VwGH Ra 2018/20/0192

VwGHRa 2018/20/019226.6.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Revisionssache des A Q R in V, vertreten durch Dr. Johann Jalovetz, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2018, Zl. W230 2163868-1/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200192.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 17. Oktober 2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid vom 27. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Februar 2018 - mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. Februar 2018 ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zunächst vor, dass von einer ausreichenden Begründung des Erkenntnisses nicht ausgegangen werden könne, wenn keine ganzheitliche Bewertung der konkreten Gefahrenlage stattgefunden habe. Das Bundesverwaltungsgericht ziehe zur Beurteilung des Sachverhalts und zur aktuellen Situation in Afghanistan unvollständige, teilweise veraltete Länderberichte heran, die jedoch für die Begründung der Abweisung des Antrages unzureichend seien. Die Begründung zur allgemeinen Sicherheitslage und zum Bestehen von innerstaatlichen Fluchtalternativen in Afghanistan würde unter Hinweis auf rezente Bombenanschläge in Kabul und anderen Provinzstädten, bei denen nicht nur Angehörige der afghanischen Armee, sondern auch Zivilisten getötet worden seien, sowie unter Verweis auf weitere Berichte, bspw. von UNHCR und Amnesty International, nicht im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehen.

8 Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Bundesverwaltungsgericht seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen hat. Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0386, mwN).

9 Diesen Anforderungen wird die Revision, die zwar die Verwendung veralteter Länderberichte behauptet, nicht aber konkret darlegt, welcher für das Verfahrensergebnis relevante Sachverhalt sich aus der Heranziehung aktuellerer Berichte ergeben hätte, nicht gerecht, zumal das Bundesverwaltungsgericht seinem Erkenntnis unter anderem auch das zum Entscheidungszeitpunkt aktuellste Länderinformationsblatt vom 30. Jänner 2018 zugrunde gelegt hat.

10 Soweit sich der Revisionswerber gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0077, mwN).

11 Entgegen dem Revisionsvorbringen, wonach das Bundesverwaltungsgericht einzelne Aspekte wie Integration oder soziale Tätigkeiten völlig außer Acht gelassen und sich ausschließlich auf die Aufenthaltsdauer von "nur drei Jahren" gestützt habe, nahm das BVwG eine alle Umstände des Einzelfalls würdigende Gesamtbeurteilung der Interessenlagen vor. Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die im vorliegenden Einzelfall nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommene Abwägung des Bundesverwaltungsgerichtes unvertretbar erfolgt wäre.

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2018

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