige bzw. unzureichende immissionstechnische Beurteilung des Bauvorhabens sei daher nicht mehr einzugehen gewesen.
6 In der Zulässigkeitsbegründung wird zunächst vorgebracht, der Revisionswerber habe eingewendet, es werde „durch das geplante Bauvorhaben, insbesondere durch die Zufahrt zur Tiefgarage über die R[...]gasse (Umweg von 300 m im Vergleich zur Einfahrt S[...]straße, die Zufahrt R[...]gasse ist einspurig) und die Benützung der Tiefgarage zu erheblichen Lärmerhöhungen und Luftverunreinigungen kommen“. Die Behörde bzw. das LVwG hätten die Mitbeteiligte auffordern müssen, zu erklären, warum die Zufahrt nicht über die S-Straße erfolge.
7 Den Verfahrensakten ist ein Schreiben vom 26. November 2020 (dem Tag der baubehördlichen Verhandlung) zu entnehmen, dem zufolge der Revisionswerber vorbringt: „Die Zufahrt über die R[...]gasse ist sinnlos und sollte über die S[...]straße erfolgen. Dadurch entsteht eine Lärmbelästigung für die gesamte Anrainerschaft. Verkehrstechnisch ist es eine Sackgasse und fasst diesen zusätzlichen Verkehr nicht.“
8 Die Auslegung einer konkreten Parteienerklärung betrifft nur den Einzelfall. Eine solche Auslegung wäre nur dann revisibel, wenn dem Verwaltungsgericht dabei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen und die im Einzelfall erfolgte Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 29.10.2020, Ra 2020/05/0207, Rn. 10, mwN).
9 Eine solche Fehlbeurteilung vermag die Revision jedoch nicht aufzuzeigen. Die Revision verkennt, dass der Revisionswerber ‑ wie das LVwG zutreffend ausführt ‑ eben nicht vorbrachte, es werde durch die Einfahrt in die Tiefgarage am Baugrundstück oder die Benützung der Tiefgarage zu erheblichen Lärmerhöhungen (oder Luftverunreinigungen) kommen; vielmehr bezieht sich die Einwendung ‑ was in der Revision auch ausdrücklich betont wird ‑ klar auf die Zunahme der Lärmbelästigung auf der öffentlichen Verkehrsfläche R‑Gasse, hinsichtlich derer Nachbarn kein subjektiv‑öffentliches Recht geltend machen können (vgl. etwa VwGH 16.5.2013, 2011/06/0217, mwN).
10 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Juli 2021
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