VwGH Ra 2020/06/0106

VwGHRa 2020/06/010611.5.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart‑Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision des M S in T, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 2. März 2020, LVwG‑318‑106/2019‑R14, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Tschagguns; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13a
BauG Vlbg 2001 §40 Abs1 idF 2017/047
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060106.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom 8. Oktober 2019, mit welchem ihm gemäß § 40 Abs. 1 lit. b Vorarlberger Baugesetz (BauG) die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung eines als Zubau zu einem auf einer näher bezeichneten Liegenschaft bestehenden Gebäude ausgeführten Pkw-Unterstandes binnen einer näher bestimmten Frist aufgetragen worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung aus, dass sich der Zubau in einem im Flächenwidmungsplan als Freifläche Freihaltegebiet ausgewiesenen Bereich befinde und für diesen weder eine Baubewilligung noch eine Ausnahmebewilligung vorliege. Da die Voraussetzungen für eine nachträgliche Bewilligung des gegenständlichen Zubaus auf Grund der aktuellen Flächenwidmung nicht gegeben seien, sei zu Recht ein Auftrag nach § 40 Abs. 1 lit. b BauG erteilt worden und eine Aufforderung an den Revisionswerber, sich innerhalb eines Monats um eine nachträgliche Baubewilligung zu bemühen, nicht geboten gewesen.

6 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt der Revisionswerber aus, die Revision sei zur Klärung der Frage zulässig, ob bei einem Widerspruch des Bauvorhabens gegen den geltenden Flächenwidmungsplan von einem Vorgehen nach § 40 Abs. 1 BauG jedenfalls „abzusehen“ sei, wie dies das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung annehme. Nach Ansicht des Revisionswerbers differenziere § 40 Abs. 1 BauG nicht nach dem Grund der Beanstandung. Allein der Umstand, dass das gegenwärtige Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche, sei kein Grund, eine Aufforderung „zu einem Bauantrag bzw. Baubewilligung“ zu unterlassen. Der Widerspruch eines Bauvorhabens gegen den Flächenwidmungsplan alleine rechtfertige es nicht, seitens der Baubehörde von einem Vorgehen nach § 40 Abs. 1 BauG abzuweichen. Nach Ansicht des Revisionswerbers treffe die Ansicht, wonach bei einem Widerspruch eines Bauvorhabens zum Flächenwidmungsplan § 40 Abs. 1 BauG stets unanwendbar sei, nicht zu.

7 Zudem hätten weder die belangte Behörde noch das Verwaltungsgericht Feststellungen im Sinn des § 58 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über die Raumplanung getroffen.

8 Weiters sei der Bescheid vom 8. Oktober 2019 vom Bürgermeister der Gemeinde T. nicht unterfertigt worden; er verstoße gegen § 50 Abs. 1 BauG und sei „vom unzuständigen Organwalter“ unterfertigt worden. Auch hier bestehe ein Klarstellungsbedarf des Verwaltungsgerichtshofes und es liege keine Rechtsprechung vor.

9 Schließlich liege auch ein Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wonach der Revisionswerber anzuleiten sei, damit sein Vorhaben genehmigungsfähig werde. Er sei jedoch gar nicht aufgefordert worden, „einen Bauantrag bzw. eine Bauanzeige zu stellen oder auch eine Ausnahmegenehmigung nach § 22 Raumplanungsgesetz ‑ RPG zu beantragen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Das Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die - seiner Ansicht nach zu Unrecht unterlassene - Anwendung des § 40 Abs. 1 BauG bezieht sich offenbar auf die vor der Novelle LGBl. Nr. 47/2017 geltende Rechtslage, wonach maßgebliche Voraussetzung für die Erteilung eines Auftrages zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes die nicht fristgerechte Erfüllung der zuvor erfolgten behördlichen Aufforderung, einen Bauantrag zu stellen bzw. eine Bauanzeige einzubringen, oder die Versagung der Baubewilligung bzw. Untersagung der Bauanzeige, war. § 40 Abs. 1 BauG in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 47/2017 sieht nach seinem insoweit klaren Wortlaut hingegen ein Ermessen der Baubehörde vor, ob eine solche Aufforderung, einen Bauantrag zu stellen bzw. eine Bauanzeige einzubringen, oder eine sofortige Verfügung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes ergehen soll (vgl. dazu auch die Erläuterungen zur besagten Novelle, RV 33 BlgLT XXX. GP). Das Vorbringen zur (ehedem) jedenfalls zu erfolgenden Aufforderung, einen Bauantrag zu stellen bzw. eine Bauanzeige einzubringen, geht somit ins Leere.

11 Darüber hinaus hat sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis mit der Bestandsregelung des § 58 RPG auseinandergesetzt und im Einzelnen begründend dargelegt, dass die in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Vorwurf der mangelnden Auseinandersetzung mit dieser Bestimmung trifft daher nicht zu.

12 Zudem trifft auch das Vorbringen des Revisionswerbers, der baubehördliche Bescheid sei nicht vom Bürgermeister erlassen bzw. unterfertigt worden nicht zu, zumal dieser Bescheid die Fertigungsklausel „Der Bürgermeister:“ samt Beifügung des Namens und der Paraphe des Bürgermeisters enthält.

13 Soweit der Revisionswerber ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von höchstgerichtlicher Rechtsprechung behauptet, wird die Revision schon nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes dargetan wird, von welcher hg. Rechtsprechung seiner Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0059, mwN). Im Übrigen umfasst die Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG Rechtshandlungen außerhalb des vor der Behörde geführten Verfahrens von vornherein nicht (vgl. VwGH 30.4.2013, 2011/05/0128, mwN). Da, wie bereits dargelegt, die Baubehörde nunmehr die sofortige Verfügung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes anordnen kann, bestand für die Baubehörde kein Anlass, den Revisionswerber auf die Möglichkeit einer Antragstellung hinzuweisen.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. Mai 2020

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