VwGH Ra 2019/04/0064

VwGHRa 2019/04/006426.6.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Bewerbergemeinschaft bestehend aus 1. der S GmbH und 2. der T GmbH, beide in R, beide vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen das Erkenntnis und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2019, Zlen. W123 2216051-2/18E, W123 2216051-3/4E, betreffend ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei:

Arbeitsmarktservice Österreich in 1203 Wien, Treustraße 35-43, vertreten durch die Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Marc-Aurel-Straße 6), den Beschluss gefasst:

Normen

BVergG 2006
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040064.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Die mitbeteiligte Partei (Auftraggeber) führte ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit dem Ziel der Vergabe eines Auftrags zur Errichtung eines neuen Standortes in Graz.

2 Die Frist zur Beteiligung an dem Vergabeverfahren endete am 14.11.2018. Die Revisionswerberin beteiligte sich an der Ausschreibung mit einem fristgerecht eingebrachten Teilnahmeantrag.

3 2. Mit Schreiben vom 13.3.2019 teilte der Auftraggeber der Revisionswerberin mit, dass diese nicht zum weiteren Verfahren zugelassen würde, weil die vorgelegten Nachweise in Hinblick auf die bestandfesten Ausschreibungsbedingungen nicht ausreichen würden, um die berufliche Zuverlässigkeit darzutun. 4 3. Die Revisionswerberin beantragte mit Schriftsatz vom 15.3.2019 die Nichtigerklärung dieser Ausscheidensentscheidung und den Ersatz der Pauschalgebühren.

5 4. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Nichtigerklärung der bekämpften Auftraggeberentscheidung ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

6 4.1. Das Bundesverwaltungsgericht stützte seine Entscheidung zusammengefasst auf folgenden unstrittigen Sachverhalt:

7 In den bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen war im Rahmen der Kriterien betreffend die geforderte berufliche Zuverlässigkeit unter anderem Folgendes festgelegt:

"3.3 Nachweise über Befugnis und berufliche Zuverlässigkeit

Es ist Nachweis zu erbringen (MUSSKRITERIEN)

(...)

c) Nachweis, dass gegen die/den Bewerber - sofern es sich um juristische Personen, handelsrechtliche Personengesellschaften, eingetragene Erwerbsgesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt - gegen physische Personen, die in der Geschäftsführung tätig sind, kein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, das ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt (in Österreich Vorlage einer Strafregisterbescheinigung, welche nicht älter als drei Monate ist).

(...)

3.5 Ersatzbescheinigungen

Werden die in den vorigen Punkten verlangten Bescheinigungen, Lastschriften oder Kontoauszüge im Herkunftsland des Bewerbers nicht ausgestellt, ist eine entsprechende Erklärung des Unternehmers vor einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde, einem Notar oder einer dafür zuständigen Berufsorganisation des Herkunftslandes des Unternehmers in beglaubigter deutscher Übersetzung vorzulegen.

(...)"

8 Mit Schreiben vom 14.12.2018 wurde der Revisionswerberin seitens des Auftraggebers mitgeteilt, dass unter anderem die Nachweise über Befugnis und berufliche Zuverlässigkeit bis spätestens 20.12.2018 vorzulegen seien. Mit Schreiben vom 10.1.2019 teilte der Auftraggeber der Revisionswerberin mit, dass diese nicht zum weiteren Verfahren zugelassen werde, weil hinsichtlich des handels- und gewerberechtlichen Geschäftsführers eines der Unternehmen der Bewerbergemeinschaft kein Nachweis im Sinne des Punktes 3.3 lit c vorgelegt worden sei. Diese Ausscheidensentscheidung wurde in der Folge angefochten und vom Bundesverwaltungsgericht für richtig erklärt, weil der Auftraggeber kein ordnungsgemäßes Mängelbehebungsverfahren durchgeführt habe.

9 Zwischenzeitig - am 17.1.2019 - hatte die Revisionswerberin eine Strafregisterbescheinigung betreffend den Geschäftsführer vorgelegt, die vom 11.1.2019 stammte. Der Auftraggeber wies die Revisionswerberin schriftlich darauf hin, dass die Vorlage ungenügend sei, weil sich aus dieser nicht ergebe, dass zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist am 14.11.2018, 12.00 Uhr, kein Ausschlussgrund im Sinne der Ausschreibungsbedingungen vorgelegen sei. Am 7.3.2019 legte die Revisionswerberin eine eidesstatttliche Erklärung des betroffenen Geschäftsführers vor, verwies auf die vorgelegte Strafregisterbescheinigung und darauf, dass keine rückwirkende Strafregisterauskunft ausgestellt werde. Darauf erging die verfahrensgegenständliche Entscheidung des Auftraggebers, dass die Revisionswerberin nicht zur weiteren Teilnahme an dem Verfahren zugelassen werde.

10 4.2. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, unter Zugrundelegung der bestandfesten Ausschreibungsbedingungen sei davon auszugehen, dass die geforderten Unterlagen erst nach dem Zeitpunkt der Angebotsöffnung erstellt und beigeschafft worden seien. Mit dem vorgelegten Strafregisterauszug sei daher nicht sichergestellt, dass zum relevanten Zeitpunkt kein Ausschlussgrund betreffend den gewerberechtlichen Geschäftsführer vorgelegen sei, zumal eine erfolgte Verurteilung auch in der Zeit nach dem Teilnahmeschluss am 14.11.2018 bis zur Erstellung durch die Revisionswerberin knapp zwei Monate nach dem Ende der Teilnahmefrist hätte getilgt werden können. Damit bestehe im Falle der verzögerten Beischaffung der Strafregisterauskunft zumindest die Möglichkeit, das Nichtvorliegen einer Eignung durch entsprechend verzögerte Vorlage zu sanieren. Dies würde einen Wettbewerbsvorteil für den betreffenden Bewerber bedeuten. Eine Substitution der Vorlage der Strafregisterauskunft durch eine eidesstättige Erklärung sei vor dem Hintergrund der Ausschreibungsbedingungen nicht zulässig, weil die zugunsten von Bewerbern fremder Herkunftsländer bestehende Klausel dem österreichischen Teilnehmer nicht die Möglichkeit verschaffen solle, die Versäumung einer Abfrage der Strafregisterauskunft zu sanieren.

11 Der in den bestandfesten Ausschreibungsbedingungen festgelegte Nachweis sei der Revisionswerberin daher nicht in der vorgeschriebenen Weise gelungen.

12 5. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag auf Ersatz der für den Nachprüfungsantrag entrichteten Pauschalgebühr abgewiesen und die Revision gegen diese Entscheidung für nicht zulässig erklärt.

13 Zur Begründung verwies das Bundesverwaltungsgericht auf die oben zusammengefasst wiedergegebene abweisende Entscheidung betreffend den Nachprüfungsantrag und die diesbezüglich klare Rechtslage.

14 6. Gegen diese beiden Entscheidungen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben, in eventu abzuändern.

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 18 6.1. Die Revision stützt ihre Zulässigkeit zusammengefasst darauf, dass keine Judikatur zu der Rechtsfrage vorliege, ob bei "bestandfest zugelassener Ersatzbescheinigung für den Strafregisterauszug eine solche dennoch nicht zulässig wäre", wobei es in diesem Zusammenhang auf die Auslegung des Punktes 3.5 der vorliegenden Ausschreibungsbedingungen ankomme, die das Bundesverwaltungsgericht in unvertretbarer Weise vorgenommen habe. Zu dem angefochtenen Beschluss betreffend den Ersatz der Pauschalgebühren wird auf diese Ausführungen verwiesen. 19 6.2. Die Überprüfung des Vorliegens des Ausscheidenstatbestandes erfordert die Auslegung der bestandfesten Ausschreibungsbedingungen und der vom betreffenden Bieter erstatteten Angebotslegung.

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen nicht revisibel ist, bzw. dass einer vertretbaren Auslegung keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. VwGH 26.06.2018, Ra 2016/04/0049, mwN).

21 Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der bestandfesten Ausschreibungsbedingungen in Zusammenhang mit den insofern unbestrittenen Feststellungen betreffend die im Rahmen des Vergabeverfahrens erfolgte Vorgehensweise der Revisionswerberin in nicht unvertretbarer Auslegung darauf geschlossen, dass diese den in den Ausschreibungsbedingungen geforderte Nachweis nicht in der vorgeschriebenen Weise erbracht habe und daher der vom Auftraggeber herangezogene Ausscheidensgrund verwirklicht sei. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher der Ansicht der Revision, die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts, der Ersatz der von den österreichischen Bewerbern vorzulegenden Strafregisterauskunft durch eine eidesstättige Erklärung sei vor dem Hintergrund der festgestellten Klauseln nicht zulässig, sei aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren, nicht anzuschließen. In diesem Zusammenhang ist dem Argument der Revision, die Auslegung durch das Verwaltungsgericht führe zu einer Diskriminierung eines österreichischen Bieters, insbesondere die Bestandsfestigkeit der im Wortlaut eindeutigen Ausschreibungsbedingungen entgegen zu halten.

22 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2019

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