VwGH Ra 2021/05/0051

VwGHRa 2021/05/00518.4.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart‑Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. der Ing. S R in S und 2. des R W in S, beide vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 10. Dezember 2020, LVwG‑152700/19/KHu ‑ 152701/2, betreffend Versagung einer baurechtlichen Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde S, vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in 4865 Nußdorf, Stockwinkel 18; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. A W und 2. A W, beide in S, beide vertreten durch Burgstaller & Partner Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 12), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO OÖ 1994 §38 Abs7
BauRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050051.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag der Revisionswerber auf Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für das Bauvorhaben „Abänderungsplan zum ursprünglich genehmigten Projekt: Umbau und Erweiterung des bestehenden Rinderstalles“ auf näher genannten Grundstücken abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass die Baubewilligung für den Rinderstall durch dessen nahezu vollständigen Abbruch untergegangen sei.

6 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, es sei nicht das „aufgrund der Baubewilligung ausgeführte Bauvorhaben“ beseitigt worden. Ein Fall des § 38 Abs 7 Oö. Bauordnung 1994 liege daher nicht vor. Das Verwaltungsgericht sei von dieser klaren Gesetzeslage abgewichen.

7 Dem ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 38 Abs. 7 Oö. Bauordnung 1994 die Baubewilligung „jedenfalls“ mit der Beseitigung des auf Grund der Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens erlischt. Es liegt somit keine dahingehend eindeutige Rechtslage vor, dass die Baubewilligung angesichts der genannten Bestimmung lediglich mit der Beseitigung des auf Grund der Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens erlischt. Im Gegenteil, wie sich aus dem Wort „jedenfalls“ ergibt, kommen auch andere Erlöschensgründe in Frage. Das Verwaltungsgericht hat daher nicht, wie die Revisionszulässigkeitsgründe vermeinen, entgegen einem eindeutigen Gesetzeswortlaut entschieden.

8 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ferner ausgeführt, dass Auflagenpunkt 2 des ursprünglichen, unbekämpft gebliebenen Baubewilligungsbescheides eine projektändernde Auflage enthalten habe. Nach dieser habe der Bauführer sämtliche vom Um- und Zubau betroffenen und zusätzlich belasteten Bauteile des Baubestandes auf ihre Tragfähigkeit und ihren Bauzustand zu untersuchen und, soweit erforderlich, zu unterfangen, zu verstärken oder durch entsprechend dimensionierte Bauteile zu ersetzen gehabt. Diese Auflage sei von den Revisionswerbern eingehalten worden.

9 Dazu ist zu bemerken, dass die Auslegung eines konkreten Bescheides, wie auch hier einer bestimmten Auflage in einem konkreten Bescheid, nur den Einzelfall betrifft. Dass diese im Einzelfall erfolgte Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. VwGH 2.8.2017, Ra 2017/05/0202, mwN), zeigen die Revisionszulässigkeitsgründe nicht auf:

10 Das Verwaltungsgericht hat sich auf Seite 10 des angefochtenen Erkenntnisses mit dieser Auflage auseinandergesetzt. Es kam zu dem Schluss, dass trotz dieser Auflage vor dem Abriss und der Neuerrichtung der im genehmigten Einreichplan als Bestand ausgewiesenen Bauteile der erforderliche baubehördliche Konsens zu erwirken gewesen wäre. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Revisionswerber dieser Auflage auch deshalb nicht entsprochen hätten, weil kein bloßer „Ersatz“ von Bauteilen, sondern eine andere Ausführung erfolgt sei. So sei die südliche Außenwand nicht an derselben Stelle neu errichtet worden und wiesen die Außenwände nicht jene Öffnungen auf, die sich aus der Baubewilligung ergäben. Diesem Vorbringen treten die Revisionszulässigkeitsgründe nicht entgegen. Sie zeigen daher auch insofern keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.

11 Im Hinblick auf das Nichteingehen der Revisionszulässigkeitsgründe auf die zuletzt genannten Ausführungen des Verwaltungsgerichtes erübrigt es sich auch, die Frage zu behandeln, ob im Zusammenhang mit dem genannten Auflagenpunkt 2 des Baubewilligungsbescheides Grundsätze des Verfahrensrechts außer Betracht geblieben seien. Schon dadurch, dass sich die Revisionszulässigkeitsgründe nämlich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes befassen, dass kein bloßer „Ersatz“ von Bauteilen entsprechend der Auflage erfolgt sei, sondern eine andere Ausführung, wird es verabsäumt, die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel für den Verfahrensausgang darzutun (vgl. dazu, dass zur Aufzeigung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit Verfahrensmängeln auch die Relevanz dieser Verfahrensmängel auf den Verfahrensausgang dargetan werden muss, z.B. VwGH 24.3.2015, Ra 2015/05/0010, mwN; vgl. ferner zur Unzulässigkeit einer Revision in dem Fall, dass das Erkenntnis auf einer in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht angefochtenen Alternativbegründung beruht, VwGH 5.10.2016, Ra 2016/06/0102, mwN).

12 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ferner ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Nachbarbeschwerde der mitbeteiligten Parteien nicht zur Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen (hier: zur Versagung der beantragten baurechtlichen Bewilligung) hätte führen dürfen.

13 Dazu ist zu bemerken, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Mitspracherecht der Nachbarn dazu, ob eine Baubewilligung, die Grundlage für eine Änderungsbewilligung ist, überhaupt noch aufrecht ist, auseinandergesetzt und in Punkt 2.3. des angefochtenen Erkenntnisses (Seite 8) diesbezüglich auch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen geführt hat. Mit dieser Judikatur setzen sich die Revisionszulässigkeitsgründe nicht auseinander. Es wird insbesondere nicht dargelegt, weshalb diese Judikatur im vorliegenden Fall nicht heranziehbar sein sollte. Somit wird auch diesbezüglich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0247).

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 8. April 2021

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