VwGH Ra 2018/03/0006

VwGHRa 2018/03/00061.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des H S in W, vertreten durch Mag. Franz Schruiff, LL.M., Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 14/7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 1. Dezember 2017, Zl. VGW-001/V/027/13781/2017-8, betreffend Übertretung des § 57 Abs. 2 RAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z1;
VwGVG 2014 §28;
VwGVG 2014 §50;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030006.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Anfechtungsumfang, somit in seinem Spruchpunkt I., soweit darin der Beschwerde betreffend Spruchpunkt 4.a. des Straferkenntnisses des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Jänner 2017, MBA 18 - S 38701/15, in der Schuldfrage keine Folge gegeben und der Strafausspruch behoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 9. Jänner 2017 wurde der Revisionswerber wegen mehrerer, in den Spruchpunkten 1. bis 3. sowie 4.a. bis d. des Straferkenntnisses näher umschriebenen Tathandlungen der Übertretung des § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO) schuldig erkannt.

2 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis vom 1. Dezember 2017 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde des Revisionswerbers im Hinblick auf den Spruchpunkt 4.a. des Straferkenntnisses der Behörde in der Schuldfrage keine Folge gegeben und den Schuldausspruch bestätigt, den Strafausspruch hingegen behoben.

In seiner rechtlichen Begründung führt das Verwaltungsgericht diesbezüglich weiter aus, die belangte Behörde werde "daher im fortgesetzten Verfahren die Strafe für die als erwiesen angesehene Übertretung neu festzusetzen haben".

Hinsichtlich aller weiteren Spruchpunkte des Straferkenntnisses, die im Revisionsverfahren nicht mehr relevant sind, hat das Verwaltungsgericht der Beschwerde Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

3 In der nun vorliegenden außerordentlichen Revision wird beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis im Umfang der Bestätigung des Schuldausspruches und der Behebung des Strafausspruches jeweils hinsichtlich des Spruchpunktes 4.a. des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben oder in der Sache selbst entscheiden, in eventu möge der Verwaltungsgerichthof nach Abschluss des Vorverfahrens eine mündliche Verhandlung durchführen.

4 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

5 Die Revision ist - im Hinblick auf die Verkennung der Entscheidungsbefugnis gemäß § 50 VwGVG, auf die die Revision unter anderem hinweist - zulässig und berechtigt.

6 § 50 VwGVG ist Teil des mit "Verfahren in Verwaltungsstrafsachen" überschriebenen 2. Abschnitts des 3. Hauptstücks ("Besondere Bestimmungen") des VwGVG und demnach "in Verwaltungsstrafsachen" anzuwenden. Während § 28 VwGVG unter engen (hier nicht näher darzustellenden) Voraussetzungen dem Verwaltungsgericht erlaubt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückzuverweisen, anstatt selbst die Sachentscheidung zu treffen, verpflichtet § 50 VwGVG das Verwaltungsgericht, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/11/0024).

7 Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Verwaltungsgericht das angefochtene Straferkenntnis nur (ersatzlos) behebt oder zusätzlich ausspricht, dass die Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheids zurückverwiesen werde; in beiden Fällen wird die Verwaltungsstrafsache nicht abschließend erledigt (vgl. VwGH 7.3.2017, Ra 2016/02/0271).

8 Das Verwaltungsgericht hat in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache (hinsichtlich Spruchpunkt 4.a. des Straferkenntnisses) weder die Beschwerde zurückgewiesen, noch hat es in der Sache selbst entschieden. Indem es der Beschwerde betreffend den Spruchpunkt 4.a. des Straferkenntnisses der Schuldfrage keine Folge gegeben und den Schuldausspruch bestätigt, den Strafausspruch hingegen behoben hat und in seiner rechtlichen Beurteilung ausführte, die Behörde habe im fortgesetzten Verfahren (lediglich) die Strafe für die als erwiesen angesehene Übertretung neu festzusetzen, wurde die vorliegende Verwaltungsstrafsache nicht abschließend erledigt.

9 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der Revision auch dahingehend zuzustimmen, dass eine "Klaglosstellung" des Revisionswerbers durch die im fortgesetzten Verfahren - nach neuerlicher Beschwerde des Revisionswerbers - mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 4. April 2018 schließlich erfolgte Aufhebung des Strafausspruchs schon deshalb nicht eingetreten sein kann, weil das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis den Schuldausspruch hinsichtlich Spruchpunkt 4.a. des Straferkenntnisses bestätigt hat, woran die im fortgesetzten Verfahren erfolgte Aufhebung des Strafausspruchs nichts zu ändern vermag.

10 Das angefochtene Erkenntnis war daher im angegebenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

11 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 1. Oktober 2018

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