VwGH Ra 2018/19/0259

VwGHRa 2018/19/025910.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des A R N, in I, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. April 2018, W198 2167613-1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190259.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein aus Kabul stammender Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 4. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Als Begründung brachte er zusammengefasst vor, sein Vater, der als Immobilienmakler gearbeitet habe, sei in Grundstücksstreitigkeiten mit einem mächtigen Kommandanten verwickelt gewesen, der seinen Vater auch verletzt habe. Der Kommandant habe seinen Vater und die Familie mit dem Tod bedroht, weshalb die Familie aus Afghanistan flüchten habe müssen.

3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag mit Bescheid vom 25. Juli 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. April 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

5 Das BVwG legte seinen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Grunde.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Länderfeststellungen seien veraltet und unvollständig und führt dazu Informationen zur Lage in Afghanistan an, die vom BVwG nicht berücksichtigt worden seien. Hätte das BVwG diese aktuellen Länderinformationen herangezogen, hätte es feststellen müssen, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan und in Kabul im Besonderen so verschlechtert habe, dass im Fall einer Rückkehr eine reale Gefahr einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK bestehe. Auch sei die Prüfung einer möglichen und zumutbaren Fluchtalternative durch das BVwG mangelhaft.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das BVwG seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 26.6.2018, Ra 2018/20/0192, mwN).

11 Die Revision kann nicht aufzeigen, dass sich die Lage in Afghanistan bzw. in Kabul im Besonderen im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG im Vergleich zu der den Feststellungen des BVwG zugrunde liegenden Berichtslage so verschlechtert hätte, weshalb eine reale Gefahr iSd. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorläge (vgl. (zu der auf gleicher Sachverhaltsgrundlage ergangener Rechtsprechung) VwGH 2.8.2018, Ra 2017/19/0229, mwN). Sie kann daher die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht darlegen.

12 Insoweit die Revision behauptet, die Beurteilung des Vorliegens einer möglichen und zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul durch das BVwG sei mangelhaft, übersieht sie, dass sich die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz nicht auf das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative stützt. Das BVwG hat die Beschwerde vielmehr deshalb abgewiesen, weil der Revisionswerber eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht habe und weil seine Rückkehr nach Afghanistan bzw. nach Kabul, wo der Revisionswerber geboren und aufgewachsen sei, keine reale Gefahr einer Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und 13 zur Konvention bedeuten würde.

13 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2018

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