Normen
B-VG Art133 Abs5
B-VG Art144 Abs1
MRKZP 07te Art4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020043.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 25. Oktober 2019 wurden dem Revisionswerber 24 näher konkretisierte Übertretungen der StVO, des KFG und des FSG angelastet, weshalb über ihn Geld- sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens festgesetzt wurden.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ unter Ergänzung der Fassungen der verletzten Rechtsvorschriften sowie der Strafsanktionsnormen ‑ als unbegründet ab und setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gegen dieses Erkenntnis, soweit mit diesem näher genannte Spruchpunkte des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt worden seien, wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z l B‑VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig und im Übrigen eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 1 VwGG unzulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (unter anderem) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 22.1.2021, Ra 2021/02/0008, mwN).
8 Der Revisionswerber erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis zunächst in seinem Recht auf „Zuerkennung der Putativ‑Notwehrsituation“ verletzt. Hiermit macht er jedoch keine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend, sondern behauptet eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, die lediglich einen Aufhebungsgrund darstellt (vgl. VwGH 2.10.2020, Ra 2020/02/0221, mwN). Der Nennung von Aufhebungstatbeständen nach § 42 Abs. 2 VwGG kommt keine Bedeutung zur Umschreibung des Revisionspunkts im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG zu (vgl. VwGH 24.4.2020, Ra 2020/16/0034, mwN).
9 Wenn der Revisionswerber eine Verletzung in seinem Recht auf „Unzulässigkeit der Doppelbestrafung wegen des Fahrens ohne Führerschein“ geltend macht, übersieht er, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer behaupteten Verletzung des Rechts, wegen derselben Sache nicht zweimal vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden („Doppelbestrafungsverbot“ nach Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK) gemäß Art. 133 Abs. 5 B‑VG nicht berufen ist, weil es sich um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht handelt, das gemäß Art. 144 Abs. 1 B‑VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben ist (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/07/0488, sowie VwGH 2.10.2020, Ra 2020/02/0221, jeweils mwN).
10 Schließlich beanstandet der Revisionswerber, das Verwaltungsgericht habe es entgegen § 47 Abs. 4 iVm § 50 VwGVG verabsäumt, das Erkenntnis und seine wesentliche Begründung nach Schluss des Beweisverfahrens und Schließung der Verhandlung mündlich zu verkünden. Nach dem Verhandlungsprotokoll zur letzten Tagsatzung vor dem Verwaltungsgericht am 27. Oktober 2020 hat der Rechtsvertreter des Revisionswerbers in dessen Anwesenheit ausdrücklich auf die Verkündung des Erkenntnisses verzichtet, sodass der Revisionswerber durch die Unterlassung der mündlichen Verkündung nicht in seinen Rechten verletzt sein kann (vgl. hierzu VwGH 31.8.2020, Ra 2020/05/0160, mwN). Im Übrigen wird mit der als Revisionspunkt behaupteten Verletzung im Recht auf „mündliche Verkündung des Erkenntnisses“ eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, somit ein Revisionsgrund geltend gemacht, der nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell‑rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden kann (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/06/0295; VwGH 21.10.2020, Ra 2020/02/0231; VwGH 14.12.2020, Ra 2020/02/0273, jeweils mwN).
11 Die Revision erweist sich somit insgesamt als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen ist. Bei diesem Ergebnis war auf die Fragen der Rechtzeitigkeit der Revision sowie der absoluten Unzulässigkeit der Revision im Sinne des § 25a Abs. 4 VwGG hinsichtlich bestimmter Spruchpunkte des angefochtenen Erkenntnisses nicht weiter einzugehen.
Wien, am 12. März 2021
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