Normen
AVRAG 1993 §7i Abs3
AVRAG 1993 §7i Abs4
AVRAG 1993 §7i Abs5 idF 2014/I/094
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020110150.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber, in teilweiser Ergänzung und Abänderung des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 15. April 2019, schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher genannten Gesellschaft mit Sitz in Österreich zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mehrere namentlich genannte Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diesen für näher genannte, spätestens mit 27. Oktober 2016 endende Zeiträume das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien geleistet zu haben. Dadurch habe der Revisionswerber gegen § 7g Abs. 1 iVm. § 7i Abs. 5 Arbeitsvertragsrechts‑Anpassungsgesetz (AVRAG) verstoßen, weswegen gegen ihn jeweils eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht Salzburg aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte, soweit maßgeblich, fest, der Revisionswerber sei bis 27. Oktober 2016 handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen, über die im Jänner 2017 ein Insolvenzverfahren „angestrengt“ worden sei. Nach den Angaben des Revisionswerbers sei diese Gesellschaft bereits „mit September/Oktober 2016“ zahlungsunfähig gewesen, weil gegen sie näher bezifferte, offene Verbindlichkeiten von Gläubigern und Banken sowie offene Forderungen der Gebietskrankenkasse und des Finanzamtes bestanden hätten, wobei Dienstnehmerforderungen noch nicht eingerechnet seien. Die Höhe der Unterentlohnungen und die betroffenen Zeiträume ergäben sich aus dem Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde.
3 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, Tatbestandsmerkmal des § 7i Abs. 5 AVRAG sei die Lohnzahlung durch die genannte Gesellschaft als Arbeitgeberin, weswegen vom Revisionswerber behauptete „private Zahlungen“ an einzelne Dienstnehmer für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes irrelevant seien. Die Voraussetzungen des § 7i Abs. 6 AVRAG seien nicht gegeben. Bei § 7i Abs. 5 AVRAG handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt. Die Beauftragung einer Steuerberatungskanzlei mit der Lohnverrechnung könne den Revisionswerber als Geschäftsführer nicht von eigenen Kontrolltätigkeiten entbinden. Es wäre die Verpflichtung des Revisionswerbers gewesen, rechtzeitig vor Ende seiner Funktion als Geschäftsführer entsprechende insolvenzrechtliche Schritte zu setzen. Dem Revisionswerber treffe auch für die Unterentlohnungen während des Monats Oktober 2016 die Verantwortung, da er bis zur Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer alleinverantwortlich für die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen gewesen sei. § 45 Abs. 1 Z 4 und letzter Satz VStG sei gemäß § 7i Abs. 6 vorletzter Satz AVRAG nicht anwendbar. Schließlich enthält das angefochtene Erkenntnis nähere Ausführungen zur Strafbemessung.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 29.6.2020, Ra 2019/11/0058, mwN).
9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es stelle sich die Frage, wie § 7i Abs. 5 AVRAG im Insolvenzfall auszulegen und anzuwenden sei. Der Revisionswerber habe im Verfahren vorgebracht, dass die von ihm vertretene Gesellschaft bereits ab Oktober 2016 zahlungsunfähig gewesen wäre. Der Revisionswerber habe die offenen Gehälter des Monats Oktober 2016 daher „aus eigener Tasche“ bezahlt, was vom Verwaltungsgericht aber nicht schuldbefreiend gewertet worden sei. Die Gesellschaft hätte nämlich die Löhne aus den Arbeitsverhältnissen nicht vorrangig tilgen dürfen, weil der Revisionswerber sonst als Geschäftsführer den Straftatbestand der Begünstigung eines Gläubigers gemäß § 158 StGB erfüllt hätte. Das rechtskonforme Verhalten in Bezug auf § 158 StGB würde im Revisionsfall dazu führen, dass der Revisionswerber nach § 7i Abs. 5 AVRAG bestraft würde.
10 Damit zeigt die Revision eine Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht auf:
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage, ob das Nichtauszahlen von Löhnen infolge von wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Arbeitgebers gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2013 (die insoweit gleichlautende Vorgängerbestimmung des im Revisionsfall anwendbaren § 7i Abs. 5 AVRAG in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2014) strafbar ist, im hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/11/0007, ausgeführt, dass der objektive Tatbestand dieser Bestimmung dann erfüllt ist,
„wenn das dem beschäftigten Arbeitnehmer zustehende Mindestentgelt, gleich aus welchen Gründen, nicht ausbezahlt wird.
Die Beweggründe und allfälligen Hindernisse für das Unterbleiben der Ausbezahlung des zustehenden Mindestentgelts sind jedoch nicht unbeachtlich, allerdings erst bei der fallbezogenen Beurteilung des subjektiven Tatbestandes (Verschulden) des Arbeitgebers zu berücksichtigen.“
12 Die Revision zeigt weder auf, dass das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Tatbildlichkeit des festgestellten Sachverhaltes von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, noch bringt sie zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, dass sich das Verwaltungsgericht fallbezogen nicht mit der subjektiven Tatseite befasst hätte.
13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. Februar 2021
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