European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050167.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den zweiten Spruchpunkt des Bescheides des Landeshauptmannes für Steiermark vom 24. Oktober 2017, mit welchem über Antrag der mitbeteiligten Partei auf Grundlage des § 6 Abs. 7 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 festgestellt worden war, dass der Konsens für die mit den näher bezeichneten Bescheiden mitbewilligten Nebenanlagen einer Bodenaushubdeponie nach wie vor und unbefristet aufrecht sei, gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 VwGVG mangels Parteistellung zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
5 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil § 6 Abs. 7 AWG 2002 zwar eine Ermächtigung zur Feststellung einräume, aber keine materielle Änderungsgenehmigung einer Abfallbehandlungsanlage decke. Der Spruch des Bescheides vom 24. Oktober 2017 sei zwar eindeutig, doch zu dem Fall, dass es kraft Begründung eines Bescheides rechtlich und faktisch zu einer Abänderung der genehmigten Anlage komme, habe sich der Verwaltungsgerichtshof noch nicht geäußert. Weiters sei fraglich, ob dem Grundsatz, wonach der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als Ganzes zu beurteilen sei und Spruch und Begründung eine Einheit bildeten, entsprochen werde, wenn sich ein Verwaltungsgericht auf einen bloßen Formalstandpunkt zurückziehe, einem Nachbarn seine Parteistellung aberkenne und sich mit dem weiteren Inhalt des Bescheides dadurch nicht mehr auseinanderzusetzen brauche.
6 Zudem könne es sich bei dem strittigen Zwischenlager um eine bloße Anlage handeln, die dem Regelungsregime der Gewerbeordnung 1994 unterliege, und diesfalls hätte eine unzuständige Behörde Feststellungen über einen vermeintlichen Genehmigungskonsens getroffen. Das Verwaltungsgericht wäre in diesem Fall von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Unzuständigkeit der belangten Behörde unabhängig davon, ob sie von einer Partei eingewendet worden sei, von Amts wegen aufzugreifen sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
7 Nur wenn der Spruch eines Bescheides auslegungsbedürftig in dem Sinn ist, dass er für sich allein betrachtet Zweifel an seinem Inhalt aufkommen lässt, dann kann und muss seine Begründung zur Deutung - also nicht zur Ergänzung oder Ausweitung - von Sinn und Inhalt der darin verkörperten individuellen Norm herangezogen werden. Diesfalls kommt der vom Revisionswerber angesprochene Grundsatz zum Tragen, dass der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als Ganzes zu beurteilen ist und Spruch und Begründung des Bescheides eine Einheit bilden (vgl. zum Ganzen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 59 Rz 111 und die darin zitierte hg. Judikatur).
8 Der in Rede stehende Spruchpunkt des dem Revisionsfall zugrunde liegenden Bescheides vom 24. Oktober 2017 ist hingegen, wie der Revisionswerber selbst zugesteht, eindeutig, sodass keine - allenfalls unter Rückgriff auf die Begründung zu beseitigenden - Zweifel an seinem Inhalt bestehen. Im Übrigen kann die Begründung eines Bescheides den Bescheidspruch weder ersetzen noch, wie vom Revisionswerber offenbar angestrebt, modifizieren (vgl. auch dazu Hengstschläger/Leeb, AVG, § 60 Rz 2).
9 Der Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach dem Revisionswerber im vorliegenden Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukommt, tritt dieser in der Zulässigkeitsbegründung nicht entgegen. Ausgehend davon trifft das Vorbringen des Revisionswerbers, das Verwaltungsgericht hätte die (allenfalls bestehende) Unzuständigkeit der belangten Behörde von Amts wegen aufgreifen müssen, nicht zu, weil eine unzulässige Beschwerde den Eintritt der Rechtskraft nicht hindert. Daher ist es dem zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2017 berufenen Verwaltungsgericht, wenn es die Beschwerde für unzulässig ansieht, verwehrt, im Rahmen eines dahin gehenden Abspruches nach § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtmäßigkeit des Bescheides - und zwar auch in Ansehung der Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde - zu überprüfen (vgl. VwGH 25.2.1993, 92/04/0230, dessen Ausführungen auf die Rechtslage nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mit 1. Jänner 2014 übertragbar sind).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 10. Juli 2018
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