VwGH Ra 2017/17/0269

VwGHRa 2017/17/026930.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. Dezember 2016, LVwG-411654/5/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: R W in T bei W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Normen

12010E056 AEUV Art56;
GSpG 1989 §2 Abs2;
GSpG 1989 §2 Abs4;
GSpG 1989 §4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. Oktober 2016 wurde die Mitbeteiligte als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 viertes Tatbild iVm § 2 Abs 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 6 Stunden), verhängt.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Beschwerde, in welcher sie unter anderem die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes geltend machte.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - der von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

4 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des Glücksspielgesetzes mit Art 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der vorgebrachten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Revision kostenpflichtig ab- in eventu zurückzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

7 Der Revisionsfall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof, nach der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

8 Eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG ist somit ausgehend von den Verfahrensergebnissen im Revisionsfall nicht zu erkennen.

9 Da das Verwaltungsgericht insoweit die Rechtslage verkannte, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

10 Das angefochtene Erkenntnis war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

11 Ein Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof findet gemäß § 47 Abs 4 VwGG nicht statt.

Wien, am 30. Juni 2017

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