Normen
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019210003.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist ein Staatsangehöriger von Afghanistan und reiste Anfang des Jahres 2015 nach Österreich ein. Hier stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz, der letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 21. Juni 2018 - in Verbindung mit (insbesondere) der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen - vollinhaltlich abgewiesen wurde.
2 Am 30. Juli 2018 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung plus " nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005. Darin verwies er vor allem auf eine - unter einem vorgelegte - Beschäftigungszusage eines oberösterreichischen Hotelbetriebs, derzufolge er am 3. September 2018 als Lehrling für den Beruf "Restaurantfachmann" in diesem Hotel eingestellt werde.
3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 29. August 2018 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurück.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 20. November 2018 als unbegründet ab, was es im Wesentlichen damit begründete, dass in Bezug auf die Rückkehrentscheidung vom Juni 2018 ein geänderter Sachverhalt im Sinn des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich mache, nicht vorliege. Von vornherein habe der Revisionswerber als "Änderung" nur sein mit September 2018 beginnendes Beschäftigungsverhältnis geltend gemacht. Seine Tätigkeit werde mit EUR 616,-- monatlich netto, zuzüglich Trinkgeld, entlohnt, und der Revisionswerber werde von seinen Ausbildnern sehr gelobt; sein Auftreten und seine Umgangsformen passten "zum Auftritt des Hotels", der Betrieb sei geographisch abgelegen und habe Schwierigkeiten, Lehrlinge zu finden. Es könne aber nicht gesehen werden, dass damit Sachverhaltsänderungen vorlägen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zuließen, es wäre - im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung - eine (gegenüber der Rückkehrentscheidung aus dem Juni 2018) andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich. Denn die nun vorgebrachten Umstände beträfen eine vergleichsweise kurze Zeitspanne und bestünden letztlich nur darin, dass der Revisionswerber seine bereits in der rechtskräftigen Vorentscheidung berücksichtigten Schritte in Richtung einer gewünschten Erwerbstätigkeit in Österreich einfach fortgesetzt habe, obwohl ihm gegenüber nunmehr eine "rechtskräftige Ausreiseverpflichtung" bestehe. Insoweit wirke das in der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung - für eine Aufenthaltsbeendigung sprechende - festgestellte öffentliche Interesse mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort.
5 Das BVwG führte mit näherer Begründung weiter aus, dass das BFA die Antragszurückweisung zutreffend - entgegen dem Wortlaut von § 10 Abs. 3 AsylG 2005 und von § 52 Abs. 3 FPG - nicht mit einer Rückkehrentscheidung verbunden habe. Insoweit sei die Rechtslage allerdings nicht eindeutig und fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Hinblick darauf erklärte das BVwG eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig. Die von ihm getroffene Entscheidung hänge nämlich von der dargestellten Rechtsfrage ab, weil es bei einer anderen Sichtweise (es hätte auch eine Rückkehrentscheidung zu ergehen gehabt) "in Betracht käme", das Unterbleiben der Rückkehrentscheidung "zum Anlass einer Behebung des angefochtenen Bescheides zu machen".
6 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision, zu der eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde, erweist sich entgegen dem den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG nicht bindenden Ausspruch des BVwG unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig.
7 Zunächst trifft es - anders als das BVwG meint - nicht zu, dass das Unterbleiben einer Rückkehrentscheidung, wäre eine solche mit der Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers zu verbinden gewesen, die Behebung des Zurückweisungsbescheides des BFA vom 29. August 2018 zur Folge hätte haben müssen. Insofern läge nämlich "nur" eine Säumniskonstellation vor, was nicht zur Rechtswidrigkeit des Ausspruchs über den Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 führen könnte. Dieser Ausspruch hängt nämlich nicht von der Rückkehrentscheidung ab (siehe zum gleich zu beurteilenden Fall einer allfälligen Säumnis mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit der Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz VwGH 12.12.2018, Ra 2017/19/0553, Rn. 11f.).
8 Davon ausgehend ist die vom BVwG für klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage mangels Präjudizialität keine solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. aus jüngerer Zeit etwa VwGH 6.9.2018, Ra 2018/20/0362, Rn. 14).
9 Das BVwG hat dann aber weiter ausdrücklich betont, dass außer der eben angesprochenen, von ihm - zu Unrecht - für klärungsbedürftig erachteten Rechtsfrage keine sonstige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliege. Auch in der Revision, die sich nur den Zulässigkeitserwägungen des BVwG anschließt, wird keine weitere grundsätzliche Rechtsfrage ins Treffen geführt. Das Vorliegen einer solchen ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, weil die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Beurteilung des BVwG, es sei gegenüber der Rückkehrentscheidung vom Juni 2018 (noch) nicht zu einer Sachverhaltsänderung gekommen, die eine neue Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG erfordere, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und jedenfalls nicht unvertretbar ist. Zwar wurde der Revisionswerber nunmehr als Lehrling in einem Hotelbetrieb eingestellt, der Schwierigkeiten hat, geeignetes Personal zu finden. Dem steht aber gegenüber, dass der Revisionswerber in Nichtbeachtung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom Juni 2018 weiter im Bundesgebiet verblieben ist und die in Rede stehende Berufstätigkeit erst danach begonnen hat. Das hat das BVwG richtig aufgezeigt.
10 Somit ist insgesamt nicht zu erkennen, dass sich fallbezogen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG stellen würden. Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen. Wien, am 4. April 2019
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