VwGH Ra 2017/19/0373

VwGHRa 2017/19/03733.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Rossmeisel, den Hofrat Mag. Stickler und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision 1. des H H und 2. der W H, beide in W, beide vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen die am 18. Juli 2017 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts, 1. W148 2133218-1/12E und

2. W148 2133222-1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs4 idF 2016/I/024;
AsylG 2005 §8 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017190373.L00

 

Spruch:

Die angefochtenen Erkenntnisse werden, soweit den revisionswerbenden Parteien jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt wurde (Spruchpunkt III. der schriftlichen Ausfertigungen der angefochtenen Erkenntnisse), wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die miteinander verheirateten revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige Afghanistans und stellten für sich (und ihre minderjährigen Kinder) am 20. Juni 2015 in Österreich jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28. Juli 2016 wurden die Anträge der revisionswerbenden Parteien sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Es wurden den revisionswerbenden Parteien Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen diese Rückkehrentscheidungen erlassen. Zudem wurde festgestellt, dass deren Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde jeweils mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen festgesetzt.

3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen gab das Bundesverwaltungsgericht den gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerden der revisionswerbenden Parteien statt, erkannte diesen gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) - betreffend den Erstrevisionswerber in Verbindung mit § 34 Abs. 2 AsylG 2005 - den Status der Asylberechtigten zu und stellte gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 fest, dass den revisionswerbenden Parteien kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Darüber hinaus erteilte das Gericht den revisionswerbenden Parteien gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte bis 5. Juni 2020 (vgl. Spruchpunkt III. der schriftlichen Ausfertigungen). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass der Zweitrevisionswerberin in ihrem Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung drohe. Gemäß § 34 Abs. 2 und Abs. 4 AsylG 2005 erfolgte die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten auch an den Erstrevisionswerber.

5 In der vorliegenden Revision, die sich ausdrücklich nur gegen den Ausspruch betreffend die den revisionswerbenden Parteien jeweils bis 5. Juni 2020 befristet erteilte Aufenthaltsberechtigung richtet, werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht, die angefochtenen Erkenntnisse aus diesen Gründen im angefochtenen Umfang aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - erwogen:

6 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit führt die Revision aus, das Gericht habe in Verkennung der Rechtslage trotz der vor 15. November 2015 erfolgten Antragstellung die Bestimmungen betreffend "Asyl auf Zeit" zur Anwendung gebracht und den revisionswerbenden Parteien befristete Aufenthaltsberechtigungen erteilt. Im Hinblick auf die in § 75 Abs. 24 AsylG 2005 vorgesehene Übergangsbestimmung wäre den revisionswerbenden Parteien zutreffender Weise der Status der Asylberechtigten in Verbindung mit einem dauernden Einreise- und Aufenthaltsrecht in Österreich zuzuerkennen gewesen.

Die Revision erweist sich im Sinn ihrer Zulässigkeitsbegründung als zulässig und berechtigt.

7 Zunächst ist dem Bundesverwaltungsgericht, soweit es den revisionswerbenden Parteien eine jeweils befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 erteilte, vorzuwerfen, die mit dem Status des Asylberechtigten verbundenen Rechtswirkungen insofern verkannt zu haben, als das Einreise- und Aufenthaltsrecht des Asylberechtigten gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AsylG 2005 kraft Gesetzes bestimmt wird und die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter nicht zu erfolgen hat.

8 Anders als im Fall der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, für den § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung vorsieht, wird das Einreise- und Aufenthaltsrecht des Asylberechtigten unmittelbar kraft Gesetzes bestimmt. Die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter hat somit nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu erfolgen. Auch gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 kommt dem Asylberechtigten eine entsprechende Aufenthaltsberechtigung zu, ohne dass eine darüber hinausgehende Erteilung dieser Berechtigung vorzunehmen wäre.

9 Darüber hinaus entspricht die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung der maßgeblichen Rechtslage insofern nicht, als fallbezogen im Hinblick auf die vor dem 15. November 2015 erfolgte Antragstellung § 2 Abs. 1 Z 15 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zur Anwendung zu gelangen hatte.

10 Das Verwaltungsgericht erkannte den revisionswerbenden Parteien gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der Asylberechtigten zu und stellte gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 fest, dass ihnen kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Für den im vorliegenden Fall durch das Verwaltungsgericht - ohne jegliche Rechtsgrundlage und unter Missachtung der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG 2005 - vorgenommenen Ausspruch betreffend die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung bestand keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts.

11 Die angefochtenen Erkenntnisse waren daher im bekämpften Umfang, soweit den revisionswerbenden Parteien eine jeweils befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde (vgl. Spruchpunkt III. der schriftlichen Ausfertigungen der angefochtenen, mündlich verkündeten Erkenntnisse) gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

12 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 3. Mai 2018

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