European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018040168.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. September 2016 wurde der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen und Befristungen die Genehmigung gemäß § 17 UVP‑G 2000 für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens „Verhüttungsanlage M [...] in Z [...]“ erteilt.
2 Das Vorhaben soll auf dem Gelände eines ehemaligen Dampfkraftwerkes realisiert werden. Das 14 ha große Betriebsgelände liegt in der Industriezone der Stadtgemeinde Z. Die Zufahrt erfolgt über bestehende Straßen und eine kurze, neu zu schaffende Verbindung.
3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber als Nachbar und somit als Partei gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 UVP‑G 2000 (wie auch zahlreiche weitere Parteien) Beschwerde.
4 1.2. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 2. August 2018 die Beschwerden als unbegründet ab und bewilligte (in Erledigung der erhobenen Beschwerden) den Genehmigungsantrag mit der Maßgabe einer Reihe von Ergänzungen und Änderungen des behördlichen Spruches. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
5 In seiner Begründung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich nach dem ergänzenden Beschwerdeverfahren, den von der mitbeteiligten Partei vorgenommenen Projektänderungen und den zusätzlichen Auflagen keine erheblichen Umweltauswirkungen ergeben hätten. Es traf dabei unter anderem Feststellungen zum Vorhaben und zur Pumpanlage des ehemaligen Dampfkraftwerkes sowie zu den Fachbereichen Immissionschemie und Gewässerökologie, Schallemissionen, Luftreinhaltetechnik, Umweltmedizin und Naturschutz.
6 In rechtlicher Hinsicht kam das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die wasser‑, naturschutz‑ und luftreinhalterechtlichen Vorgaben bzw. Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt seien. Das Genehmigungsverfahren habe zudem ergeben, dass ‑ insbesondere auch auf Grund der im behördlichen und gerichtlichen Verfahren erlassenen Nebenbestimmungen ‑ Emissionen und Abfälle nach dem Stand der Technik begrenzt worden seien und die Immissionsbelastung von den zu schützenden Gütern möglichst gering gehalten werde. Gesundheits‑ und Eigentumsgefährdungen bzw. unzumutbare Belästigungen von Nachbarn würden ebenso vermieden werden wie erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen. Die zusätzlichen Genehmigungskriterien des § 17 Abs. 2 UVP‑G 2000 seien daher eingehalten.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdeverfahrens sei nicht von so schweren Umweltbeeinträchtigungen auszugehen, dass zusätzliche Auflagen bzw. eine Abweisung des Vorhabens nach § 17 Abs. 5 UVP‑G 2000 gerechtfertigt wären.
7 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 3. In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, „die bestimmt, in welcher Form Bescheide zu erlassen sind, damit die einem Bescheid zugrundeliegenden Gutachten Verbindlichkeit erlangen und damit der Bescheid dem Bestimmtheitsgebot im Sinne des § 59 Abs 1 AVG entspricht.“ Die höchstrichterliche Entscheidung sei zur Klarstellung der Rechtslage erforderlich. Es bestehe lediglich (näher bezeichnete) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend, dass Inhalte eines Beweismittels (etwa die Prognosewerte eines Gutachtens), die weder in den Spruch noch in die Begründung des Bescheid übernommen worden seien, keinesfalls in Rechtskraft erwachsen und somit nicht verbindlich sein könnten.
11 4. Das bloße Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Rechtsfrage führt nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt dann nicht vor, wenn es trotz fehlender Rechtsprechung auf Grund der eindeutigen Rechtslage keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2017/04/0141, mwN).
12 Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch (eines Bescheides) die in Verhandlung stehende Angelegenheit in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführungen der angewendeten Gesetzesbestimmungen zu erledigen. Diese Bestimmung ist nach § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sinngemäß anzuwenden (vgl. VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0027).
13 Wie die Revision selbst einräumt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass der Spruch den Kern eines Bescheides darstellt, die individuelle Norm, die in Rechtskraft erwachsen kann. Der Begründung eines Bescheides kommt hingegen grundsätzlich keine Rechtskraft zu. Im Rahmen der Begründung hat die Behörde in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen sie bei ihrer Entscheidung ausging, und allenfalls zu begründen, aus welchen Erwägungen sie ein Beweismittel einem anderen vorzog. Daraus ergibt sich bereits denklogisch ‑ so der Verwaltungsgerichtshof ‑, dass Inhalte eines Beweismittels, wie etwa die Prognosewerte eines Gutachtens, die weder in den Spruch noch in die Begründung des Bescheides übernommen wurden, keinesfalls in Rechtskraft erwachsen und somit nicht verbindlich sein können (vgl. VwGH 2.11.2016, Ra 2016/06/0088, mwN).
14 Damit ist geklärt, dass die aus der Normativität des Bescheides (des Erkenntnisses) erfließenden Wirkungen nur der im Spruch zum Ausdruck gebrachten Anordnung zukommen und die Begründung nur ausnahmsweise eine gewisse Bindungswirkung entfaltet (vgl. dazu Schulev ‑ Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 [2018] Rz 263 sowie etwa VwGH 29.1.2020, Ro 2019/05/0002; und VwGH 29.4.2015, Ro 2014/03/0071).
15 Aber auch bezüglich der von der Revision angesprochenen Anforderungen an die Bestimmtheit des Spruchs wird keine vom Verwaltungsgerichtshof noch zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
16 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 59 AVG dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit des Spruchs nicht überspannt werden, und es genügt, wenn sich aus der Einbeziehung der Begründung in die Auslegung des Spruchs der Inhalt der Entscheidung mit ausreichender Deutlichkeit ergibt (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/03/0018). Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Anforderungen an das Maß der Bestimmtheit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts stets von den Umständen des Einzelfalls abhängen (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/04/0118, mwN).
17 5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Juni 2020
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