European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017050095.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde - soweit für das Revisionsverfahren noch maßgeblich - dem Revisionswerber angelastet, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Verantwortlicher der L. Z. GmbH zu verantworten zu haben, dass am 12. September 2014 in der näher bezeichneten Abfallbehandlungsanlage in M. 1. der Auftrag Nr. 4 des Bescheides vom 23. Dezember 2008, RU4-K-216/212-2008, nicht eingehalten gewesen sei, weil keine Anschlagblätter über das Verhalten im Brandfall im Bereich der Standorte der Feuerlöscher vorhanden gewesen seien, sowie 2. eine nicht genehmigte wesentliche Änderung der mit Bescheid vom 23. Dezember 2008, RU4-K- 216/212-2008, und Bescheid vom 14. Dezember 2009, RU4-K-216/222- 2009, genehmigten Fluchtwegsituation vorgelegen sei, weil auf Grund der Abänderung der Behandlungsanlage durch die neu eingebauten Fördereinrichtungen (HCF-Übernahmestation feste Brennstoffe) eine erheblich nachteilige Auswirkung auf den Menschen mangels ausreichender Fluchtmöglichkeit im Gefahrenfall gegeben gewesen sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen - zu Punkt 1. gemäß § 79 Abs. 2 Z 9 in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in Verbindung mit Auftrag Nr. 4. des Bescheides vom 23. Dezember 2014 und zu Punkt 2. gemäß § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 8 Z 3 und § 79 Abs. 1 Z 9 AWG 2002 - wurden über den Revisionswerber Geldstrafen von EUR 2.100,-- zu Punkt 1. (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und von EUR 4.200,-- zu Punkt 2. (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt. Weiters wurde er zur Leistung eines Kostenbeitrages verpflichtet und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
5 In den zur Zulässigkeit der Revision dargestellten Gründen bringt der Revisionswerber vor, es sei die Rechtsfrage zu klären, ob es sich bei dem gegenständlichen, von der Abfallrechtsbehörde gemäß § 37 Abs. 4 Z 4 und § 51 Abs. 1 AWG 2002 sowie § 93 Abs. 3 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) vorgeschriebenen Auftrag Nr. 4. des Bescheides vom 23. Dezember 2008 bzw. bei der Verpflichtung, einen abfallrechtlich genehmigten Fluchtweg nicht ohne Genehmigung wesentlich zu ändern, um ausschließliche Arbeitnehmerschutzvorschriften handle. Bejahendenfalls wäre auf Grund der Delegation gemäß § 9 Abs. 2 VStG Dipl.-Ing. Dr. K. zu bestrafen gewesen.
6 Weiters sei die Frage zu klären, ob für Aufträge aus abfallrechtlichen Bescheiden bzw. für die Einhaltung von bescheidmäßig gemäß dem AWG 2002 genehmigten Behandlungsanlagen der abfallrechtliche Geschäftsführer gemäß § 26 Abs. 3 AWG 2002 bzw. die verantwortliche Person gemäß § 26 Abs. 6 AWG 2002 verantwortlich sei oder der handelsrechtliche Geschäftsführer. Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 7 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Frage beschäftigt, wann eine Auflage in einem Betriebsanlagenbescheid - welcher in einem Verfahren nach der Gewerbeordnung 1994, in welchem auch die Belange des Arbeitnehmerschutzes zu berücksichtigen sind (vgl. § 92 ASchG), ergangen ist - als (ausschließliche) Arbeitnehmerschutzvorschrift anzusehen ist (vgl. etwa VwGH 17.12.1990, 90/19/0469, VwGH 27.4.1992, 91/19/0290, VwGH 30.7.1992, 91/19/0239, und VwGH 19.12.1997, 96/02/0173). Während in den ersten beiden Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes darauf abgestellt wurde, auf welche Rechtsgrundlagen die betreffenden Auflagen gestützt wurden und welchen Interessen diese dienen, wurden in den letzten beiden hg. Erkenntnissen die dort gegenständlichen Auflagen "zweifellos" als Arbeitnehmerschutzvorschriften qualifiziert. Eine Uneinheitlichkeit der hg. Rechtsprechung, wie vom Revisionswerber behauptet, ist daraus nicht abzuleiten. 8 Die Frage, ob die im Revisionsfall gegenständliche Auflage Nr. 4 des Bescheides vom 23. Dezember 2008 eine ausschließliche Arbeitnehmerschutzvorschrift darstellt oder nicht, betrifft nur den Einzelfall. Diese stellt nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0313, mwN). 9 Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargestellt und ist auch nicht ersichtlich. So hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Vorschreibung dieser Auflage auch auf Bestimmungen des AWG 2002 gestützt worden sei und dargelegt, dass diese Auflage nicht nur den Interessen der Arbeitnehmer diene. Vor diesem Hintergrund und unter Zugrundelegung der oben dargestellten hg. Judikatur kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es die gegenständliche Auflage nicht als ausschließlich arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschrift qualifiziert hat. 10 Bei der Bestimmung des § 37 Abs. 1 AWG 2002 handelt es sich zweifelsohne um keine (ausschließliche) Arbeitnehmerschutzvorschrif t, was sich schon aus § 93 Abs. 2 ASchG ergibt, wonach die Abfallbehörde im Verfahren die Belange des Arbeitnehmerschutzes zwar mitberücksichtigen muss, die die Genehmigungspflicht statuierende Bestimmung des AWG 2002 wird dadurch aber nicht selbst zu einer Arbeitnehmerschutzvorschrift.
11 Der Beantwortung der Frage, ob für die dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen der abfallrechtliche Geschäftsführer gemäß § 26 Abs. 3 AWG 2002 bzw. die verantwortliche Person gemäß § 26 Abs. 6 AWG 2002 verantwortlich sei, kommt im Revisionsfall schon keine Relevanz zu, weil der Revisionswerber die Bestellung einer solchen Person im Verfahren - trotz der am 13. Oktober 2014 erfolgten Aufforderung der Behörde zur Bekanntgabe einer allenfalls bestellten verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Person - nicht behauptet hat. Eine solche Person wird auch in der Revision nicht namhaft gemacht.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. Juni 2019
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)