VwGH Ra 2018/14/0129

VwGHRa 2018/14/01299.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweinzer, über die Revision 1. des AB, 2. der CD, und

3. des EF, alle in X, alle vertreten durch Marschall & Heinz Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17. Juli 2018, 1) I416 2192102-1/5E, 2) I416 2192103-1/5E und

3) I416 2192104-1/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z2;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018140129.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige von Ägypten. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind verheiratet und Eltern des minderjährigen Drittrevisionswerbers. Sie stellten am 5. Juni 2015 Anträge auf internationalen Schutz.

2 Diese Anträge auf internationalen Schutz wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheiden jeweils vom 10. März 2018 gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG 2005) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Ägypten zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit jeweils vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest.

3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass Spruchpunkt III. der Bescheide jeweils vom 10. März 2018 wie folgt zu lauten habe: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

4 Begründend stützte sich das Bundesverwaltungsgericht tragend darauf, dass die revisionswerbenden Parteien keine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung glaubhaft machen hätten können. Selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens würde aber keine Asylrelevanz vorliegen, da es keine Anhaltspunkte gäbe, dass der ägyptische Staat nicht schutzfähig und -willig wäre. Weiters stünde den revisionswerbenden Parteien - selbst bei Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung - eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigen kam das Bundesverwaltungsgericht rechtlich zum Schluss, dass den revisionswerbenden Parteien im Falle der Rückführung nach Ägypten keine Verletzung der in Art. 2, 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen würde. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung führte es aus, dass die öffentlichen Interessen an einer Ausreise überwiegen würden. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung hielt das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst fest, dass eine solche gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben habe können, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt gewesen sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die vorliegende außerordentliche Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung ausschließlich vor, dass eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht unterbleiben hätte dürfen. Eine solche mündliche Verhandlung und eine unmittelbare Vernehmung der revisionswerbenden Parteien wäre deswegen geboten gewesen, zumal im gegenständlichen Verfahren die Aussagen der revisionswerbenden Parteien die zentrale Erkenntnisquelle darstellen würden, so dass das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet gewesen wäre, die Angaben der revisionswerbenden Parteien bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Diese Überprüfung könne jedoch nur durch eine persönliche Befragung durch den erkennenden Richter im gegenständlichen Verfahren erfolgen und könne man sich nicht grundsätzlich auf die Aussagen der revisionswerbenden Parteien vor der belangten Behörde erster Instanz stützen. Wegen der Verletzung des Grundrechtes auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK stelle das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Fall eine Verletzung des Art. 47 Abs. 2 GRC dar.

9 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind:

10 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0410, mwN).

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa VwGH 28.6.2018, Ra 2018/19/0090, mwN).

12 Eine derartige Darstellung findet sich in den Ausführungen zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision nicht. Die revisionswerbenden Parteien zeigen nicht auf, inwiefern die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. Oktober 2018

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