VwGH Ra 2018/04/0175

VwGHRa 2018/04/01755.3.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz‑Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa‑Janovsky, in der Revisionssache des Mag. M T in L, vertreten durch Mag.phil. Mag. Dr. Verena Rastner, Rechtsanwältin in 9900 Lienz, Johannesplatz 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 31. Juli 2018, Zl. LVwG‑2018/32/0962‑9, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lienz), den Beschluss gefasst:

Normen

BTVG 1997 §2 Abs1
BTVG 1997 §2 Abs4
B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §1 Abs4
GewO 1994 §366 Abs1 Z1
GewO 1994 §9 Abs1
GewO 1994 §93 Abs3
GewO 1994 §94 Z35
VStG §9 Abs1
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018040175.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 19. März 2018 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten zu haben, dass seitens der S GmbH (in Hinblick auf näher dargestellte Umstände) das Gewerbe der „Immobilientreuhänder in der Form Bauträger“ ausgeübt worden sei, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein. Dadurch habe der Revisionswerber § 9 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 366 Abs. 1 Z 1, § 94 Z 35 und § 93 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) verletzt und es wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 3.000,‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: elf Tage und zwölf Stunden) verhängt.

2 2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 31. Juli 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Tirol der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers insofern Folge, als die verhängte Geldstrafe auf € 2.400,‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: neun Tage) herabgesetzt und die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z 1 VStG) wie folgt neugefasst wurde:

„Die [...] GmbH mit Sitz in A hat vom 10.11.2017 bis 26.01.2018 auf der Homepage xxx[...] zumindest die Wohnung Top 2 im Haus West (Grundstück [...]) und zumindest die Wohnungen Top 9, Top 11 und Top 13 im Haust Ost (Grundstück [...]) sowie Wohnungen auf diesem Grundstück durch Anbringung eines Hinweiszeichens auf dem Gebäude (dieses Hinweiszeichen war zur [...] Straße in 9900 Lienz gerichtet), auf dem wie folgt ausgeführt war: ‚NOCH FREIE WOHNUNGEN‘, Zeile darunter ‚2-Zimmer Wohnung mit 75 m2 und 3 Zimmer Wohnung mit 83 m2‘ und Zeile darunter ‚Gartenwohnungen 100, 125, 140 m2 bis zu 170 m2 Privatgarten‘, Zeile darunter ‚Alle Wohnungen mit helle und großzügigen Tiefgaragenplätzen‘, Zeile darunter ‚Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Besichtigungstermin!‘, Zeile darunter ‚+43 (0) 664 [...] I office…[...] I xxx[...].at‘, alleTextzeilen links und rechts flankiert mit ‚S[...]‘ und eine Zeile darunter ‚wohnen in Lienz‘ (oberhalb des Wortes ‚S[...]‘ befindet sich jeweils eine Logo), einem größeren Kreis von Personen angeboten, was die Ausübung des Gewerbes ‚Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Bauträger‘ gleichzuhalten ist. Die S[...] GmbH war bei der Errichtung der angebotenen Wohnungen als Bauträger tätig. Im Gewerberegister war im Zusammenhang mit dem vorgenannten Gewerbe im Zeitraum vom 27.02.2017 zum 26.04.2018 das Ruhen berücksichtigt. Während der vorgeworfenen Tatzeit war Herr Mag. M[...] T[...] handelsrechtlicher Geschäftsführer der S[...] GmbH.“

Zudem hätten die verletzten Rechtsvorschriften „§ 93 Abs 3 iVm § 94 Z 35, § 117 Abs 4, § 1 Abs 4 und § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994“ zu lauten und werde der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens mit € 240,- neu festgesetzt.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2.2. In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht ‑ in Übereinstimmung mit der im Spruch als erwiesen angenommenen Tat (siehe oben) ‑ fest, dass auf der Homepage der S GmbH vom 10. November 2017 bis 26. Jänner 2018 zumindest die näher bezeichneten Wohnungen in den Häusern „West“ und „Ost“ angeboten worden seien. An dem ‑ auf dem betreffenden Grundstück befindlichen ‑ Gebäude sei zudem während dieses Zeitraumes ein Hinweiszeichen mit näher beschriebenem Inhalt angebracht gewesen. Dadurch habe die S GmbH, die bei der Errichtung der Wohnungen als Bauträger tätig gewesen sei, Wohnungen einem größeren Kreis von Personen angeboten. Während der vorgeworfenen Tatzeit sei Mag. M T handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH gewesen. Im Gewerberegister sei in Zusammenhang mit dem vorgenannten Gewerbe durch die S GmbH im Zeitraum 27. Februar 2017 bis 26. April 2018 das Ruhen berücksichtigt gewesen. Die S GmbH habe bei der Errichtung der Wohnungen als Bauträger fungiert. Eigentümer der Liegenschaft sei ursprünglich der Revisionswerber gewesen. Dieser sei weiterhin Miteigentümer.

3 Das Verwaltungsgericht kam in seiner Beweiswürdigung unter anderem zum Ergebnis, dass nach dem ‑ durch vorliegende (übereinstimmende) Ausdrucke der Homepage belegten ‑ Internetauftritt und dem während der Tatzeit nachweislich am Gebäude angebrachten Hinweiszeichen ein größerer Kreis von Personen angesprochen worden sei.

4 Gemäß § 2 Abs. 1 Bauträgervertragsgesetz sei ein Bauträgervertrag ein Vertrag über den Erwerb des Eigentums, des Wohnungseigentums, des Baurechts, des Bestandrechts oder eines sonstigen Nutzungsrechts einschließlich Leasings an zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäuden, Wohnungen oder Geschäftsräumen, wobei gemäß Abs. 4 leg. cit. ein Bauträgervertrag auch dann vorliege, wenn zwar der Erwerber sein Recht an der Liegenschaft von einem Dritten erwirbt, dieser Vertrag aber mit dem Vertrag über die Errichtung oder durchgreifende Erneuerung des Gebäudes, der Wohnung oder des Geschäftsraums eine wirtschaftliche Einheit bilde.

Ausgehend davon hielt das Verwaltungsgericht dem Beschwerdevorbringen, wonach das Anbieten der Wohnungen auf Vermieten gerichtet gewesen wäre, entgegen, dass es keinen Unterschied mache, ob die in Rede stehenden Wohnungen zur Miete oder zum Kauf angeboten worden seien, weil auch sonstige Nutzungsrechte von einem Bauträgervertrag umfasst sein könnten. In Hinblick auf § 2 Abs. 4 Bauträgervertragsgesetz schade es auch nicht, dass das Mietrecht vom Revisionswerber als (Mit)Eigentümer abgeleitet worden sei.

5 Auf Grund des objektiven Inhalts der Homepage und des Hinweiszeichens am Gebäude könne dem Beschwerdevorbringen aber ohnehin nicht gefolgt werden, dass die Objekte lediglich zur Vermietung angeboten worden seien. Der objektive Gehalt sei deshalb ausschlaggebend, weil das Gleichhalten im Sinn des § 1 Abs. 4 GewO 1994 auf einen größeren Kreis von Personen abstellt. Es sei daher das Anbieten dahingehend zu beurteilen, wie es von diesem Personenkreis wahrgenommen werde und nicht wie es sich aus der Sicht des Revisionswerbers darstelle. Auf der (zwischenzeitlich abgeschalteten) Homepage habe sich kein Hinweis gefunden, dass lediglich das Vermieten angeboten worden sei. Dies habe der Revisionswerber auch im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst eingeräumt. Auf der Internetseite, auf der man die hier gegenständlichen Wohnungen angeboten habe, sei auch ersichtlich, dass Wohnungen bereits verkauft gewesen seien. Daraus könne bei objektiver Betrachtung dieser Seite der Schluss gezogen werden, dass die noch verfügbaren Wohnungen ebenfalls zum Verkauf gestanden seien. Sofern sich bei einer nachfolgenden Kontaktaufnahme dann herausstellen sollte, dass ‑ wie vom Revisionswerber in drei Fällen glaubhaft vorgebracht bzw. unter Beweis gestellt ‑ die Wohnungen lediglich zur Miete angeboten worden seien, erweise sich dies in Zusammenhang mit dem hier vorgeworfenen Anbieten im Sinn des § 1 Abs. 4 GewO 1994 auf Grund des objektiven Inhalts der Internetseite als unerheblich. Gleiches gelte im Übrigen für das Hinweiszeichen. Auch bei dessen Betrachtung komme für einen objektiven Leser insbesondere der Verkauf der Wohnungen in Betracht.

6 Der Revisionswerber habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ‑ bei der Errichtung der in Rede stehenden Wohnungen als Bauträgerin agierenden ‑ S GmbH zu verantworten, dass diese während der Ruhendmeldung des Bauträgergewerbes Tätigkeiten über das Internet und ein Hinweiszeichen auf dem Gebäude einem größeren Kreis von Personen angeboten habe, für das zumindest das Bauträgergewerbe erforderlich gewesen sei. Nach § 93 Abs. 3 GewO 1994 sei eine Gewerbeausübung während des im GISA berücksichtigten Ruhens unzulässig. Das gegenständliche Anbieten auf der Homepage der Bauträgerin und das Anbringen des Hinweiszeichens seien der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten.

7 Insofern sei der Revisionswerber strafbar nach § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994. Er habe den objektiven Tatbestand der ihm zu Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt. Es folgen Ausführungen zur subjektiven Tatseite und zur Strafbemessung.

8 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 4. In der außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass es im vorliegenden Fall um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gehe, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der zu lösenden Rechtsfrage fehle.

Nach näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Bezugnahme auf den gegenüber dem Revisionswerber ergangenen Beschluss VwGH 20.5.2015, Ra 2015/04/0026) liege die als wesentliches Element für die Tätigkeit als Bauträger angesehene Drittbeziehung bereits dann vor, wenn während der Realisierung des Bauwerks das Eingehen einer Verpflichtung gegenüber Dritten beabsichtigt sei. Die Verpflichtung müsse in dieser Phase noch nicht zwingend eingegangen worden sein. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof gestützt auf die Feststellung geschlossen, dass der Verkauf der von der S GmbH errichteten Wohnungen in Zeitungen und auf Internetseiten beworben worden wäre. Im ‑ ebenfalls gegenüber dem Revisionswerber ergangenen ‑ Erkenntnis VwGH 26.6.2018, Ra 2017/04/0151, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Verwaltungsgericht zum Tatbestandselement der Ausübung des Gewerbes in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gekommen sei, die festgestellten Werbemaßnahmen (das Betreiben der Homepage sowie das Aufhängen des Schildes mit jeweils näher dargestelltem Inhalt) seien als Anbieten von Leistungen des Bauträgergewerbes durch die S GmbH zu werten.

12 Es bestehe aber keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier gegenständlichen Rechtsfrage, ob auch das Anbieten von Wohnungen, die im grundbücherlichen Eigentum einer von Bauträger verschiedenen Person stehen, zur Miete auf der Homepage und einem am betreffenden Gebäude angebrachten Hinweisschild durch den seinerzeitigen Bauträger des Gebäudes, Jahre nach Fertigstellung des Bauvorhabens, als Anbieten von Leistungen des Bauträgergewerbes zu werten sei.

13 5. Beruht ein Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird in Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt, so erweist sich die Revision als unzulässig (vgl. etwa VwGH 23.6.2020, Ra 2018/04/0181, mwN).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht in seiner Begründung zwar ‑ gestützt auf das Bauträgervertragsgesetz ‑ ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob die Wohnungen zur Miete oder zum Kauf angeboten worden seien, weil auch sonstige Nutzungsrechte von einem Bauträgervertrag umfasst sein könnten, wobei es auch nicht schade, dass das Mietrecht vom Revisionswerber als (Mit)Eigentümer abgeleitet worden sei. In der Folge wurde vom Verwaltungsgericht jedoch auch ausdrücklich klargestellt, dass auf Grund des objektiven Inhalts der Homepage und des Hinweiszeichens am Gebäude die Objekte nicht ausschließlich zur Vermietung angeboten worden seien. Für den objektiven Betrachter komme somit insbesondere der Verkauf der Wohnungen in Betracht.

14 Wenn die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit daher vorbringt, es fehle Rechtsprechung dazu, ob auch das Anbieten von (nicht im grundbücherlichen Eigentum des Bauträgers stehenden) Wohnungen zur Miete auf der Homepage und einem am betreffenden Gebäude angebrachten Hinweisschild durch den Bauträger des Gebäudes als Anbieten von Leistungen des Bauträgergewerbes zu werten sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass es darauf im vorliegenden Fall nicht ankommt, zumal sich die Revision gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach die verfügbaren Wohnungen auch zum Verkauf angeboten worden seien, gar nicht wendet. Dem Vorbringen, wonach die angebotenen Wohnungen nicht im grundbücherlichen (Allein)Eigentum des Bauträgers gestanden seien, wurde bereits im hg. Erkenntnis VwGH Ra 2017/04/0151 entgegengetreten.

15 6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. März 2021

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