Normen
BauO Tir 2011;
FeldschutzG Tir 2000 §10;
FeldschutzG Tir 2000 §4;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017060101.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) vom 24. Juni 2016 wurde dem Revisionswerber die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach der Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) zur Last gelegt, weil er dem mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 2. November 2015 erteilten Auftrag, die Einfriedung auf seinem Grundstück Nr. X, KG P., mit Ausnahme des letzten (näher beschriebenen) nördlichen Zaunelements bis spätestens sechs Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses zu beseitigen, in der Zeit vom 24. Dezember 2015 bis 8. Juni 2016 nicht nachgekommen sei.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 19. Oktober 2016 mit der Maßgabe abgewiesen, dass die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift "§ 52 Abs. 1 lit. n Z 1 TBO 2011" (gemeint wohl: § 57 Abs. 1 lit. n Z 1 TBO 2011) laute.
3 Die Behandlung einer vom Revisionswerber gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 23. Februar 2017, E 3060/2016-6, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
4 Gegen das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 19. Oktober 2016 richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision verweist der Revisionswerber auf § 4 und § 10 Tiroler Feldschutzgesetz 2000, die eine Erhaltungspflicht der Weidezäune mit einer Verwaltungsstrafsanktion im Falle der Nichtbefolgung normierten. Die "belangte Behörde" habe nicht berücksichtigt, dass § 4 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 gegenüber der Tiroler Bauordnung lex specialis sei. Aus diesem Grund hätte dem Revisionswerber von der Gemeinde nicht die Beseitigung der gegenständlichen Einfriedung aufgetragen werden dürfen.
10 Der Revision ist zwar einzuräumen, dass sich im Zusammenhang mit der Erteilung von verwaltungspolizeilichen Aufträgen bzw. deren Vollstreckung oder der Bestrafung wegen Nichterfüllung derartiger Aufträge schwierige verwaltungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Einhaltung anderer Verwaltungsvorschriften stellen können. Allein, eine derartige Situation kann nur dort entstehen, wo einander zwei öffentlich-rechtliche Vorschriften derart gegenüber stehen, dass die eine ein bestimmtes Verhalten zwingend gebietet, welches nach der anderen jedenfalls verpönt ist ("kontradiktorischer Widerspruch").
11 Ein derartiger kontradiktorischer Widerspruch liegt hier jedoch nicht vor. Dem baupolizeilichen Auftrag lag nämlich zugrunde, dass die Einfriedung nicht in Übereinstimmung mit den Regelungen der TBO 2011 steht; dass überhaupt keine Einfriedung errichtet werden dürfe, ist dem Beseitigungsauftrag nicht zu entnehmen. Umgekehrt bedeutet die Verpflichtung nach § 4 Feldschutzgesetz 2000 keineswegs die Unanwendbarkeit anderer Vorschriften, wie etwa der Tiroler Bauordnung oder auch des Straßenrechts.
12 Daraus folgt, dass es im Revisionsfall dahingestellt bleiben kann, ob im Falle eines tatsächlichen kontradiktorischen Widerspruches schon die Erlassung eines Bauauftrags, wie er im Revisionsfall rechtskräftig ergangen ist, unzulässig wäre, oder ob eine Lösung der Problematik im Vollstreckungsverfahren bzw. in einem Verwaltungsstrafverfahren vorzunehmen wäre.
13 Da schon die Prämisse der für die Zulässigkeit ins Treffen geführten Rechtsfrage nicht zutrifft (es liegt kein kontradiktorischer Widerspruch zwischen der TBO und dem Feldschutzgesetz 2011 vor), stellt sich die formulierte Rechtsfrage im Revisionsfall nicht und wird daher mit dem in Rede stehenden Vorbringen keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt.
14 Der weitere Vorwurf, es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Tiroler Bauordnung 1989 und nicht die TBO 2011 zur Anwendung gelangen hätte müssen, richtet sich inhaltlich gegen den dem gegenständlichen Straferkenntnis vorgelagerten, jedoch rechtskräftigen baupolizeilichen Auftrag und erweist sich als für die Entscheidung über die vorliegende Revision nicht relevant.
15 Soweit der Revisionswerber ferner lediglich unsubstantiiert eine Verletzung in seinem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK und einen Verstoß der "belangten Behörde" gegen den Grundsatz des § 37 AVG behauptet, fehlt dazu in der hier allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung jegliches nachvollziehbares Vorbringen.
16 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. April 2018
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