VwGH Ra 2020/06/0178

VwGHRa 2020/06/01782.3.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart‑Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in den Revisionssachen 1. des Dipl.‑HTL‑Ing. H S und 2. der A S, beide in L und beide vertreten durch Mag. Peter Mayerhofer, Rechtsanwalt in 2700 Wr. Neustadt, Domplatz 16, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland jeweils vom 14. August 2020, E 029/10/2020.003/012 (betreffend den Erstrevisionswerber) und E 029/10/2020.004/011 (betreffend die Zweitrevisionswerberin), jeweils betreffend Übertretung des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberwart), den Beschluss gefasst:

Normen

VStG §1 Abs2
VStG §44a Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020060178.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnissen der belangten Behörde jeweils vom 25. November 2019 wurden die revisionswerbenden Parteien jeweils der Übertretung des § 17 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 1 Z 1 Burgenländisches Baugesetz 1997 schuldig erkannt; gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. wurden über sie Geldstrafen in der Höhe von je EUR 800,‑ ‑ samt Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und sie gemäß § 64 VStG jeweils zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet. Den revisionswerbenden Parteien, die jeweils Hälfteeigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes in der KG R. sind, wurde in den Straferkenntnissen spruchmäßig gleichlautend zur Last gelegt, sie hätten als Bauwerber bzw. als Bauwerberin den rechtswidrigen Zustand, der dadurch entstanden sei, dass sie in den ersten zwei Juniwochen des Jahres 2014 ohne die erforderliche Baubewilligung und ohne eine Bauanzeige zu erstatten, auf diesem Grundstück zwei näher beschriebene, nebeneinander stehende Sanitäranlagen in Holzbauweise sowie eine näher beschriebene Photovoltaikanlage errichtet hätten, im Zeitraum vom 7. Dezember 2015 bis 12. Juni 2019 aufrecht erhalten. Bei den genannten Bauwerken handle es sich nicht um geringfügige Bauvorhaben im Sinne des § 16 des Burgenländischen Baugesetzes 1997.

2 Die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Beschwerden wurden mit den angefochtenen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland (in der Folge: LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe jeweils gleichlautender, näher ausgeführter Spruchpräzisierungen hinsichtlich der den Tatzeitraum betreffenden Rechtsgrundlagen als unbegründet abgewiesen (I.); weiters wurden die revisionswerbenden Parteien zur Leistung je eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren verpflichtet (II.) und ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG jeweils unzulässig sei (III.).

3 Gegen die genannten Erkenntnisse des LVwG richten sich die gegenständlichen (wortgleichen) außerordentlichen Revisionen.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges gemeinsam behandelten Revisionen erweisen sich als unzulässig.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Novelle 2012 bereits vielfach ausgesprochen hat, wird dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0327, jeweils mwN). Die in den vorliegenden Revisionen auf rund 14 Seiten erstatteten Zulässigkeitsausführungen, mit welchen in weiten Teilen ihrem Inhalt nach Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG), dargelegt werden, entsprechen dem Gebot der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht, weshalb sich die Revisionen schon aus diesem Grund als unzulässig erweisen.

9 Abgesehen davon ist zu diesen Ausführungen Folgendes festzuhalten:

10 Soweit die revisionswerbenden Parteien die Burgenländische Bauübertragungsverordnung, LGBl. Nr. 42/1998 idF LGBl. Nr. 96/2008, ins Treffen führen und in diesem Zusammenhang eine „wesentliche Fehlbeurteilung der Begehung des vorgeworfenen Tatbestandes“ behaupten, da „die Zuständigkeit als Adressat für Mitteilungen über geringfügige Bauvorhaben nach § 16 Abs. 1 Bgld. BauG bzw. die Beauskunftung dazu, ob es sich nach der Rechtsmeinung der Behörde um einen Zweifelsfall handelt“ nicht auf die Bezirkshauptmannschaft Oberwart übertragen worden und für die revisionswerbenden Parteien die „zustimmende zur Kenntnisnahme zu den mitgeteilten geringfügigen Vorhaben nach § 16 Abs. 1 Bgld. BauG“ durch die Marktgemeinde B „aufgrund des bereits zuvor [...] mitgeteilten Gebotes zur Aufstellung von geeigneten Sanitäranlagen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 1 Bgld. KanalAnschlG“ zweifelsfrei glaubwürdig gewesen sei, scheinen sie damit auf die Geltendmachung eines fehlenden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG hinauszuwollen.

11 Fallbezogen musste den revisionswerbenden Parteien die Strittigkeit der Frage der Geringfügigkeit der in Rede stehenden Objekte nach § 16 Bgld. BauG zumindest seit der Zustellung der im angefochtenen Erkenntnis (S. 2) angeführten Strafverfügung der belangten Behörde vom 15. Juli 2015, somit mehrere Monate vor Beginn des gegenständlich angelasteten Tatzeitraumes, bewusst sein. Es kommt daher entgegen den Ausführungen der revisionswerbenden Parteien nicht darauf an, welche Behörde zur Beauskunftung dazu, ob es sich überhaupt um einen Zweifelsfall nach der letztgenannten Gesetzesbestimmung handle, zuständig war; vielmehr war und ist beim gegenständlichen Sachverhalt aufgrund der genannten Burgenländischen Bauübertragungsverordnung zuständige Baubehörde gemäß § 16 Abs. 2 Bgld. BauG (sowohl in der Fassung vor als auch nach der Novelle LGBl. Nr 29/2019) zweifelsfrei ‑ und für die revisionswerbenden Parteien bereits vor Beginn des angelasteten Tatzeitraumes erkennbar ‑ die belangte Behörde Bezirkshauptmannschaft Oberwart, sodass ein ‑ allfälliges ‑ Vertrauen auf eine „zustimmende zur Kenntnisnahme“ durch die Marktgemeinde B von vorneherein nicht schuldbefreiend im Sinne der genannten Rechtsprechung wirken konnte.

12 Soweit die revisionswerbenden Parteien weiters einen „Widerspruch der Interpretation des LVwG zum Günstigkeitsprinzip zur Rechtsprechung des VwGH“ ins Treffen führen und im Zusammenhang damit behaupten, zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 25. November 2020 sei von keiner Bewilligungspflicht der Anlagen nach der Novelle des Bgld. BauG LGBl. Nr. 29/2019 (Anmerkung: in Kraft ab 11. April 2019) auszugehen gewesen und dies gelte nach dem Günstigkeitsprinzip auch bereits für den Zeitpunkt der Aufstellung im Jahr 2014, übersehen sie, dass sich das Günstigkeitsprinzip nach § 1 Abs. 2 VStG nicht auf die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift, sondern auf die Strafe bezieht (vgl. etwa VwGH 24.4.2003, 2000/09/0083 oder auch bereits 23.10.1995, 94/04/0223, jeweils mwN). Dass sich die Bestimmungen über die Strafe im Bgld. BauG 2019 im hier relevanten Zusammenhang nach Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 29/2019 in maßgeblicher Weise geändert haben sollten, zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf. Sollten die Zulässigkeitsausführungen der revisionswerbenden Parteien im Zusammenhang mit dem Erkenntnis des LVwG vom 14. August 2020, E 029/09/2020.012/010 und der dagegen erhobenen Revision an den Verwaltungsgerichtshof dahingehend zu verstehen sein, dass sie der Meinung sind, nach Inkrafttreten der oben genannten Novelle zum Bgld. BauG am 11. April 2019 seien die in Rede stehenden Anlagen als geringfügig zu betrachten und daher eine Strafbarkeit ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr gegeben, genügt es, darauf hinzuweisen, dass die außerordentliche Revision gegen das genannte Erkenntnis des LVwG vom 14. August 2020 mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 2021, Ra 2020/06/0171, 0172, zurückgewiesen wurde.

13 Wenn die revisionswerbenden Parteien letztlich ihre Straffreiheit mit der „Erfüllung eines gesetzlichen Gebotes“ im Zusammenhang mit dem Bescheid der Marktgemeinde B vom 5. November 2018 betreffend eine Verpflichtung zum Kanalanschluss zu begründen suchen, genügt es schon, darauf hinzuweisen, dass ihnen mit dem genannten Bescheid nicht die Aufstellung der verfahrensgegenständlichen Objekte auf ihrem Grundstück angeordnet, sondern bloß ausgesprochen wurde, dass die Objekte, die von ihnen bereits aufgestellt worden waren, an den öffentlichen Kanal anzuschließen sind. Mit der Aufstellung und Belassung der in Rede stehenden Objekte auf ihrem Grundstück handelten die revisionswerbenden Parteien daher entgegen ihrer Ansicht nicht „in Erfüllung eines gesetzlichen Gebotes“, sodass das diesbezügliche Zulässigkeitsvorbringen ins Leere geht.

14 Da sich die Revisionen damit insgesamt mangels eines tauglichen Zulässigkeitsvorbringens nicht zur Behandlung eignen, waren sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 2. März 2021

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