VwGH Ra 2019/05/0087

VwGHRa 2019/05/008716.8.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. der A N und

2. des Mag. P R, beide in W, beide vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 11. Dezember 2018, Zlen. VGW-111/075/5801/2018 und VGW-111/V/075/5802/2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: M GmbH, vertreten durch die Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte GmbH in 1020 Wien, Trabrennstraße 2B; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Wr §134a
BauO Wr §81
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050087.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine "Gaupe" nicht vorliege, wenn ein Bauteil einen vollwertigen Teil eines Wohnraumes darstelle oder noch weitere Funktionen erfülle, wie etwa die Erschließung einer Terrasse, oder wenn er zur Gänze als eigener Raum diene. Die gegenständliche "Gaupe" (Top 18) diene dazu, einen weiteren, vollwertigen Wohnraum (Wohnküche) zu schaffen, der nach Nordwesten und damit zur Liegenschaft der Revisionswerber hin situiert sei. Darüber hinaus habe die "Gaupe" (so wie eine weitere Tür) die Funktion, einen (weiteren) Ausgang auf die Terrasse zu ermöglichen. Sie sei damit ein Bauteil, der noch weitere Funktionen erfülle, nämlich die Funktion eines zusätzlichen Ausgangs auf die Terrasse. Auf einen raumbildenden Bauteil, der keine Gaupe sei, seien aber die Beschränkungen des Gebäudeumrisses gemäß § 81 Abs. 1 bis 5 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) anzuwenden.

6 Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Gaupe Top 18 nicht der Liegenschaft der Revisionswerber zugekehrt sei. In der seitlichen Giebelwand gäbe es einen Zugang zur Terrasse. In der Gaupe gäbe es neben dem Fenster stirnseitig auch eine Fenstertüre, zur linken Grundgrenze gerichtet, welche ebenso auf die Terrasse führe, aber nicht den einzigen Zugang darstelle (Seite 6 des angefochtenen Erkenntnisses).

7 Weiters führte das Verwaltungsgericht zur Gaupe Top 18 aus (Seite 10 des angefochtenen Erkenntnisses), dass die Terrasse unstrittig durch eine Wohnungstür und durch die Gaupe zu begehen sei. Die Gaupe diene nicht ausschließlich (gemeint offenbar damit auch: nicht als einziger Bauteil) der Erschließung der Terrasse und sei somit im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig. Im Übrigen sei die Gaupe auch nicht in Richtung Norden zur Liegenschaft der Revisionswerber hin ausgerichtet, sodass diese gar nicht beschwert seien. 8 Dazu ist zu bemerken, dass das Verwaltungsgericht zwar das Vorliegen einer "Gaupe" damit begründet hat, dass der Bauteil "nicht ausschließlich" der Erschließung der Terrasse diene und daher zulässig sei. Das Verwaltungsgericht hat sich aber ebenso darauf berufen, dass der gegenständliche Bauteil nicht in Richtung der Liegenschaft der Revisionswerber hin ausgerichtet sei, sodass diese gar nicht beschwert seien.

9 Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung somit auch auf eine Alternativbegründung gestützt, gegen die in den Revisionszulässigkeitsgründen nichts vorgebracht wird. Die Ausführungen, dass durch die Gaupe ein "vollwertiger Wohnraum" geschaffen wird, "der nach Nordwesten und damit zur Liegenschaft der Revisionswerber hin situiert" sei, wenden sich nicht dagegen, dass die Gaupe selbst nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nicht gegen die Liegenschaft der Revisionswerber gerichtet ist.

10 Hinsichtlich der Bestimmungen des § 81 BO über die Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse kann der Nachbar deren Einhaltung nur an der seiner Liegenschaft zugekehrten Front geltend machen (vgl. VwGH 13.12.2011, 2010/05/0013, mwN). Wenn sich ein Bauteil nicht an der der Nachbarliegenschaft zugewandten Front des Gebäudes befindet, steht dem Nachbarn ein Mitspracherecht diesbezüglich nicht zu (vgl. VwGH 29.1.2013, 2012/05/0160, mwN). 11 Es liegt somit eine die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes tragende Alternativbegründung vor, die in den Revisionszulässigkeitsgründungen nicht bekämpft wird. In Anbetracht dessen kommt der in den Revisionszulässigkeitsgründen aufgeworfenen Frage, ob der gegenständliche Bauteil im Hinblick auf seine Funktion überhaupt eine "Gaupe" darstellt, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG jedoch nicht zuständig (vgl. VwGH 22.1.2019, Ro 2018/05/0021, mwN).

12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 4 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. August 2019

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