VwGH Ra 2019/14/0343

VwGHRa 2019/14/034322.8.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2019, W266 2180886-1/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140343.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 14. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er habe im Iran jeden Tag mit der Angst gelebt, von der Polizei gefasst und nach Afghanistan abgeschoben zu werden. In Afghanistan werde er getötet. 2 Mit Bescheid vom 7. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der L��sung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht habe seine amtswegigen Ermittlungspflichten hinsichtlich der Integration des Revisionswerbers verletzt.

8 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0220, mwN). Mit den bloß allgemeinen Ausführungen im Zulassungsvorbringen wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt.

9 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision weiters vor, eine neuerliche mündliche Verhandlung sei zwingend durchzuführen, wenn sich der Sachverhalt geändert habe. Vorliegend stehe der Revisionswerber vor seinem Pflichtschulabschluss und habe rasche und wichtige Fortschritte in seiner Integration gesetzt. Damit seien die Voraussetzungen für eine neuerliche Verhandlung vorgelegen und habe das Bundesverwaltungsgericht eine Verletzung der Verhandlungspflicht zu verantworten.

10 Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass mit den Ausführungen in der Revision nicht aufgezeigt wird, dass sich der maßgebliche entscheidungsrelevante Sachverhalt entgegen der Ansicht des Revisionswerbers geändert hätte. Es wird damit nicht dargelegt, weshalb eine weitere Verhandlung fallbezogen gesetzlich geboten gewesen wäre.

11 Soweit die Revision mit dem Hinweis auf weitere Integrationsschritte letztlich die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK beanstandet, ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 10.7.2019, Ra 2019/14/0306, mwN). Es gelingt der Revision nicht darzulegen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene und auf die Umstände des Einzelfalls ausreichend Bedacht nehmende Interessenabwägung unvertretbar erfolgt wäre und selbst die Berücksichtigung des bevorstehenden Pflichtschulabschlusses eine andere Beurteilung nach sich gezogen hätte.

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. August 2019

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