European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017110219.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 30. Jänner 2017 wurde der Revisionswerber - u.a. - schuldig erkannt, er habe es als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ eines näher genannten Unternehmens mit Sitz in Slowenien und in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber dreier näher genannter Arbeitnehmer (B.K., S.V. und M.P.) zu verantworten, dass anlässlich einer Kontrolle der Finanzpolizei am 5. August 2016 Lohnunterlagen betreffend diese Arbeitnehmer nicht vollständig bereitgehalten worden seien, indem keine Lohnaufzeichnungen (Lohnkontoblätter, Lohnlisten, Lohnsteuerkarten, An- und Abmeldungen zur Krankenversicherung) und keine Unterlagen betreffend die Lohneinstufung vorgelegt worden seien. Dadurch habe der Revisionswerber jeweils § 7d Abs. 1 iVm § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG (idF BGBl. Nr. 94/2014) verletzt. Über ihn wurden deshalb Geldstrafen (bzw. Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
2 1.2. Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wurde die gegen das Straferkenntnis erhobene Beschwerde abgewiesen, wobei es im Falle des Arbeitnehmers M.P. zu einer Reduktion der verhängten Strafe kam. Der Revisionswerber wurde weiters zur Zahlung eines anteiligen Ersatzes der Gebühren der im Verfahren beauftragten Dolmetscherin sowie zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet.
3 Unter einem sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
4 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und vom 28.2.2015, Ra 2015/08/0008).
7 2.2.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die in § 7d AVRAG normierte "Auflistung" sei nur eine "demonstrative Darstellung" der bereitzuhaltenden Lohnunterlagen. Keineswegs sei gefordert, dass sämtliche dieser Unterlagen vorliegen müssten, sofern durch die vorgelegten Unterlagen der Nachweis über die Bezahlung des gesetzlich geforderten Entgelts erbracht werde. Von grundsätzlicher Bedeutung sei in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, welche Unterlagen tatsächlich vorliegen müssen, um den Nachweis zu erbringen, dass die Dienstnehmer für die Dauer der Beschäftigung ein nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührendes Entgelt ausbezahlt erhalten. Dem angefochtenen Straferkenntnis sei indes nicht zu entnehmen, welche Unterlagen zusätzlich zu den vorgelegten Urkunden noch erforderlich gewesen wären, damit die Anforderungen des § 7d AVRAG erfüllt werden und habe der Revisionswerber tatsächlich sämtliche ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Unterlagen vorgelegt. Die Vorlage weiterer Lohnzettel sei nicht möglich gewesen, da die betretenen Dienstnehmer zuvor nicht in Österreich beschäftigt gewesen seien und sei der Revisionswerber berechtigterweise davon ausgegangen, dass die zur Vorlage gebrachten Urkunden für die Erbringung des gemäß § 7d AVRAG geforderten Nachweises ausreichen würden, nachdem in der Vergangenheit bereits mehrfach Kontrollen stattgefunden hätten, in deren Verlauf die identischen Urkunden vorgelegt worden seien, ohne dass dies von Seiten der Behörde beanstandet worden wäre.
8 2.2.2. Damit gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, von deren Beantwortung die Behandlung der Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt, aufzuzeigen.
9 § 7d Abs. 1 und 2 AVRAG in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 94/2014 lautete:
"Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen
§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
(2) Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen."
10 Das Verwaltungsgericht hat dem angefochtenen Erkenntnis zugrundegelegt, dass das Unternehmen des Revisionswerbers als Arbeitgeber und Entsender unter anderem auch am Tag der verfahrensgegenständlichen Kontrolle, dem 5. August 2016, verpflichtet gewesen sei, für seine beim gegenständlichen Bauvorhaben tätigen Mitarbeiter Lohnunterlagen (selbst) bereitzuhalten. Für die Arbeitnehmer B.K. und S.V. habe der Revisionswerber eine ZKO 3-Meldung sowie ein A 1 Formular und an Lohnunterlagen Entsendevereinbarungen (in deutscher Sprache), Lohnzettel für den Monat Juni 2016 (in slowenischer Sprache) sowie Arbeitsaufzeichnungen für Juli 2016 vorlegen können. Für den Arbeitnehmer M.P. seien am Kontrolltag keine Lohnunterlagen aufgelegen.
11 Da für zwei von drei Arbeitnehmern nur bestimmte "Teile von Lohnunterlagen", für den dritten Arbeitnehmer hingegen überhaupt keine Lohnunterlagen bereitgehalten worden seien, sei die objektive Tatseite hinsichtlich aller drei (die Bereithaltungspflicht der Lohnunterlagen betreffenden) Spruchpunkte jedenfalls erfüllt. Die vom Revisionswerber (bereits in der Beschwerde) geäußerte Rechtfertigung, er sei der Auffassung gewesen, die am Kontrolltag aufliegenden Lohnunterlagen wären ausreichend gewesen, qualifizierte das Verwaltungsgericht in Folge als "freilich weder verschuldensmindernd, geschweige denn schuldausschließend", da (nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) von einem Unternehmer jedenfalls verlangt werden könne (und im vorliegenden Fall auch nicht unzumutbar sei), dass er sich hinsichtlich der für die Ausübung seines Gewerbes einschlägigen Rechtsvorschriften kundig macht, zu denen im Falle einer grenzüberschreitenden Entsendung jedenfalls die einschlägigen Bestimmungen des AVRAG gehörten. Indem der Revisionswerber dies unterlassen habe, habe er jedenfalls fahrlässige Begehung zu verantworten.
12 Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht angesichts des von ihm festgestellten Sachverhalts eine unvertretbare Einzelfallbeurteilung vorgenommen hätte, wenn es das Nichtbereithalten sämtlicher maßgeblicher Unterlagen in deutscher Sprache (im Falle der Arbeitnehmer B.K. und V.S.) bzw. das Fehlen jeglicher Unterlagen (im Falle des Arbeitnehmers M.P.) an der verfahrensgegenständlichen Baustelle als Übertretung der im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses genannten Bestimmungen des AVRAG qualifiziert hat.
13 Insbesondere ist dem Verwaltungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es die in § 7d Abs. 1 AVRAG vorgenommene, ausdrückliche Aufzählung der bereitzuhaltenden Lohnunterlagen dahin verstanden hat, dass vom jeweiligen Arbeitgeber grundsätzlich sämtliche genannte Unterlagen bereitzuhalten sind. Schon nach den Materialien zu § 7d AVRAG in der hier maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 94/2014 soll durch die (erst mit der genannten Novelle eingeführte, eine "Verschärfung hinsichtlich der Bereithaltung von Lohnunterlagen" vorsehende) ausdrückliche Aufzählung der vom Arbeitgeber bereitzuhaltenden Lohnunterlagen allfälligen Zweifeln dahingehend entgegengewirkt werden, ob im Einzelfall das Bereithalten gewisser Lohnunterlagen -
unter Berücksichtigung des im Verwaltungsstrafverfahren eine besondere Determinierung verlangenden Bestimmtheitsgebotes des Art. 18 B-VG - von § 7d AVRAG umfasst sei. Durch die ausdrückliche Aufzählung der bereitzuhaltenden Lohnunterlagen solle dem Normunterworfenen "jedenfalls hinsichtlich sämtlicher Lohnunterlagen das gesollte Verhalten eindeutig erkennbar" sein (vgl. RV 319 Blg NR 25. GP, 7).
14 Mit dem Vorbringen in der Revision, von grundsätzlicher Bedeutung sei in diesem Zusammenhang die Frage, "welche Unterlagen tatsächlich vorliegen müssen, um den Nachweis zu erbringen, dass die Dienstnehmer für die Dauer der Beschäftigung ein nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührendes Entgelt ausbezahlt erhalten", gelingt es dem Revisionswerber vor dem Hintergrund der jedenfalls nicht ausreichenden Bereithaltung von Unterlagen in deutscher Sprache im Falle sämtlicher drei Arbeitnehmer nicht, eine Rechtsfrage aufzuwerfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
15 2.3. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. April 2018
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