VwGH Ra 2019/19/0437

VwGHRa 2019/19/043725.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des K M alias A, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2019, L512 2169373-1/24E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BAG 1969 §14 Abs2 litf
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190437.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 8. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, seine Familie habe Streitigkeiten mit Verwandten gehabt, von denen sie bedroht und beraubt worden seien. Ein Onkel hätte gegen ihn eine Falschanzeige erstattet, weshalb ihn die Regierung des Terrorismus verdächtige. 2 Mit Bescheid vom 9. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab und sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer Maßgabe als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 1057/2019-9, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab. Begründend führte er u.a. aus, der Bundesgesetzgeber habe mit der Bestimmung des § 14 Abs. 2 lit. f Berufsausbildungsgesetz (BAG) seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Mit Beschluss vom 18. Juli 2019, E 1057/2019-13, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0188, mwN). 9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit unter Hinweis auf politische Vorgänge vor, es handle sich bei der Berufsausbildung von Antragstellern auf internationalen Schutz "um über den Einzelfall hinausgehende Fälle von allgemeiner Bedeutung". Damit legt sie aber eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG, von deren Lösung die Entscheidung über die Revision abhängt, nicht konkret dar.

10 Die Revision behauptet auch, § 14 Abs. 2 lit. f BAG sei aus näher genannten Gründen verfassungswidrig.

11 Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlass der gegen das angefochtene Erkenntnis des BVwG erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG nicht von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung eingeleitet, sondern die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 12. Juni 2019 vielmehr abgelehnt. Wie sich aus der oben wiedergegebenen Begründung dieses Beschlusses ergibt, hat der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 2 lit. f BAG. Im Übrigen kann die Zulässigkeit einer Revision nicht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit genereller Normen begründet werden (vgl. VwGH 2.3.2016, Ra 2015/20/0146, mwN).

12 Schließlich bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, die Entscheidung des BVwG sei grob rechtswidrig, weil der Bestand eines Lehrverhältnisses ein intensives Privatleben begründe und bei der Güterabwägung entscheidend zu berücksichtigen sei. 13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 25.2.2019, Ra 2018/19/0564, mwN).

14 Das BVwG hat sich im Rahmen einer nicht als unvertretbar zu beurteilenden Interessenabwägung mit allen entscheidungswesentlichen und auch mit den zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Umständen auseinandergesetzt. Es hat sich dabei auch mit dem Lehrverhältnis des Revisionswerbers befasst und dazu ausgeführt, dass diesem vor dem Hintergrund des § 14 Abs. 2 lit. f BAG keine maßgebliche Bedeutung zukomme, und dass der Revisionswerber das Lehrverhältnis zu einem Zeitpunkt eingegangen sei, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein habe müssen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das BVwG damit von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen abgewichen wäre (vgl. zur Berücksichtigung von Lehrverhältnissen bei der Interessenabwägung VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN). 15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 25. September 2019

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