VwGH So2021/03/0002

VwGHSo2021/03/000214.4.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer‑Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Anträge 1. des Dipl.‑HTL‑Ing. H S und 2. der A S, betreffend Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Köhler und der Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Liebhart‑Mutzl, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §31 Abs1
VwGG §31 Abs1 Z3
VwGG §31 Abs2
VwGG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:SO2021030002.X00

 

Spruch:

Den Anträgen wird nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit Eingaben vom 29. März 2021 stellten die Antragsteller jeweils einen Verfahrenshilfeantrag für die Stellung eines Antrags auf Wiederaufnahme des mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 2021, Ra 2020/06/0178 und 0181-5, abgeschlossenen Verfahrens, mit dem eine Revision der Antragsteller in einer Angelegenheit betreffend eine Übertretung des Burgenländischen Baugesetzes zurückgewiesen worden war. In diesen Verfahrenshilfeanträgen machen die Antragsteller der Sache nach auch eine Befangenheit des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Köhler und der Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Liebhart‑Mutzl geltend.

2 Mit einer weiteren Eingabe vom 29. März 2021 beantragten die Antragsteller „die Feststellung“ der Befangenheit des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Köhler und der Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Liebhart‑Mutzl gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGG „in den derzeit anhängigen Wiederaufnahmeverfahren (dzt. anhängig mit Verfahrenshilfeanträgen) Ra 2020/06/0178 und Ra 2020/06/0181) und den wiederaufgenommenen Revisionsverfahren.“

3 Der Sache nach sind diese Eingaben als Anträge auf Ablehnung der darin genannten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes wegen Befangenheit nach § 31 Abs. 2 VwGG anzusehen.

4 Die Antragsteller bringen dazu vor, die Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes Mag. Liebhart‑Mutzl habe in den beiden Verfahrenshilfeverfahren der Antragsteller die beantragte Verfahrenshilfe unrichtig wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen (wobei sie näher ausführen, aus welchen Gründen diese Abweisung nach Ansicht der Antragsteller „unrichtig“ gewesen sei). Die Antragsteller seien daher gezwungen gewesen, „teure Kredite auf ihr Liegenschaftsvermögen aufzunehmen, um ihre Rechte durch Eingabe der notwendigen Revisionen mit Hilfe eines selbstgewählten Rechtsanwaltes wahrzunehmen.“ Für diese dennoch eingebrachten Revisionen seien „aufgrund der offenkundig falschen Beschlüsse zur Abweisung der Verfahrenshilfeanträge“ auch bereits die Befangenheitsgründe des § 31 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGG im Hinblick auf die genannte Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes vorgelegen. Diese habe sich offenkundig nicht der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit enthalten und „ganz im Gegenteil als Berichterstatterin in den Verfahren Ra 2020/06/0178‑5 und Ra 2020/06/0181‑5 [...] bewusst falsch berichtet“. Sie habe „ihre offenkundig falsche Berichterstattung in den Verfahren Ra 2020/06/0178‑5 und Ra 2020/06/0181‑5 dabei vorsätzlich und wissentlich dem Senat als Ergebnis des Vorverfahrens falsch erstattet, um den Senat über ihre zuvor vorgenommenen falschen abweisenden Entscheidungen [...] über die Verfahrenshilfeanträge der beiden Revisionswerber zu täuschen.“ Auch aufgrund „der Wiederholung dieser unrechtmäßigen Zurückweisung von Revisionen in dieser Sache [...] anstelle eines allfälligen Verbesserungsauftrages gemäß § 34 Abs. 2 VwGG allfällig vermeintlicher Formfehler oder inhaltlicher Fehler in den Revisionen“ könne der Senatsvorsitzende nicht unbefangen sein, wenn er „ohne jede Überprüfung (oder mit Überprüfung?) derartig jede Objektivität vermissen lässt, bei derart willkürlichen Rechtsverletzungen grundsätzlicher Art nicht das ordentliche Verfahren beim VwGH einzuleiten.“ In der Folge führen die Antragsteller weiter aus, weshalb sie die in den genannten Revisionsverfahren ergangenen Beschlüsse als fehlerhaft ansehen, dies auch im Hinblick auf den Umstand, dass in einem weiteren Verfahren betreffend eine Übertretung des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes die Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgerichtshof bewilligt wurde.

5 Mit diesem Vorbringen wird eine Befangenheit der abgelehnten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes nicht dargelegt:

6 § 31 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 58/2018 (VwGG), lautet:

„Befangenheit

§ 31. (1) Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer haben sich unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten

1. in Rechtssachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a AVG) oder eine von ihnen vertretene schutzberechtigte Person beteiligt sind;

2. in Rechtssachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder bestellt sind;

3. wenn sie in einem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorangegangenen Verfahren mitgewirkt haben;

4. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.

(2) Aus den im Abs. 1 angeführten Gründen können Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z 4, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. Über die Ablehnung entscheidet in Abwesenheit des Abgelehnten der für die Rechtssache zuständige Senat durch Beschluss; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Werden der Vorsitzende oder so viele Mitglieder des Senates abgelehnt, dass nicht wenigstens drei verbleiben, so hat der Präsident die Beschlussfassung über den Ablehnungsantrag dem nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Senat zuzuweisen. Beschließt der hiezu berufene Senat, dass die Ablehnung begründet ist, so hat der Präsident den Eintritt des Ersatzmitgliedes (§ 11 Abs. 3) zu verfügen.“

7 Aus den in § 31 Abs. 1 VwGG genannten Befangenheitsgründen können die Mitglieder des Gerichtshofs und Schriftführer gemäß § 31 Abs. 2 VwGG auch von der Partei abgelehnt werden. Das Wesen der Befangenheit besteht nach der ständigen Rechtsprechung in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten, wobei das Gesetz eine substantiierte Begründung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes fordert (vgl. etwa VwGH 23.2.2018, 2018/03/0001). Diese Glaubhaftmachung muss die persönlichen Umstände und Interessen sowie das persönliche Verhalten des abgelehnten Mitgliedes des Verwaltungsgerichtshofs betreffen (vgl. etwa VwGH 20.6.2002, 2002/18/0131).

8 Wie aus ihrem oben zusammenfassend dargelegten Vorbringen hervorgeht, erachten die Antragsteller die Abweisung ihrer Verfahrenshilfeanträge wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung sowie die Zurückweisung ihrer in der Folge eingebrachten Revisionen als inhaltlich unrichtig. Damit wird aber nicht dargetan, dass die abgelehnten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes durch unsachliche psychologische Motive an der unparteiischen Entscheidung gehemmt gewesen wären. Der Umstand, dass die Antragsteller Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes für unrichtig halten, stellt keine Grundlage dafür dar, eine Befangenheit der am Zustandekommen dieser Entscheidungen mitwirkenden Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen (vgl. VwGH 11.2.2019, Ro 2019/03/0004). Die im Übrigen vorgebrachten pauschalen und unsubstantiierten Verdächtigungen („offenkundig falsche Berichterstattung“, „vorsätzlich und wissentlich“ falsche Berichterstattung, „ohne jede Überprüfung“, „jede Objektivität vermissen lässt“ und dergleichen) sind nicht geeignet, eine Befangenheit der abgelehnten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes darzutun (vgl. etwa VwGH 20.10.2015, Ra 2015/05/0053, mwN).

9 Auch der Umstand, dass die für die Verfahrenshilfeanträge zuständige Richterin in der Folge als Mitglied des für die Revisionen zuständigen Senates an der Entscheidung über die Revisionen mitgewirkt hat, begründet keine Befangenheit, da aus der Teilnahme einer Richterin an einer schon gefällten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keine Befangenheit im Sinne des § 31 Abs. 1 Z 3 VwGG abgeleitet werden kann (vgl. etwa VwGH 29.4.2015, 2015/03/0002).

10 Den Ablehnungsanträgen war daher gemäß § 31 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 14. April 2021

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