VwGH Ra 2018/19/0609

VwGHRa 2018/19/060928.11.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache der J H, vertreten durch Dr. Susanne Chyba, Rechtsanwältin in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 2018, W170 2202632-1/4E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §24

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190609.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Syriens und Angehörige der Volksgruppe der Kurden, stellte am 6. Dezember 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte sie vor, sowohl die kurdischen Kämpfer als auch die Regierungsarmee hätten sie zwangsrekrutieren wollen.

2 Mit Bescheid vom 2. Juli 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte ihr jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobene Beschwerde der Revisionswerberin - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt, obwohl es sich einen unmittelbaren und persönlichen Eindruck von der Revisionswerberin und der Glaubwürdigkeit ihres Fluchtvorbringens verschaffen hätte müssen. Durch die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung sei die Revisionswerberin auch in ihrem Recht auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter verletzt worden.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0560, mwN).

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0090, mwN).

10 Eine solche Darstellung findet sich in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision nicht. Die Zulässigkeitsbegründung der Revision zeigt mit ihrem bloß allgemeinen, nicht auf den konkreten Revisionsfall Bezug nehmenden Vorbringen nicht auf, inwiefern die Voraussetzungen für das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären. Insbesondere stellt die zitierte Rechtsprechung für das Verwaltungsgericht gerade nicht ein unbedingtes Erfordernis, sich vom Asylwerber einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, auf (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0225). Schon aus diesem Grund liegt auch keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter vor.

11 Zur Zulässigkeit wird in der Revision ferner geltend gemacht, das Erkenntnis sei nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend begründet, vielmehr habe das BVwG die Begründung der belangten Behörde bloß übernommen.

12 Mit diesem Vorbringen macht die Revision einen Begründungsmangel geltend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision jedoch nicht ausreichend, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 10.7.2019, Ra 2019/19/0132, mwN). 13 Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung der Revision mit ihrem bloß pauschalen Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründungspflicht, nicht gerecht.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. November 2019

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