VwGH Ra 2017/21/0197

VwGHRa 2017/21/019714.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des Y K (alias I I) in W, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. August 2017, Zl. W111 2163749- 1/6E, betreffend insbesondere Aufenthaltstitel, Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §57;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs2 Z6;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1976 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Ukraine, reiste am 24. November 1998 in das Bundesgebiet ein. Nach Betretung bei einem Ladendiebstahl erließ die Bundespolizeidirektion Wien gegen ihn mit Bescheid vom 9. Dezember 1998 gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 7 FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

2 Am 10. Dezember 1998 stellte er unter seiner Aliasidentität einen Asylantrag, der mit rechtskräftigem Bescheid vom 29. Juni 1999 als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine wurde für zulässig erklärt. Ab dem Jahr 1999 wurde über ihn daraufhin dreimal die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung verhängt, aus der er sich jeweils durch Hungerstreik freipresste.

3 Mit Bescheid vom 6. November 2003 ordnete die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Revisionswerber neuerlich die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Diese endete am 5. Dezember 2003 aufgrund einer durch Hungerstreik herbeigeführten Haftunfähigkeit. Dem Verfahren über einen am 19. November 2003 (aus dem Stande der Schubhaft) gestellten weiteren Asylantrag entzog sich der Revisionswerber, sodass dieses am 30. Dezember 2003 gemäß § 30 Asylgesetz 1997 eingestellt wurde.

4 Am 21. Juni 2017 wurde der - unter Missachtung des erwähnten Aufenthaltsverbotes jedenfalls zunächst im Bundesgebiet verbliebene - Revisionswerber einer fremdenrechtlichen Personenkontrolle unterzogen und in deren Folge festgenommen. Aus seinem (abgelaufenen) ukrainischen Reisepass wurde dabei erstmals seine richtige Identität ersichtlich.

5 Mit Bescheid vom 21. Juni 2017 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sodann aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem erließ es gegen den Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in die Ukraine nach § 46 FPG zulässig sei. Schließlich verhängte das BFA noch gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.

6 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 24. August 2017 als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend verwies das BVwG - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - auf die Ausführungen des BFA, der mittellose und unterstandslose Revisionswerber sei unter Missachtung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes sowie Verschleierung seiner wahren Identität ohne polizeiliche Meldung im Bundesgebiet verblieben. Er habe sich gewisse Deutschkenntnisse angeeignet, seinen Unterhalt aber - infolge Fehlens einer legalen Beschäftigung - ausschließlich durch Gelegenheitsarbeiten und Unterstützungen von Bekannten finanziert. Eine Rückkehr in die Ukraine, wo der ledige und kinderlose Revisionswerber seine ersten 22 Lebensjahre verbracht habe, ihm zumindest ebensolche Arbeiten wie in Österreich zur Verfügung stünden, er weiters über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte verfüge, die Landessprache als Muttersprache beherrsche und wo unverändert keine Gefahr einer Verfolgung bestehe, sei ihm zumutbar. Gegenteiliges folge auch nicht aus den die Ukraine betreffenden Lageberichten.

Dem Revisionswerber im Verfahren vor dem BVwG zur Kenntnis gebrachte neuere Länderberichte hätten keine Änderung dieser Situation ergeben. Aus dem - in der Beschwerde an das BVwG geltend gemachten - Aufenthalt einer Tante des Revisionswerbers in Österreich, die ihn gelegentlich unterstütze, folge nicht die Unzulässigkeit der Außerlandesbringung, zumal ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zum Revisionswerber nicht einmal behauptet worden sei. Unter Berücksichtigung der Verwendung einer falschen Identität sowie des beharrlich im Verborgenen fortgesetzten illegalen Verbleibs in Österreich erweise sich die Rückkehrentscheidung trotz der deutlich mehr als zehn Jahre währenden Aufenthaltsdauer sowie aufgrund des dabei erreichten (geringen) Grades an Integration als verhältnismäßig. Auf dieser Grundlage sei auch die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht zu beanstanden.

7 Gegen dieses Erkenntnis, mit Ausnahme der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, richtet sich die vorliegende Revision, die sich als unzulässig erweist:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Abspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 Dazu verweist der Revisionswerber vor allem auf seinen seit 24. November 1998 andauernden inländischen Aufenthalt sowie das dabei erreichte Maß an sprachlicher und beruflicher Integration, wenn auch bloß durch die illegale Ausübung von Gelegenheitsarbeiten.

Da dies fallbezogen allerdings erst aufgrund der festgestellten Täuschungshandlung des Revisionswerbers durch absichtlichen Gebrauch einer Aliasidentität sowie das erwähnte, daran anknüpfende Untertauchen im Bundesgebiet ermöglicht worden war, erweist sich die vom BVwG angestellte Abwägung nach § 9 BFA-VG im Ergebnis nicht als unvertretbar (vgl. dazu das grundlegende hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2016, Ro 2016/22/0005, sowie die hg. Beschlüsse vom 17. Oktober 2016, Ro 2016/22/0009, und vom 17. November 2016, Ra 2016/21/0183).

10 Ebenso hält sich das Unterbleiben der beantragten mündlichen Verhandlung im Rahmen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Was die von der Revision in diesem Zusammenhang angesprochenen Länderberichte zur Lage in der Ukraine anlangt, hat das BVwG (anders als im Fall des hg. Erkenntnisses vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258) keine die Feststellungen des BFA ergänzenden und für den Ausgang des Verfahrens wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Derartige maßgeblich ins Gewicht fallende Sachverhaltselemente zeigt auch die Revision nicht konkret auf.

Vom Aufenthalt einer Tante des Revisionswerbers in Österreich, die diesen unterstützt und zu der er Kontakt unterhält, geht bereits das BVwG aus. Auch in den weiteren Revisionsausführungen wird nicht dargelegt, was die Einvernahme dieser Tante als Zeugin darüber hinaus erbracht hätte. Insoweit unterlässt es die Revision, die Relevanz des mit dem Unterbleiben ihrer Befragung behaupteten Verfahrensmangels darzulegen.

Fallbezogen erweist sich trotz der langen Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers die Annahme, es liege kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor, nicht als unvertretbar.

Insgesamt werden somit in der Zulassungsbegründung keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 14. November 2017

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