Normen
VwGG §33 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018040005.J00
Spruch:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Mit Beschluss vom 23. Jänner 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) in der Vergabeangelegenheit "Verpachtung des Seeliegenschaftskomplexes (...) am (...) in Kärnten" die Anträge der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Mitteilung der Auftraggeberin (mitbeteiligte Partei) vom 22. November 2017, der Ausschreibungsunterlagen und des Pachtvertrages sowie die auf einzelne Punkte der Ausschreibungsunterlagen und des Pachtvertrages gerichteten Eventualanträge als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Höhe der zu entrichtenden Gebühr für den Nachprüfungsantrag EUR 2.163,-- betrage (Spruchpunkt II.) und dass der Antrag der Revisionswerberin auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren als unbegründet abgewiesen werde (Spruchpunkt III.). Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig (Spruchpunkt IV.). 2 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht nach Durchführung eines Vorverfahrens - die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragt - dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hat.
3 Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2018, G 205/2018, die Wortfolge "und Abs. 2a" in § 6 Abs. 2 Z 2 und § 6a Abs. 2a des Gesetzes über den Rechtsschutz bei der Vergabe von Aufträgen (Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 - K-VergRG 2014), LGBl. Nr. 95/2013 in der Fassung LGBl. Nr. 18/2017, als verfassungswidrig auf.
Die aufgehobene Bestimmung sah eine Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen in Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen vor.
4 In der Folge wies der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2018, E 416/2018, die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Jänner 2018 gerichtete Beschwerde ab. Die Revisionswerberin sei durch den angefochtenen Beschluss weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
5 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
§ 33 Abs. 1 VwGG ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/17/0149, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass, wie sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lässt, der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig. Fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 12.4.2018, Ra 2017/17/0839, mwN).
Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof ist, wenn er zur Erkenntnis gelangt, dass der Revisionswerber durch die angefochtene Entscheidung unabhängig von der Frage ihrer Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann, zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112 - 0113, mwN).
6 Im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof die Abweisung der gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Jänner 2018 gerichteten Beschwerde damit begründet, dass die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Kärntner Vergaberechtsschutzgesetzes 2014 als verfassungswidrig offenkundig nicht bewirke, dass eine für eine positive Erledigung des Nachprüfungsantrages der Revisionswerberin durch das Verwaltungsgericht erforderliche Rechtsgrundlage im Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 bestünde. Es sei daher von vornherein ausgeschlossen, dass sich die Anwendung der verfassungswidrigen Bestimmungen als nachteilig für die Rechtsstellung der Revisionswerberin erweise (vgl. VfGH E 416/2018, Rn. 10).
7 Auch im gegenständlichen Revisionsverfahren kann die Rechtsstellung der Revisionswerberin durch ein aufhebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht verbessert werden. Die damit wieder offenen Anträge der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung wären nämlich zurückzuweisen, weil mit der Aufhebung der als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen des Kärntner Vergaberechtsschutzgesetzes 2014 im vorliegenden Anlassfall die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Entscheidung über diese Anträge weggefallen ist (vgl. die Übergangsbestimmung des § 33 Abs. 2 Kärntner Vergaberechtsschutzges etz 2018, LGBl. Nr. 48, wonach die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes beim Landesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen fortzuführen sind).
8 Die Revision war daher - nachdem der Revisionswerberin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war - zufolge Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
9 Mangels formeller Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 55 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG zur Anwendung. In Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses - gemessen an der damals geltenden Rechtslage - nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Kostenersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG, vgl. wieder VwGH Ra 2018/17/0149, mwN).
Wien, am 22. Mai 2019
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