Normen
BFA-VG 2014 §9 Abs2 Z5;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210022.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der 1982 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte in Österreich nach seiner Einreise am 9. März 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. April 2013 - in Verbindung mit einer Ausweisung des Revisionswerbers nach Afghanistan - vollinhaltlich ab. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 6. Mai 2015 in den Punkten Asyl und subsidiärer Schutz - insbesondere im Hinblick auf die relativ sichere Situation in der Herkunftsregion des Revisionswerbers - keine Folge, im Übrigen verwies es gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.
2 Mit Bescheid vom 12. November 2015 sprach das BFA hierauf aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Außerdem erließ es gegen ihn gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 28. Dezember 2017 wies das BVwG, nach mündlicher Verhandlung vom 20. Dezember 2017, die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Gemäß § 25a VwGG sprach es aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Begründend verwies das BVwG (zusammengefasst) darauf, dass sich seit der erwähnten Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz nichts ergeben habe, aus dem eine Unzulässigkeit der Abschiebung iSd § 50 FPG gefolgert werden könne. Unter Berücksichtigung der Dauer des, großteils auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführenden, unsicheren Aufenthalts sei insgesamt von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung auszugehen. Im Heimatstaat, wo der Revisionswerber den Großteil seines Lebens verbracht habe, sei auch eine Wiedereingliederung zu erwarten.
4 Die gegen dieses Erkenntnis (ausdrücklich ausgenommen die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005) erhobene Revision erweist sich als unzulässig:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
6 Insoweit argumentiert der Revisionswerber, er habe mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 Vorbringen über eine wesentliche Verschlechterung der maßgeblichen Verhältnisse in Afghanistan (insbesondere betreffend die Sicherheits- und Versorgungslage im Zusammenhang mit dem Fehlen eines sozialen Netzes) erstattet. Dies hätte zur (unterbliebenen) Erörterung durch das BVwG führen müssen, ob damit die Stellung eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz beabsichtigt gewesen sei.
7 Dem ist allerdings zu entgegnen, dass der Revisionswerber auch zuletzt, insbesondere im erwähnten Schriftsatz vom 19. Dezember 2017, keine gegenüber der im Erkenntnis des BVwG vom 6. Mai 2015 beurteilten Situation maßgebliche, also für den Ausgang des Verfahrens potenziell relevante, Änderung der Sachlage in Bezug auf seine Herkunftsregion inhaltlich konkretisiert hat. Die fallbezogen nicht wesentlichen umfangreichen Äußerungen zur Unmöglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative, mit der im Erkenntnis des BVwG vom 6. Mai 2015 nicht tragend argumentiert worden war, mussten daher noch keine Überlegungen iS des Revisionsvorbringens auslösen.
8 Im Übrigen wendet sich der Revisionswerber gegen die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung, die sich jedoch als vertretbar erweist. Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch der Frage, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen kann, im Rahmen der Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Heimatstaat (§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) Bedeutung zukommen kann (vgl. etwa VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0153, Rn. 8).
9 Das BVwG hat aber - vom Revisionswerber unbestritten - festgestellt, dass es sich bei ihm um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handle, der in der Lage sei, am Erwerbsleben teilzunehmen. Daraus und aus seiner Sozialisierung in Afghanistan hat es vertretbar den Schluss gezogen, dass er als Folge einer Rückkehr nicht unüberwindbaren Hürden gegenüberstünde.
10 Angesichts der sonstigen für die Interessenabwägung maßgebenden Faktoren durfte das BVwG in der Situation des erst seit weniger als fünf Jahren und ohne Angehörige in Österreich aufhältigen nicht selbsterhaltungsfähigen Revisionswerbers davon ausgehen, dass die von ihm zu erwartenden Schwierigkeiten in seinem Heimatstaat nicht zu einem Überwiegen der privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich führten. Sie sind vielmehr als Folge des letztlich unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz im öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung vom Revisionswerber hinzunehmen.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
Wien, am 26. April 2018
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