VwGH Ra 2019/20/0547

VwGHRa 2019/20/05476.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Dr. Schwarz sowie die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des G O in M, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen das am 9. April 2019 mündlich verkündete und am 7. Mai 2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. I415 2136260-1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FlKonv Art1 AbschnA2 Z2
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200547.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der aus Nigeria stammende Revisionswerber stellte am 15. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. 2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 14. September 2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei und sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. September 2019, E 3355/2019-5, die Behandlung derselben ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

5 In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zu einem Vorbringen eines Asylwerbers, der behauptet durch eine von ihm begangene Tötung eines Kontrahenten bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland strafrechtlich verfolgt zu werden". 10 Dabei verkennt die Revision, dass das BVwG das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers aufgrund der lückenhaften, widersprüchlichen und unplausiblen Angaben für nicht glaubwürdig erachtete. Die Revision legt nicht dar, dass die den gegenständlichen Einzelfall betreffenden beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG unvertretbar wären (vgl. dazu VwGH 12.11.2018, Ra 2018/20/0506, mwN).

11 Im Übrigen bedarf es nach der Rechtsprechung im Falle der Behauptung einer asylrelevanten Verfolgung durch die Strafjustiz im Herkunftsstaat einer Abgrenzung zwischen der legitimen Strafverfolgung ("prosecution") einerseits und der Asyl rechtfertigenden Verfolgung aus einem der Gründe des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ("persecution") andererseits. Keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn ist im Allgemeinen in der staatlichen Strafverfolgung zu erblicken (Vgl. VwGH 27.5.2015, Ra 2014/18/0133). Vor diesem Hintergrund geht das Vorbringen in der Revision, es fehlten Leitlinien, nach welchen Fälle beurteilt werden könnten, in denen Asylwerber vorbrächten, schwere Straftaten in ihrem Herkunftsland begangen zu haben und sich damit selbst belasteten, ins Leere. 12 Dem Vorbringen, das BVwG habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob für den Revisionswerber bei einer Rückkehr nach Nigeria eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe, ist entgegenzuhalten, dass der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mangels Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens abgewiesen wurde. Auf das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative kommt es somit nicht mehr an (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0173 bis 0175).

13 Soweit die Revision schließlich die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK beanstandet, ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 17.9.2019, Ra 2019/14/0397, mwN). Der Revision gelingt es nicht, aufzuzeigen, dass die Interessenabwägung des BVwG fallbezogen unvertretbar wäre.

14 Die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages nach § 34 Abs. 2 VwGG wegen der überdies nicht eingehaltenen Vorschriften über den sonstigen Inhalt der Revision - die Revision enthält entgegen § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG keine Revisionspunkte - erübrigte sich in diesem Fall (vgl. VwGH 15.4.2019, Ra 2019/01/0121). 15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Dezember 2019

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