Normen
AVG §52
JagdG NÖ 1974 §39 Abs7
JagdG NÖ 1974 §39 Abs7 idF 6500-16
JagdRallg
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020030103.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die belangte Behörde hatte mit Bescheid vom 26. November 2019 gemäß § 39 NÖ Jagdgesetz 1974 (NÖ JG) den am 6. Juni 2019 gefassten Beschluss des Jagdausschusses der erstmitbeteiligten Jagdgenossenschaft über die im Wege der freien Vereinbarung vorgenommene Verpachtung der Genossenschaftsjagd M‑F‑U an die zweitmitbeteiligte Jagdgesellschaft für die Jagdperiode 1. Jänner 2020 bis 31. Dezember 2028 bestätigt und Anträge (u.a.) des Revisionswerbers auf Aufhebung des Beschlusses abgewiesen.
2 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ die Beschwerde (u.a.) des Revisionswerbers gegen den behördlichen Bescheid abgewiesen; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.
3 Das Verwaltungsgericht traf ‑ auf das für das nunmehrige Revisionsverfahren Wesentliche zusammengefasst ‑ folgende Feststellungen: Das gegenständliche Genossenschaftsjagdgebiet weise eine Fläche von ca. 300 ha auf, liege im mittleren Teil des M‑Tales und werde von näher genannten Genossenschaftsjagdgebieten umschlossen. Die Gemeinde M besitze eine Gesamtfläche von ca. 3.400 ha und sei zu ca. 74 % bewaldet. Das gegenständliche Genossenschaftsjagdgebiet liege in einem etwa 40.000 ha umfassenden Rotwildkerngebiet. Die Pachtschillinge der Genossenschaftsjagdgebiete M, K, DWI und DWIII seien mit ca. 39.--bis 42.-- Euro pro Hektar höher als beim gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet (Euro 20.--pro Hektar); das an das gegenständliche Genossenschaftsjagdgebiet anschließende Genossenschaftsjagdgebiet DWII sei jedoch ebenso um 20.-- Euro pro Hektar verpachtet. Diese beiden Jagdgebiete seien hinsichtlich der Größenausstattung etwa gleich, ebenso hinsichtlich der Abschusszahlen der letzten acht Jahre. In den Genossenschaftsjagdgebieten M und K seien in den letzten Jagdperioden vier verschiedene Schalenwildarten erlegt worden (Reh‑, Rot-, Muffel- und Gamswild), im gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet ebenso wie im Genossenschaftsjagdgebiet DWII nur drei (Rot-, Reh- und Muffelwild).
4 Im gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet sei es in den letzten Jahren zu einem hohen Rotwildabschuss von etwa 6 Stück pro 100 Hektar gekommen, was auf Wildbestände hinweise, die zwangsläufig Schäden im Wald und in der Landwirtschaft verursachten; tatsächlich sei es hier in den letzten Jahren auch immer wieder zu Wildschäden (Ernteausfall, Verbiss- und Schälschäden) gekommen. Ausgehend von den Ausführungen des jagdfachlichen Amtssachverständigen führten diese Schäden im gegenständlichen Jagdgebiet zu Jahresverlusten von etwa 6.600.‑ ‑ Euro bis 8.200.‑ ‑ Euro jährlich. Würde das gegenständliche Genossenschaftsjagdgebiet um 40.‑ ‑ Euro pro Hektar verpachtet (Gesamtjahrespachtzins von 12.000.-- Euro) und der Verlust durch die Wildschäden in Abzug gebracht, verbliebe ein Betrag von etwa 6000.‑ ‑ Euro jährlich, was im Wesentlichen dem vereinbarten Pachtzins entspreche.
5 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes dar: Ausgehend von § 39 Abs. 7 NÖ JG sei der Revisionswerber als Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen im Genossenschaftsjagdgebiet und damit Mitglied der Jagdgenossenschaft nur berechtigt, ein allfälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Jagd und dem Jagdpachtzins geltend zu machen, nicht aber andere Umstände gegen die Gültigkeit des Beschlusses des Jagdausschusses über die Jagdvergabe.
6 Es sei daher zunächst der Wert der Jagd ‑ im Rahmen einer „vergleichenden Situationsanalyse“ ‑ zu prüfen und dabei die zu prüfende Jagd vergleichbaren gegenüberzustellen. Ähnelten diese der zu prüfenden Jagd etwa hinsichtlich des Anteils der Waldausstattung, des Wildbestandes, aber auch des Schadensausmaßes, reduziere sich die Überprüfung weitgehend auf den Vergleich der erzielten Jagdpachtschillinge. In diesem Zusammenhang habe der jagdfachliche Amtssachverständige unter Berufung auf entsprechendes Zahlenmaterial nachvollziehbar und schlüssig darauf hingewiesen, dass eine ausschließlich monetäre Quantifizierung der Jagden ergebe, dass die im gegenständlichen wie auch im Genossenschaftsjagdgebiet DWII erzielten Pachtzinse deutlich unterhalb jener in den angrenzenden Genossenschaftsjagdgebieten lägen (die monetäre Differenz liege bei etwa 43 %). Beziehe man aber auch die negativen und positiven Faktoren des Jagdwerts mit ein, sei jedenfalls die Wildschadenssituation im gegenständlichen Jagdgebiet von wesentlicher Bedeutung: Bei Abzug der Verluste durch Wildschäden errechne sich ein verbleibender Wert von 6000.--, was etwa einem Betrag von Euro 20.--pro Hektar an Pachtzins entspreche.
7 Auch nur „bei Heranziehung der Vergleichswertmethode“ bestehe ein angrenzendes Genossenschaftsjagdgebiet mit einem Jagdpachtzins von gleichfalls 20.-- Euro pro Hektar. Jedenfalls aber unter Berücksichtigung der Wildschadensproblematik stehe der Pachtzins für das gegenständliche Genossenschaftsjagdgebiet nicht in einem krassen Missverhältnis zum Wert der Jagd.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst Folgendes geltend:
13 Das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 24.9.2019, Ra 2019/03/0072) ab, weil entgegen dessen Vorgaben nicht vergleichbare Jagdgebiete und Pachtentgelte dem gegenständlichen gegenübergestellt worden seien, sondern das Verwaltungsgericht lediglich ausgeführt habe, dass der Wildschaden in vielen Fällen über das Pachtentgelt hinausgehe und deshalb der Wert von 20.-- Euro pro Hektar angemessen sei. Dabei sei übersehen worden, dass die Wildschäden in den angrenzenden, vergleichbaren Jagdgebieten ident seien; hingegen sei das Pachtentgelt dort nahezu doppelt so hoch.
14 Zudem fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die Überprüfung des Beschlusses des Jagdausschusses durch die Bezirksverwaltungsbehörde nach § 39 Abs. 7 NÖ JG auch das rechtswirksame Zustandekommen des Beschlusses umfassen hätte müssen, was deshalb relevant sei, weil der genannte Beschluss (mit drei Prostimmen, einer Kontrastimme und zwei Stimmenthaltungen) keine mehrheitliche Zustimmung zum Abschluss des Jagdpachtvertrags ergeben habe.
15 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicherBedeutung zu lösen hätte.
16 Gemäß 39 Abs. 5 NÖ JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde binnen acht Wochen ab Einlangen der Anzeige des Beschlusses über die im Wege der freien Vereinbarung vorgenommene Verpachtung diesem die Genehmigung zu versagen, wenn die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 bis 3 NÖ JG nicht vorliegen, die Bestimmungen der §§ 22, 25 Abs. 2, 26, 27 und 29 Z 1 NÖ JG nicht eingehalten wurden oder der Beschluss sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes oder einer aufgrund dessen erlassenen Verordnung widerspricht.
17 Hingegen ist die Überprüfungsmöglichkeit der Mitglieder des Jagdausschusses beschränkt: Ihnen ‑ und damit auch dem Revisionswerber ‑ kommt gemäß § 39 Abs. 7 NÖ JG das Recht zu, einen begründeten Antrag auf Überprüfung der Höhe des Pachtschillings zu stellen. Ein darüber hinausgehendes subjektives Recht bezüglich der Überprüfung des Beschlusses des Jagdausschusses besteht aber nicht (vgl. VwGH 19.12.2006, 2004/03/0115; VwGH 23.8.2013, 2011/03/0176). Entgegen der Revision besteht zu der angesprochenen Frage daher bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
18 Es trifft aber auch das Vorbringen der Revision, das Verwaltungsgericht sei von den Vorgaben dieser Rechtsprechung abgewichen, nicht zu:
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem von der Revision herangezogenen (richtig:) Beschluss vom 24. September 2019, Ra 2019/03/0072, unter Bezugnahme auf Vorjudikatur dargelegt, dass gegen die Ermittlung des Werts des Genossenschaftsjagdgebiets (als Tatsachenfrage) durch die Beiziehung eines Amtssachverständigen samt Berücksichtigung umliegender, vergleichbarer Genossenschaftsjagdgebiete aus rechtlicher Sicht keine Bedenken bestehen. Das Verwaltungsgericht ist diesen Vorgaben gefolgt und hat zur Klärung der nach § 39 Abs. 7 NÖ JG allein maßgebenden Frage, ob die Höhe des Pachtschillings in einem auffallenden Missverhältnis zum Wert des Genossenschaftsjagdgebiets steht, (wie schon zuvor die belangte Behörde) einen jagdfachlichen Amtssachverständigen beigezogen. Dieser hat in seinem ‑ im angefochtenen Erkenntnis vollinhaltlich wiedergegebenen Gutachten die vergleichbaren Genossenschaftsjagdgebiete in der Umgebung genannt und zusammengefasst ausgeführt, dass der im revisionsgegenständlichen Genossenschaftsjagdgebiet durch die zu überprüfende Verpachtung erzielte Pachtzins (von etwa 20.-- Euro pro Hektar) nur etwas mehr als die Hälfte des in den umliegenden Genossenschaftsjagdgebieten erzielten Pachtzinses (von etwa 39.-- bis 42.-- Euro pro Hektar) betrage, sich insofern (abgesehen vom Genossenschaftsjagdgebiet DW II mit einem Pachtzins von ebenfalls 20.‑ ‑ Euro pro Hektar) also ein deutlicher Unterschied zwischen den Pachtzinsen ergebe. Es sei aber auch die Wildschadenssituation im gegenständlichen Jagdgebiet monetär zu bewerten, wobei die massiven Schäl- und Verbissschäden - wie im Einzelnen und unter Bezugnahme auf näher zitierte Literatur dargestellt wurde - mit etwa 6.600.-- bis 8.200.-- Euro pro Jahr zu Buche schlügen. Von einem Pachtzins von 40.-- Euro pro Hektar (wie in der vergangenen Jagdperiode und wie in umliegenden Jagdgebieten) bzw. insgesamt 12.000.-- Euro wäre also mehr als die Hälfte für Wildschäden abzuziehen, womit ein Betrag von weniger als 6.000.-- Euro bzw. weniger als 20.‑ ‑ Euro pro Hektar verbleibe. Ein niedrigerer Jagdpachtzins in Verbindung mit einer deutlichen Reduktion der Wildschäden durch entsprechende Verringerung des Wildbestands liege insofern im Interesse der Land- und Forstwirtschaft.
20 Wenn das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund und auf Basis der im Wesentlichen auf die erhöhten Abschusszahlen bis Mai 2020 gestützten Prognose, dass die Abschusszahlen erhöht und die Wildschäden reduziert würden, ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem vereinbarten Pachtzins und dem Wert des Genossenschaftsjagdgebiets verneint hat, wurden von ihm die maßgebenden Leitlinien nicht verlassen (vgl. etwa VwGH 19.12.2006, 2004/03/0115, zum Einfluss bestehender Wildschadensproblematik auf den Wert der Jagd).
21 Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen - insbesondere mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass auch die Wildschadenssituation in den umliegenden Jagdgebieten ident mit der im gegenständlichen sei - sich gegen die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, ist sie darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Zwar könnte eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegebenenfalls auch darin gelegen sein, dass das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung im Einzelfall in einer unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. idS etwa VwGH 20.7.2020, Ra 2020/03/0055). Da von der Revision aber gar nicht geltend gemacht wird, schon im verwaltungsgerichtlichen (oder verwaltungsbehördlichen) Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zur Identität und damit Vergleichbarkeit auch der Wildschadenssituation erstattet zu haben, in Ermangelung eines solchen das nunmehrige aber als - unzulässige - Neuerung beurteilt werden muss, kann auch damit nicht eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründet werden (vgl. VwGH 14.12.2016, Ra 2016/19/0300).
22 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Dezember 2020
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