VwGH Ra 2018/06/0055

VwGHRa 2018/06/005520.12.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der H KG, Zweigniederlassung S, in S, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Pollheimerstraße 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 29. Jänner 2018, 405‑3/281/1/11‑2018, betreffend einen Auftrag nach dem Salzburger Ortsbildschutzgesetz 1999 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Marktgemeinde Straßwalchen), den Beschluss gefasst:

Normen

BauRallg
OrtsbildschutzG Slbg 1999 §4
OrtsbildschutzG Slbg 1999 §9 Abs1 Z5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018060055.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung vom 7. September 2016 wurde auf Antrag der Revisionswerberin die gewerbebehördliche Genehmigung sowie (in Anwendung des § 1 Abs. 1 der Bau‑Delegierungsverordnung 1998 für den Bezirk Salzburg‑Umgebung ‑ Flachgau) die baubehördliche Bewilligung für einen Verbrauchermarkt und (auf Ansuchen eines Drogeriemarktes) für einen Fachmarkt auf den Grundstücken Nr. A, B und C, KG S., erteilt.

2 Im Zuge der Errichtung dieser Betriebsanlagen erfolgte im Bereich der Ein- und Ausfahrt auch die Aufstellung eines „Werbeturms“ mit einer Höhe von 17 Metern und zwei Leuchtschildern mit einer Fläche von ca. 35 m2.

3 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Straßwalchen vom 27. April 2017 wurde gemäß den Bestimmungen des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes 1999 (OrtsbildschutzG) die Beseitigung dieser Werbeankündigungsanlage angeordnet.

4 Der dagegen von der Revisionswerberin erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Straßwalchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 12. Juli 2017 keine Folge gegeben.

5 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Berufungsbescheid Beschwerde, der mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (LVwG) keine Folge gegeben wurde. Die Frist für die Entfernung wurde mit „zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides“ festgesetzt. Die zu entfernende Werbeankündigungsanlage wurde wie folgt umschrieben:

„Werbeankündigungsanlage ‚[H.] Einfahrtsschild 17000‘ mit einer Höhe von 17 Metern über Gelände südlich der Aus- und Einfahrt der internen Erschließungsstraße zum Verbrauchermarkt auf GStNr B (neu: C), KG [S.].“

6 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

7 In seinen Erwägungen hielt das LVwG fest, mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung vom 7. September 2016 sei unstrittig für den Verbrauchermarkt (Revisionswerberin) sowie den Fachmarkt (Drogeriemarkt) eine Betriebsanlagengenehmigung (Teile I. und II.) sowie eine baubehördliche Bewilligung (Teil III.) rechtskräftig erteilt worden.

8 Nach Ansicht der Revisionswerberin sei der in Rede stehende Werbeturm nicht nur betriebsanlagenrechtlich genehmigt, sondern (in Teil III.) auch nach den baurechtlichen Bestimmungen bewilligt worden, zumal diese Werbeanlage Teil des Einreichprojektes gewesen sei und auch vom Spruch des baurechtlichen Bescheidteiles (Auflagenpunkt 12.) umfasst sei.

9 Dem sei ‑ so das LVwG weiter ‑ entgegenzuhalten, dass in den Spruchteilen I. und II. (des genannten Bescheides) hinsichtlich des Umfangs der gewerbebehördlichen Genehmigung die Werbemaßnahmen (unter den technischen Einrichtungen) jeweils ausdrücklich angeführt seien, während dies in Teil III. nicht der Fall sei. Auflagenpunkt 12. der Baubewilligung befasse sich zwar mit der Ausführung der Werbeanlagen. Dieser Auflagenpunkt sei in der Verhandlung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung am 20. Juli 2016 von der bautechnischen Sachverständigen offensichtlich überschießend unter der Prämisse, es bestehe aus ihrer Sicht „... kein Einwand gegen die baubehördliche Bewilligung sowie gewerbebehördliche Genehmigung, wobei nachstehende Punkte in Auflagenform bescheidmäßig zu übernehmen sind ...“, formuliert und so in den baurechtlichen Teil des Bescheides übernommen worden. Es wäre also korrekterweise diese Auflage nur im betriebsanlagenrechtlichen Teil des Bescheides vorzuschreiben gewesen, abgesehen davon, dass die Auflage ja auch aufgrund ihrer Unbestimmtheit („... entsprechend den einschlägigen ÖNORMEN und nach statischen Erfordernissen ...“) nicht verifizierbar und somit exekutierbar sei, daher offensichtlich in Wahrheit einen Hinweis auf die einschlägigen technischen Grundlagen und nicht eine Auflage im rechtlichen Sinn darstelle.

10 Es sei nicht der Wille der Bezirksverwaltungsbehörde gewesen, den Werbeturm (auch) einer Baubewilligung zuzuführen. Dies gehe auch aus einem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung an die Marktgemeinde Straßwalchen vom 6. Juni 2017 eindeutig hervor. Darin werde unter Verweis auf die Bestimmungen des BauPolG dargetan, dass der besagte Werbeturm kein Bau im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 leg. cit. sei, weil es sich nicht um ein überdachtes oder überdecktes Bauwerk, das von Menschen betreten werden könne und wenigstens einen Raum zum Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung von Sachen umfasse, handle (§ 1 leg. cit.). Auch eine baubewilligungspflichtige Maßnahme nach § 2 Abs. 1 Z 3 BauPolG liege nicht vor, weil die gegenständliche Werbeanlage nicht im Sinn der genannten Bestimmung an einem Gebäude angebracht, sondern freistehend errichtet worden sei. Da somit keine baubewilligungspflichtige Ankündigungsanlage bestehe, komme auch der Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 1 Z 5 OrtsbildschutzG nicht zum Tragen.

11 Aufgrund dieser zutreffenden Rechtsausführung ‑ so führte das LVwG weiter aus ‑ sei daher festzustellen, dass der besagte Werbeturm von der Baubewilligung des angeführten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung nicht umfasst gewesen sei und ‑ da eine Baubewilligungspflicht für diese Werbeanlage nicht bestehe ‑ somit nicht in die delegierte Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde falle. Die Belange des Ortsbildschutzes seien daher gemäß den Bestimmungen des OrtsbildschutzG (§ 36 leg. cit.) vom Bürgermeister bzw. im Rechtsmittelweg von der Gemeindevertretung wahrzunehmen.

12 Die im gegenständlichen Verfahren eingeschrittenen Behörden seien ‑ unter Beiziehung des bautechnischen Amtssachverständigen ‑ zur Auffassung gelangt, dass die Aufstellung des Werbeturms als private, im Ortsbild in Erscheinung tretende Ankündigung zu Reklamezwecken vorher der Ortsbildschutzbehörde, also dem Bürgermeister der Marktgemeinde Straßwalchen, gemäß § 4 leg. cit. anzuzeigen gewesen wäre.

13 Da dies aber nicht erfolgt sei, sei vom Bürgermeister ein Entfernungsverfahren gemäß § 8 OrtsbildschutzG eingeleitet worden.

14 Das LVwG habe ein eigenes Sachverständigengutachten erstellen lassen und den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht. Der Rechtsvertreter der Revisionswerberin habe zu diesem Gutachten des Sachverständigen in der Beschwerdeverhandlung ausgeführt, dass dessen Ergebnis, wonach hinsichtlich des Werbeturms eine gewisse Auffälligkeit im Ortsbild gegeben sei, von der revisionswerbenden Partei geteilt werde. Damit werde aber auch seitens der Revisionswerberin eine Anzeigepflicht hinsichtlich dieser Werbemaßnahme gemäß § 4 OrtsbildschutzG nicht in Abrede gestellt.

15 Eine solche Anzeige sei aber nicht erfolgt. Der Antrag auf Baubewilligung der oben angeführten Betriebsbauten könne nicht auch eine Anzeige gemäß § 4 leg. cit. umfassen, weil dies weder vom Wortlaut noch von der Behördenzuständigkeit umfasst wäre.

16 Liege aber keine Anzeige vor, sei gemäß § 8 leg. cit. von der Behörde die Ankündigungsanlage zu entfernen bzw. deren Entfernung zu veranlassen.

17 Die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 1 Z 2 OrtsbildschutzG greife nicht. Schon das Vorliegen des Merkmals der „am Standort der Geschäfts- oder Betriebsstätte angebrachte Bezeichnung dieser“ sei zumindest zweifelhaft, weil dem Wortsinn nach damit wohl nicht die Namensbezeichnung des Unternehmens gemeint sei, sondern die Art der Betriebsstätte (etwa Gasthaus, Tischlerei, etc.). Vor allem aber ‑ und das thematisiere die Beschwerde nicht ‑ dürfe ein „übliches Maß“ nicht überschritten werden. Nun habe aber der vom LVwG befasste Sachverständige in seinem Gutachten klar ausgeführt, dass der gegenständliche Werbeturm mit einer Höhe von 17 Metern und einer Fläche von ca. 35 m2 das standortübliche Maß (bisher: Stele eines (anderen) Marktes mit einer Höhe von etwa 6 Metern) deutlich übersteige. Ein Ausnahmefall des § 9 Abs. 1 Z 2 leg. cit. sei daher nicht gegeben.

18 Da keine Anzeige dieser Ankündigung gemäß § 4 OrtsbildschutzG beim Bürgermeister als Ortsbildschutzbehörde eingegangen sei, sei auch keine Untersagungsfrist gemäß § 5 leg. cit. gelaufen. Die von der Beschwerde ins Treffen geführte ausdrückliche Zustimmung der Gemeinde im Sinn dieser Bestimmung hätte aber einer solchen Anzeige bedurft. Die als solche Zustimmung in der Beschwerde gewertete Äußerung des Vertreters der Gemeinde im Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung sei in Wahrheit eine solche hinsichtlich der Betriebsanlagengenehmigung bzw. der Baubewilligung für den Verbraucher- und Fachmarkt und könne daher nicht in eine Zustimmung zur Aufstellung des gegenständlichen Werbeturms nach dem OrtsbildschutzG umgedeutet werden.

19 Zutreffend sei daher die Entfernung dieser ortsbildwidrigen Ankündigung verfügt worden.

20 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

21 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

22 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

23 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

24 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision werden als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung jene formuliert,

„ob ein im Rahmen der Bestimmungen des § 356b Abs 2 Gewerbeordnung iVm § 1 Bau‑Delegierungsverordnung 1998 für den Bezirk Salzburg‑Umgebung‑Flachgau, Sbg. LGBl. Nr. 84/1998 idgF von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Gewerbe- und Baubehörde erlassener gewerbebehördlicher Genehmigungsbescheid und eine gleichzeitig erteilte baubehördliche Genehmigung, die Genehmigung für die Errichtung einer in den Einreichunterlagen detailliert beschriebenen Werbeanlage mitumfasst, sowie

- ob ein im Spruch und einem Auflagenpunkt eines baubehördlichen Genehmigungsbescheides konkret angeführtes Objekt Bestandteil eines im Rahmen der Bestimmungen des § 356b Abs 2 Gewerbeordnung iVm § 1 Bau‑Delegierungsverordnung 1998 für den Bezirk Salzburg‑Umgebung‑Flachgau, Sbg. LGBl. Nr. 84/1998 idgF von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Gewerbe- und Baubehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens geworden ist.“

25 Damit wird fallbezogen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.

26 Nach der dargestellten, näher begründeten Beurteilung des LVwG sei der in Rede stehende Werbeturm mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg‑Umgebung vom 7. September 2016 nicht nach baurechtlichen Bestimmungen bewilligt worden.

27 Die Auslegung des Inhaltes eines Bescheides geht in der Regel nicht über die Bedeutung im Einzelfall hinaus. Die Auslegung eines Bescheides oder einer Erklärung im Einzelfall wäre nur dann in diesem Sinn als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0128, mwN).

28 Davon ist im gegenständlichen Fall nicht auszugehen.

29 Aber selbst wenn man (im Hinblick auf den erwähnten Auflagenpunkt 12. der Baubewilligung) von einer ‑ gegebenenfalls „irrtümlich“ erfolgten ‑ Bewilligung des Werbeturmes nach baurechtlichen Bestimmungen durch den genannten Bescheid vom 7. September 2016 ausginge, ist vorliegend entscheidend, dass die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung der Beurteilung des LVwG, wonach eine Baubewilligungspflicht für diese Werbeanlage nicht bestehe, der Werbeturm demnach nicht in die delegierte Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde falle, Belange des Ortsbildschutzes gemäß den Bestimmungen des OrtsbildschutzG vom Bürgermeister wahrzunehmen gewesen seien und bezüglich des Werbeturmes eine Anzeigepflicht gemäß § 4 OrtsbildschutzG bestanden habe, nicht substantiiert entgegentritt.

30 Unter dem Aspekt einer nicht bestehenden Baubewilligungspflicht kann durch eine allenfalls von einer für Angelegenheiten des OrtsbildschutzG gar nicht zuständigen Behörde erteilte „baurechtliche Bewilligung“ (auch) für die Errichtung des Werbeturmes die diesbezüglich nach § 4 OrtsbildschutzG bestehende Anzeigepflicht (hier: an den Bürgermeister der Marktgemeinde Straßwalchen) nicht umgangen bzw. nicht ersetzt werden (vgl. dazu auch § 9 Abs. 1 Z 5 OrtsbildschutzG).

31 Der Hinweis, dass „die Marktgemeinde Straßwalchen“ im baubehördlichen und gewerbebehördlichen Ermittlungsverfahren Parteistellung gehabt habe, vermag daran nichts zu ändern.

32 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2021

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