VwGH Ra 2017/22/0188

VwGHRa 2017/22/018823.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des M A, in P, vertreten durch Dr. Klaus Schimik, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Anastasius Grün-Gasse 23/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. September 2017, L512 2125131- 2/6E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie Festsetzung einer Ausreisefrist (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. November 2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines pakistanischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen. Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Pakistan zulässig sei, und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. September 2017 wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Der Revisionswerber sei - so das Verwaltungsgericht - am 9. Juni 2006 illegal nach Österreich eingereist, er habe einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom Juli 2009 in Verbindung mit einer Ausweisung rechtskräftig abgewiesen worden sei, und er habe sich danach bis zu seiner Abschiebung am 16. März 2016 unrechtmäßig im Inland aufgehalten. Unter Zugrundelegung dieser Umstände sowie der vom Revisionswerber geltend gemachten persönlichen und beruflichen Aspekte gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen in den Hintergrund treten würden.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 3.10.2017, Ra 2016/22/0056, mwN). Eine Unvertretbarkeit der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Es ist weder zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich dadurch in seinem Gewicht als gemindert ansah, dass der Aufenthalt des Fremden zunächst unsicher und in der Folge unrechtmäßig war, noch lässt sich dem angefochtenen Erkenntnis entnehmen, dass das Verwaltungsgericht die integrationsbegründenden Umstände nicht entsprechend berücksichtigt hätte.

7 Soweit der Revisionswerber eine uneinheitliche Rechtsprechung ins Treffen führt und diesbezüglich auf eine - vom angefochtenen Erkenntnis abweichende - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt (vgl. VwGH 4.5.2016, Ra 2014/17/0005).

8 Zum Revisionsvorbringen betreffend die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur "über 10-jährigen Aufenthaltsdauer" genügt der Hinweis, dass der Revisionswerber der Feststellung im angefochtenen Erkenntnis hinsichtlich seiner Abschiebung bereits am 16. März 2016 nicht entgegentritt. Auch abgesehen davon wird ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von den diesbezüglich genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht aufgezeigt.

9 Mit dem nicht weiter ausgeführten Verweis auf eine Gesamtabwägung "unter Würdigung des persönlichen Eindrucks" vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 25.4.2017, Ra 2016/18/0261) für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs. 7 BFA-VG beachtlichen Kriterien vorliegend vom Verwaltungsgericht missachtet worden wären. Insbesondere wird nicht dargetan, dass ein entscheidungswesentlicher Sachverhalt klärungsbedürftig gewesen wäre (vgl. VwGH 26.1.2017, Ra 2016/21/0233).

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 11 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte

gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 23. November 2017

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