VwGH Ra 2020/14/0076

VwGHRa 2020/14/007628.2.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. September 2019, L512 2125006-1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BAG 1969 §14 Abs2 litf
BFA-VG 2014 §9
BFA-VG 2014 §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140076.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 9. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. 2 Mit Bescheid vom 10. März 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Pakistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis - mit einer hier nicht weiter wesentlichen Maßgabeentscheidung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 3 Mit Beschluss vom 12. Dezember 2019, E 3985/2019-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die vorliegende Revision wendet sich in ihrem "Zulassungsantrag" gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung erfolgte Interessenabwägung. Sie bringt in diesem Zusammenhang vor, dass die Bestimmung des § 14 Abs. 2 lit. f Berufsausbildungsgesetz (BAG) verfassungswidrig sei. Es stelle sich weiters die Rechtsfrage, ob die Rechtssache vor dem Verwaltungsgerichtshof noch dieselbe sei wie vor dem Verfassungsgerichtshof, weil dieser die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.

8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

9 Um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, ist auf die vorliegende Rechtssache bezogen darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0453, mwN). Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision mit dem Vorbringen bezüglich der vom Verfassungsgerichtshof zuerkannten aufschiebenden Wirkung nicht, aufzuzeigen, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorlägen.

10 Soweit sich die Revision gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 20.11.2019, Ra 2019/14/0526, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits festgehalten, dass die Berücksichtigung einer Lehre oder einer Berufsausübung als öffentliches Interesse zugunsten des Fremden nicht dem Gesetz entspricht (vgl. zur Berücksichtigung von Lehrverhältnissen bei der Interessenabwägung VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN; vgl. auch VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289, mwN).

11 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im Rahmen einer als nicht unvertretbar zu beurteilenden Interessenabwägung mit den zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Umständen auseinandergesetzt. Es hat insbesondere das Lehrverhältnis und die Selbsterhaltungsfähigkeit einbezogen. In der Revision wird nicht aufgezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Gewichtung der fallbezogen entscheidungswesentlichen Umstände von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen abgewichen wäre.

12 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit der Revision nicht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit genereller Normen begründet werden kann. Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall bereits festgehalten, dass der Bundesgesetzgeber mit der Bestimmung des § 14 Abs. 2 lit. f BAG seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten habe (vgl. dazu VwGH 30.12.2019, Ra 2019/18/0498, mit Hinweis auf VfGH 12.6.2019, E 1057/2019).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2020

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