VwGH Ra 2018/03/0047

VwGHRa 2018/03/004726.6.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des XX in W, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Jänner 2018, Zl. VGW- 103/V/048/7858/2017-15, betreffend Versagung eines Waffenpasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030047.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht im Rechtszug den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) ab und erachtete eine Revision dagegen als unzulässig.

2 B. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3 Ausgehend davon ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a VwGG vom Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision gegen seine Entscheidungen jedenfalls dann zuzulassen, wenn diese Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, wenn zu den entscheidungswesentlichen Fragen eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht besteht oder die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu widersprüchlich ist. In diesen Fällen ist nach den genannten Rechtsvorschriften eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben, die zu beantworten der Verwaltungsgerichtshof zuständig ist, ohne dass es auf zusätzliche Überlegungen ankommt (vgl. dazu VwGH 1.9.2017, Ra 2017/03/0046; 22.11.2017, Ra 2017/03/0082).

4 C. Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG ist der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schusswaffen der Kategorie B nur auf Grund einer behördlichen Bewilligung zulässig. Die Bewilligung zum Erwerb, Besitz und zum Führen dieser Waffen ist von der Behörde durch die Ausstellung eines Waffenpasses, die Bewilligung zum Erwerb und zum Besitz dieser Waffen ist von der Behörde durch die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, zu erteilen.

5 Gemäß § 21 Abs. 2 WaffG hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

6 Gemäß § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 WaffG jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine solche Waffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl. dazu VwGH 28.8.2017, Ra 2016/03/0078; 22.11.2017, Ra 2017/03/0082; 21.12.2017, Ra 2017/03/0102).

8 D. Auf dem Boden dieser Rechtslage ergeben sich aus dem Revisionsvorbringen zur Observierung aus einem gegenüber der Garageneinfahrt des Revisionswerbers abgestellten Fahrzeug und aus einem Elektroboot auf sein Seeufergrundstück sowie den darauf gestützten Befürchtungen, systematisch ausspioniert zu werden, keine Anhaltspunkte dafür, dass für den Revisionswerber eine konkrete Gefährdung im genannten Sinn gegeben wäre. Dass (wie die Revision vorbringt) im Zusammenhang der Observierung amtshandelnde Beamte ihre Dienstwaffen zur Eigensicherung gezogen hatten, vermag daran nichts zu ändern. Ungeachtet dessen stellt die Revision die nach den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung erfolgten "Detektivüberwachungen" in privatrechtlichen Angelegenheiten im Bereich des Revisionswerbers nicht konkret in Abrede. Auch mit dem Hinweis des Revisionswerbers, dass andere Familienmitglieder über einen Waffenpass verfügten, wird ein konkreter Bedarf im Sinn des § 21 Abs. 2 WaffG nicht dargetan. Weiters ist dem Vorbringen der Revision zu der am Badesteg der Mutter des Revisionswerbers gespannten "nicht sichtbaren" Nylonschnur als "Stolperschnur" eine auf den Revisionswerber gemünzte konkrete Gefährdung nicht konkret ableitbar. Schließlich reichen die Revisionshinweise, dass das Produkt der Unternehmen des Vaters des Revisionswerbers weltweit verwendet würde und nahezu in allen Medien präsent sei, dass der Vater des Revisionswerbers wie auch der Revisionswerber selbst über ein sehr beträchtliches Vermögen verfügten, weshalb es nicht verwunderlich sei, dass es bereits zu einem massiven tätlichen Angriff auf den Vater des Revisionswerbers, zu einer geplanten Entführung des Bruders des Revisionswerbers sowie zum Ausspionieren von Familienmitgliedern gekommen sei, als Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung des Revisionswerbers zur Dartuung einer derzeit gegebenen konkreten Gefährdung des Revisionswerbers nicht aus, wie sie für einen Bedarf im genannten Sinn erforderlich wäre. Im vorliegenden Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber ohnehin über eine Waffenbesitzkarte verfügt und er daher nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 WaffG innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften seine Waffe bei sich haben darf.

9 E. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2018

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