VwGH Ra 2019/13/0100

VwGHRa 2019/13/010031.12.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der K in W, vertreten durch die HLB Prüf‑Treuhand GmbH & Co KG Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung in 1090 Wien, Berggasse 16, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. Juni 2019, Zl. RV/7103714/2015, betreffend Einkommensteuer 2010, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §24 Abs1 litd
BAO §280 Abs1 lite
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGG §41
VwGG §42 Abs2 Z3
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019130100.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Anlässlich einer beim ‑ inzwischen verstorbenen ‑ Gatten der Revisionswerberin im Jahr 2013 durchgeführten Außenprüfung wurde festgestellt, dass dieser im Jahr 2010 seinen ‑ seit der Gründung der Gesellschaft im Jahr 2006 im Privatvermögen gehaltenen ‑ Kommanditanteil an einer vermögensverwaltenden, im Bereich der Grundstücksvermietung tätigen GmbH & Co KG (KG) veräußert hat. Die Prüfer vertraten die Rechtsansicht, die KG sei wirtschaftliche Eigentümerin ihres einzigen, von ihr geleasten und weitervermieteten Grundstücks. Da bei der Veräußerung der Anteile an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen abzustellen sei und die Veräußerung innerhalb der für Grundstücke relevanten zehnjährigen Spekulationsfrist des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22, stattgefunden habe, seien die daraus erzielten Einkünfte als Spekulationseinkünfte steuerlich zu erfassen.

2 Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte ‑ nach Wiederaufnahme des Verfahrens ‑ mit Bescheid vom 6. Dezember 2013 die Einkommensteuer für das Jahr 2010 neu fest.

3 In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 8. Jänner 2014, ergänzt durch einen Schriftsatz vom 14. Mai 2014, wurde vorgebracht, bei der Veräußerung eines Geschäftsanteils an einer Personengesellschaft komme es für die Frage der Steuerpflicht nicht auf bestimmte „Vermögensbestandteile der Gesellschaft“ an, womit ‑ bezogen auf den Anteil ‑ die einjährige Spekulationsfrist gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 (idF vor dem 1. StabG 2012) einschlägig sei.

4 Mit Schriftsatz vom 21. November 2014 wurde unter Bezugnahme auf das kurz zuvor ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, 2012/13/0021, VwSlg. 8945/F (mit dem der Verwaltungsgerichtshof aussprach, dass Anteile an vermögensverwaltenden Personengesellschaften nicht als eigenständige Wirtschaftsgüter zu werten sind, womit bei Anschaffung oder Veräußerung auf die ‑ anteiligen ‑ Wirtschaftsgüter im Gesellschaftsvermögen abzustellen ist), ergänzend vorgebracht, die gegenständliche KG sei weder zivilrechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin des von ihr vermieteten Grundstücks. Das betreffende Grundstück sei lediglich geleast und auf Grund der Ausgestaltung des Leasingvertrages könne das wirtschaftliche Eigentum nicht auf die KG übergegangen sein.

5 In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom 27. November 2014, zu der am 14. Jänner 2015 eine gesonderte Begründung ergangen ist, hielt das Finanzamt im Wesentlichen fest, der von der KG abgeschlossene Grundstücks‑Leasingvertrag sei als „finance‑leasing‑Vertrag“ mit Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums beim Mieter (Leasingnehmer) einzustufen. Daraufhin wurde am 25. Juni 2015 ein Vorlageantrag gestellt, in dem das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums bei der KG weiter bestritten wurde.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ die Beschwerde ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

7 Das Bundesfinanzgericht führte ‑ nach Schilderung des Verfahrensganges und Feststellung des im bisherigen Verfahren unstrittigen Sachverhalts ‑ im Wesentlichen aus, der gegenständlichen KG seien als Leasingnehmerin vertraglich umfangreiche Rechte zugestanden worden. Das zentrale Element sei die Verpflichtung der Leasinggeberin, das Grundstück nach der festgelegten Mindestvertragszeit um einen Kaufpreis, dessen Berechnungsmodalitäten (im Wesentlichen ermittelt aus dem Barwert der bis zum Ablauf der Kündigungsverzichtsdauer noch zu entrichtenden Leasingraten und Kautionen sowie dem kalkulatorischen Restwert) bereits festgelegt waren, an die Leasingnehmerin zu verkaufen. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes erschiene die Nichtausübung der Kaufoption für die KG wirtschaftlich grob widersinnig. Die Leasingnehmerin trüge sowohl die Gefahr der Beschädigung und des Unterganges des Grundstückes, als auch das Risiko eines Mindererlöses im Fall der Veräußerung (durch die Leasinggeberin) an einen Dritten. Ein Mehrerlös hingegen käme zu 70% der KG zu.

8 Aufgrund dieser vertraglichen Ausgestaltung sei nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der Leasingvertrag „überwiegend als Kaufvertrag“ zu werten, und die KG sei von Beginn an wirtschaftliche Eigentümerin des geleasten Grundstückes. Dies werde auch durch die Aufnahme des Grundstückes in das Anlageverzeichnis der KG, sowie durch zwei Stellungnahmen ihres steuerlichen Vertreters, wonach die KG selbst davon ausgehe, wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstückes zu sein, bestätigt.

9 Aufgrund des Vorliegens des wirtschaftlichen Eigentums am geleasten Grundstück sei der Verkauf der Anteile innerhalb von zehn Jahren seit der Anschaffung ‑ bezogen auf das im Gesellschaftsvermögen vorhandene Grundstück ‑ als Spekulationsgeschäft gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (idF vor dem 1. StabG 2012) einzustufen.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Zur Zulässigkeit wird in der Revision zunächst ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ in verfahrensrechtlicher Hinsicht geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht habe nicht ausreichend begründet, weshalb es angenommen habe, die KG sei wirtschaftliche Eigentümerin des von ihr geleasten Grundstückes. Das Bundesfinanzgericht habe sich lediglich auf „oberflächliche Aussagen“ zu einzelnen Klauseln im Leasingvertrag, ergänzt um einen Hinweis auf die Aufnahme des Grundstückes in das Anlageverzeichnis der KG, beschränkt. Die Aussage, wonach die Nichtausübung der Kaufoption durch die KG wirtschaftlich grob widersinnig erscheine, sei nicht durch eine rechnerische Begründung untermauert und die Aussagen zur Risikotragung und zur Verteilung eines Mehrerlöses im Veräußerungsfall seien vor dem Hintergrund des Leasingvertrages nicht ausreichend präzise. Das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes sei daher mit „relevanten Ermittlungsfehlern und einer mangelhaften Begründung“ belastet.

15 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.

16 Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte haben u.a. eine Begründung zu enthalten (§ 280 Abs. 1 lit. e BAO). Die Begründung hat in einer Weise zu erfolgen, dass der Denkprozess, der in der gerichtlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. etwa VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0051, mwN).

17 Ein relevanter Begründungsmangel, der die Zulässigkeit der Revision bewirkt und zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führt, liegt nur vor, wenn einer Partei dadurch die Verfolgung ihrer Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof die inhaltliche Prüfung des Bescheides oder Erkenntnisses verwehrt bleibt (vgl. VwGH 9.4.2020, Ra 2020/13/0011; 23.9.2010, 2010/15/0144).

18 Ein derartiger Fall liegt hier allerdings nicht vor. Das angefochtene Erkenntnis enthält formal getrennte Elemente betreffend Tatsachenfeststellung, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung. Dem Erkenntnis ist somit zu entnehmen, auf Grund welcher Feststellungen die rechtliche Beurteilung getroffen wurde und worauf sich diese Feststellungen stützen. Dass diese ‑ im bisherigen Verfahrensgang unbestrittenen ‑ Feststellungen mit die Zulässigkeit der Revision begründenden Mängeln belastet wären, wird in der Revision nicht dargelegt.

19 Zur Zulässigkeit der Revision wird weiters ‑ in materiellrechtlicher Hinsicht ‑ vorgebracht, es liege keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur wesentlichen Frage vor, ob bei einem Leasingvertrag, der „nach den Kriterien der Einkommensteuerrichtlinien“ des Bundesministers für Finanzen zum wirtschaftlichen Eigentum des Leasinggebers führe, eine abweichende Vertragsgestaltung sowie eine Aufnahme des Leasingobjektes in das Anlageverzeichnis des Leasingnehmers zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Leasingnehmer führe.

20 Auch mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt.

21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Erlässe oder Richtlinien des Bundesministers für Finanzen Auslegungsbehelfe für die Finanzverwaltung, nicht aber eine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle (vgl. etwa VwGH 31.1.2018, Ra 2017/15/0038, Rn. 23). Fehlende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu in derartigen Erlässen oder Richtlinien vertretenen Rechtsansichten oder im Widerspruch zu diesen Rechtsansichten stehende Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes ‑ wie in den Revisionsgründen gerügt wird ‑ haben daher nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zur Folge.

22 Ergänzend ist anzumerken, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Zurechnung des Leasinggutes an den Leasingnehmer entscheidend ist, ob dieser mit der Überlassung des Leasinggutes dessen wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO wird (vgl. etwa VwGH 30.4.2019, Ra 2017/15/0071, mwN). Hierfür ist es insbesondere von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt (vgl. etwa VwGH 24.10.2019, Ro 2019/15/0177, mwN; 28.5.2002, 99/14/0109, VwSlg. 7718/F).

23 Da im vorliegenden Fall dem Leasingnehmer das Recht eingeräumt wurde, das Grundstück zu einem bereits im Leasingvertrag festgelegten Kaufpreis zu erwerben, kam ihm die Chance von Wertsteigerungen zu. Da er weiters im Fall der Nichtausübung der Kaufoption ‑ und damit der Veräußerung des Leasinggutes an Dritte ‑ dem Leasinggeber die Differenz zwischen dem lukrierten Veräußerungserlös und dem höheren kalkulatorischen Restwert zu ersetzen hatte, trug er das Risiko der Wertminderung.

24 Die Ansicht der Revisionswerberin, das Bundesfinanzgericht habe das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums bei der KG fälschlicherweise angenommen, findet somit keine Deckung in der zu diesem Thema bereits vorhandenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

25 Abschließend wird noch auf das ‑ zu einem anderen Beteiligten an derselben KG ergangene ‑ Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 2019, Ra 2018/13/0052, verwiesen. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Verzeichnung des gegenständlichen Grundstücks im Anlagevermögen in der Bilanz der KG (und die Geltendmachung von Abschreibungen hierauf) bereits das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums nahelegt.

26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. Dezember 2020

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