VwGH Ra 2019/12/0003

VwGHRa 2019/12/000330.1.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Mag. M S in H, vertreten durch die Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. August 2018, Zl. W257 2201071-1/3E, betreffend die provisorische Betrauung der mitbeteiligten Partei mit der Schulleitung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landesschulrat für Niederösterreich, nunmehr: Bildungsdirektion Niederösterreich; mitbeteiligte Partei:

Mag.a S G in S), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120003.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als Professorin an der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in P tätig. Nach Ausschreibung der Planstelle der Schulleitung an dieser Lehranstalt bewarb sich die Revisionswerberin u.a. gemeinsam mit der mitbeteiligten Partei um die genannte Stelle.

2 Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 teilte der Landesschulrat für Niederösterreich der mitbeteiligten Partei mit, dass sie mit Wirksamkeit vom 1. August 2018, längstens aber bis zur Ernennung oder Bestellung einer Direktorin/eines Direktors durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, provisorisch mit der Leitung der in Rede stehenden Schule betraut und gleichzeitig gemäß § 39 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, dieser Schule dienstzugeteilt werde.

3 Gegen diese Erledigung erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Sie vertrat die Ansicht, das Schreiben des Landesschulrats für Niederösterreich sei als Bescheid zu qualifizieren, der sich auf das Rechtsverhältnis aller an der Schule tätigen Personen auswirke und daher auch der Revisionswerberin gegenüber ergangen sei. Es komme folglich auch ihr in dem vorliegenden Verfahren Parteistellung zu. Es liege eine Gesetzeslücke vor, weil zwar für die dauernde Betrauung mit der Leitung einer Schule gesetzliche Bestimmungen für das durchzuführende Verfahren bestünden, solche Bestimmungen jedoch betreffend die provisorische Betrauung eines Bewerbers mit der Schulleitung fehlten.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG mangels Parteistellung als unzulässig zurück. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

5 Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, es handle sich bei der bekämpften Erledigung nicht um einen Bescheid, sondern um eine Weisung. Diese sei zudem nicht an die Revisionswerberin, sondern an die mitbeteiligte Partei ergangen. Auch aus § 39 BDG 1979 sei unter Berücksichtigung der "Schutzzwecktheorie" kein subjektivöffentliches Recht der Revisionswerberin abzuleiten. Es fehle der Revisionswerberin an der Berechtigung, die in Rede stehende Erledigung vor dem Verwaltungsgericht zu bekämpfen.

6 Gegen diesen Beschluss erhob die Revisionswerberin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 27. November 2018, E 3926/2018-9, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und diese unter einem gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit beantragt.

8 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. sei die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes zu der Frage uneinheitlich, ob aus dem Schutzzeck des § 39 BDG 1979 abzuleiten sei, dass eine Mitbewerberin, der Parteistellung in einem Verfahren nach §§ 207 ff BDG 1979 zukomme, auch außerhalb des Anwendungsbereiches der §§ 207 ff BDG 1979 gegen die provisorische Bestellung einer anderen Mitbewerberin zur Schulleiterin vorgehen könne, sofern die Dienstbehörde das Verfahren nach den §§ 207 ff BDG 1979 umgehe und nicht binnen angemessener Frist eine Entscheidung "in der Sache" treffe. Die Zurückweisung der Beschwerde der Revisionswerberin erweise sich als rechtswidrig.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

12 Die Zulassungsbegründung zeigt nicht auf, aus welchen Gründen die einzelfallbezogene Beurteilung des Gerichts, wonach es sich bei der vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Erledigung vom 12. Juni 2018 nicht um einen Bescheid handle, als unvertretbar im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG zu qualifizieren ist (zur einzelfallbezogenen und daher im Regelfall nicht reversiblen Frage, ob einer konkreten Erledigung Bescheidqualität zukommt, siehe VwGH 1.9.2015, Ra 2015/03/0060).

13 Sofern die Revisionswerberin auf eine Parteistellung auf Grund der §§ 207 ff BDG 1979 verweist, übersieht sie zunächst § 207m Abs. 2 zweiter Satz BDG 1979, wonach der Bewerber keinen Rechtsanspruch auf Verleihung der ausgeschriebenen Stelle hat und ihm im Bewerbungsverfahren keine Parteistellung zukommt. Darüber hinaus gilt Folgendes: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Ernennungen und keine Parteistellung im Ernennungsverfahren, es sei denn, die Parteistellung ließe sich aus besonderen Rechtsvorschriften ableiten. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass dem in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis befindlichen Beamten bei einer bestimmten "rechtlichen Verdichtung" ein Rechtsanspruch auf Überprüfung eines Ernennungsaktes zukommt. Eine solche rechtliche Verdichtung ist aber nur dann gegeben, wenn die für die Entscheidung maßgebenden Aspekte normativ gefasst sind und es sich hierbei nicht bloß um Selbstbindungsnormen handelt und - andererseits - wenn ein Rechtsanspruch (rechtliches Interesse) nicht ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen wird. Eine "rechtliche Verdichtung" ist aus den Bestimmungen der §§ 207 ff BDG 1979 nicht abzuleiten (siehe beispielsweise 27.9.2011, 2011/12/0122). Zu dem nach der ständigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - im Lichte der im jeweiligen Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften zu prüfenden - Aspekt der "rechtlichen Verdichtung" enthält die Zulassungsbegründung kein substantiiertes Vorbringen.

14 Da der Revisionswerberin auf Grund der von ihr ins Treffen geführten Normen keine Parteistellung zukam, entbehren die in der Zulassungsbegründung daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen auf eine Parteistellung betreffend die Betrauung bzw. Dienstzuteilung der Mitbeteiligten einer tauglichen Grundlage.

15 Darüber hinaus kann auch aus § 39 BDG 1979 eine Parteistellung der Revisionswerberin im vorliegenden Verfahren nicht abgeleitet werden, weil - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festhielt - die in Rede stehende Erledigung vom 12. Juni 2018 im Zusammenhang mit der Dienstzuteilung der mitbeteiligten Partei jedenfalls nicht durch § 39 BDG 1979 geschützte subjektiv-öffentliche Rechte der Revisionswerberin berührt.

16 Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Revision mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2019

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