VwGH Ra 2019/20/0031

VwGHRa 2019/20/003111.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revisionen 1. des A G (prot. zur hg. Zl. Ra 2019/20/0031),

2. der M V (prot. zur hg. Zl. Ra 2019/20/0032), 3. des D G (prot. zur hg. Zl. Ra 2019/20/0033), 4. des M G (prot. zur hg. Zl. Ra 2019/20/0034), alle in L, alle vertreten durch Mag. Alexander Fuchs, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2018,

  1. 1) Zl. W220 2208447-1/6E, 2) Zl. W220 2208452-1/6E,
  2. 3) Zl. W220 2208448-1/6E und 4) Zl. W220 2208450-1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §58 Abs2;
BFA-VG 2014 §9;
MRK Art8;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200031.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind verheiratet und Eltern der Dritt- und Viertrevisionswerber. Alle Revisionswerber sind indische Staatsangehörige. Am 9. August 2016 stellten die erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Der Viertrevisionswerber wurde am 26. Juli 2017 in Österreich geboren und stellte durch seine gesetzliche Vertretung am 9. August 2017 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies die Anträge der Revisionswerber mit Bescheiden vom 23. September 2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab. Es erteilte jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen und sprach aus, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe. Unter einem erkannte es den Beschwerden die aufschiebende Wirkung ab, erließ befristete Einreiseverbote für die Dauer von jeweils (hinsichtlich der Dritt- und Viertrevisionswerber) einem bzw. (hinsichtlich des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin) zwei Jahren und stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber nach Indien zulässig sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Dezember 2018 wurden die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A) und die Revision für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet, ob bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden die Versagung bzw. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005 zulässig sei.

8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 9.2.2018, Ra 2017/20/0344, mwN).

9 Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass nach dem klaren Wortlaut des § 58 Abs. 2 AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nur dann von Amts wegen zu prüfen ist, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in welchen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine sonst drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK entgegensteht. Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. zuletzt etwa VwGH 26.11.2018, Ra 2018/20/0498, mwN).

10 Das Bundesverwaltungsgericht bejahte die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidungen und berücksichtigte bei seiner Abwägung der öffentlichen Interessen mit den persönlichen Interessen der Revisionswerber die erworbenen Deutschkenntnisse des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin auf dem Niveau A1 bzw. A2, hielt den Revisionswerbern jedoch unter anderem den erst zweijährigen Aufenthalt, der ausschließlich aufgrund der anhängigen Asylverfahren rechtmäßig gewesen sei, sowie das Fehlen vertiefter sozialer Kontakte in Österreich entgegen. Die erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien hätten zudem stärkere Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, in dem sich auch zahlreiche Familienangehörige aufhielten. Der Viertrevisionswerber sei zwar in Österreich geboren, befinde sich aber noch in einem anpassungsfähigen Alter. Eine Verletzung des Familienlebens liege nicht vor, weil die Revisionswerber außerhalb ihrer Kernfamilie keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich hätten.

11 Dass diese Interessenabwägung in einer den Leitlinien der hg. Rechtsprechung widersprechenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, zeigt die Revision nicht auf.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Februar 2019

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